Kolumne „Weitblick“: Wenn sich der Westen verachtet

Kolumne „Weitblick“: Wenn sich der Westen verachtet
Der Schweizer Journalist und Autor Giuseppe Gracia.Foto: Giuseppe Gracia
Von 28. Oktober 2022

Der Kulturrelativismus hat viele Anhänger. Dazu gehört die Vorstellung, dass alle Kulturen gleichwertig sind und es rassistisch ist, Kulturen zu vergleichen. Als würde ein Vergleich von Kulturen etwas über die Wertigkeit der Menschen aussagen. Das ist falsch. Beispielsweise beinhaltet die Betrachtung des volkswirtschaftlichen Outputs gewisser Länder keine Aussage über den Wert der Menschen in diesen Ländern.

Wie erklärt man also auf der Grundlage einer solchen Überzeugung die Tatsache, dass der Westen seit Jahrzehnten offenbar so attraktiv ist, dass Millionen von Migranten aus nicht-westlichen Kulturen zu uns kommen möchten – aber nicht umgekehrt?

Anhänger des Kulturrelativismus erklären diesen Erfolg nicht mit einer Überlegenheit der freien Welt, sondern ausschließlich mit dem militärisch-ökonomischen Imperialismus, mit dem der Westen andere Kulturen seit Jahrhunderten an den Rand der Weltgeschichte gedrückt und ausgebeutet habe. Als hätte der Westen nichts anderes gebracht.

So gehört zur Idee des Multikulturalismus ein Schuldeingeständnis für die Vorherrschaft des Westens und eine entsprechende Wiedergutmachung durch offene Grenzen. Und durch Bevorzugung der Opfer dieser bösen patriarchalen Lebensform: Frauen, Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe und nicht-heterosexueller Orientierung. Diese Gruppen werden oft von westlichen Gelehrten, Politikern, Kultur- und Medienschaffenden dazu benutzt, den Westen anzuprangern. Dabei spielt die Wokeness eine wichtige Rolle. Während der Multikulturalismus die Opfer des Westens hervorhebt, zelebriert die politische Korrektheit die Anklage der Täter, also der weißen männlichen Rassisten, Sexisten, Faschisten.

Das Ganze läuft auf eine kulturelle Selbstverachtung hinaus, bei gleichzeitiger Idealisierung fremder Kulturen und Ethnien. Umso wichtiger ist es, hier Gegensteuer zu geben. Es gilt, die Errungenschaften der westlichen Zivilisation neu sichtbar zu machen und zu verteidigen, vor allem für die kommenden Generationen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn junge Menschen mehr wissen über unsere geistigen Wurzeln: das alt-römische Rechtsdenken, die antike griechische Philosophie, das Christentum, das Judentum. Auf diesem Boden wird klar, warum im Westen die Menschenrechte entstehen konnten, die ein Grad an Freiheit und Massenwohlstand ermöglicht haben, wie die Menschheit ihn noch nie erlebt hat. Eine Generation, die das weiß und der klar ist, wem sie ihren Wohlstand und ihre Privilegien verdankt, lässt sich nicht so leicht von destruktiven Ideen und Ideologien verführen.

Über den Autor:

Giuseppe Gracia (55) ist Schriftsteller und Kommunikationsberater. Sein neues Buch „Die Utopia Methode“ (Fontis Verlag, 2022) beleuchtet die Gefahren utopischer Politik

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 68, vom 29. Oktober 2022.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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