Die inkompetente Energiepolitik des Wirtschaftsministeriums

In einem Gastkommentar spricht der ehemalige Hamburger Umweltsenator Prof. Fritz Vahrenholt über die Energiepolitik und Wärmewende, über die Verarmung der Mittelschicht und den minimalen Effekt auf die (deutschen) Emissionen und das (weltweite) Klima.
Erforderte eine Notlüge für die Energiepolitik: Das Kohlekraftwerk Schwarze Pumpe
Blick auf den Tagebau Nochten und das Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe.Foto: Monika Skolimowska/dpa
Von 13. Mai 2023

Im April 2023 ist die Abweichung der globalen Temperatur vom 30-jährigen Mittel der satellitengestützten Messungen der University of Alabama (UAH) leicht gefallen, und zwar auf 0,18 Grad Celsius. Der Temperaturanstieg beträgt im Durchschnitt pro Jahrzehnt seit 1979 lediglich 0,13 Grad Celsius.

Im April sank die Abweichung vom 30-jährigen Mittel um zehn Prozent gegenüber März. Die langfristige Erwärmung liegt unverändert bei 1,3 °C pro Jahrhundert. Foto: Dr. Roy SpencerUniversity of Alabama Huntsville

Die Inkompetenz des Wirtschaftsministeriums, geführt von Robert Habecks Graichen-Family, setzt sich fort:

Zurückgezogene Gasumlage, Ausstieg aus Kernkraftwerken mitten in der größten Energiekrise Deutschlands – „Wir haben keine Stromkrise“, so Robert Habeck –, Wiederanschalten von Kohlekraftwerken ohne CO₂-Abscheidung, das Wärmepumpendesaster und kein Ende in Sicht.

Auf 225 Milliarden Euro schätzt Manuel Frondel vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung die Kosten des Wärmepumpengesetzes. Robert Habeck spricht von 130 Milliarden Euro. Er redet über Geld, das die meisten nicht haben. Selbst wenn man nur die Kosten der Wärmepumpe mit 25.000 Euro berücksichtigt, fallen bis 2030 bei sechs Millionen Wärmepumpen 150 Milliarden Euro an, ohne die Kosten nötiger Gebäudeinvestitionen.

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Viele Milliarden für wenig Einsparung

In einer Antwort des Staatssekretärs Graichen auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Bartsch erfahren wir die „sensationelle“ CO₂-Minderung dieses Verarmungsprogramms für die Mittelschicht:

Wenn im Jahr 2030 sechs Millionen Wärmepumpen installiert sein sollten, werden durch diesen Aufwand 10,4 Millionen Tonnen CO₂ vermieden. Das entspricht ungefähr der Emission, die beim Abschalten eines Kernkraftwerkes entstehen, wenn der Strom durch Braunkohle ersetzt wird. Wir rechnen weiter nach: 10,4 Millionen Tonnen sind mickrige 1,4 Prozent der CO₂-Emissionen Deutschlands (746 Millionen Tonnen im Jahr 2022). Pro Tonne vermiedenem CO₂ werden sage und schreibe 14.423 Euro investiert.

Eine ähnliche CO₂-Verminderung würde man erreichen, wenn man ein einziges Braunkohlekraftwerk mit CO₂-Abscheidung ausrüsten würde. Das Kraftwerk „Schwarze Pumpe“ emittiert etwa 12 Millionen Tonnen CO₂ und würde mit einer Investition von 600 Millionen Euro CO₂-frei. Pro Tonne CO₂ sind das 50 Euro an Investitionskosten.

Warum ist der Effekt der Wärmepumpe so gering?

Die Wärmepumpe hat einen CO₂-Fußabdruck aufgrund der CO₂-lastigen Stromerzeugung. Die oben genannte mickrige Verminderung tritt übrigens nur ein, wenn nach den Planungen der Bundesregierung bis 2030 tatsächlich ein Anteil von 80 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien (und 20 Prozent aus Gaskraftwerken) erzeugt wird. Kommt diese CO₂-Verminderung erwartungsgemäß nicht zustande, ist der Milliardenaufwand nahezu ein CO₂-Nullsummenspiel.

Die CO₂-Emission eines Gasbrennwertkessels beträgt nach Angaben des Herstellers Vaillant 0,178 kg CO₂ pro Kilowattstunde (0,2 kg Gaskessel, 11 Prozent Brennwerteffizienz). Eine Wärmepumpe mit einer üblichen Arbeitszahl von 3 macht aus 1 kWh Strom 3 kWh Wärme. Um eine Erdgasheizung mit einer Wärmepumpe zu vergleichen, muss man also den CO₂-Fußabdruck von Strom durch 3 teilen. 2022 waren das 0,494 kg/kWh. Das sind dann 0,165 kg/kWh pro kWh Wärme aus der Wärmepumpe – über 100 Milliarden Aufwand mit nahezu null CO₂-Effekt.

Was wäre denn stattdessen eine wirkungsvolle CO₂-Verminderung?

Wollte man eine wirkungsvolle und effiziente CO₂-Minderung, so müsste man alle ostdeutschen Braunkohlekraftwerke, die noch bis 2038 betrieben werden können, mit einer CO₂-Abscheidung ausstatten. Die ostdeutschen Braunkohlekraftwerke produzieren 50 TWh Strom und emittieren etwa 50 Millionen Tonnen CO₂. Um die 14 Kraftwerksblöcke CO₂-frei zu machen, müssten etwa 8,4 Milliarden Euro investiert werden. Für einen Bruchteil (1/20) des Habeckschen Monsterplans an Investitionen in Wärmepumpen erhält man die fünffache Menge an Emissionsminderung. Die Investition in eine Abgasreinigung in Braunkohlekraftwerke wäre somit um den Faktor 100 effizienter.

Warum macht die Politik das nicht? Ich habe keine Antwort.

Deutschland würde auf diese Weise eine unglaublich hohe Wirkung auf die CO₂-Bilanz haben. Nicht wegen der eigenen Emissionen, sondern weil damit ein Weg aufgezeigt wird, wie China, Indien, Indonesien, Pakistan und der Rest der Welt ihre geplante Nutzung ihrer Kohlevorräte auf technologisch brillante Weise und kostengünstig von CO₂-Emissionen befreien können.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Abscheidung von CO₂ und Verpressung in Tiefengesteinen, vorzugsweise in Basalt, vor dem Durchbruch steht. Denn die Kosten für dieses Verfahren liegen nach Schätzungen von Experten bei etwa 70 US-Dollar pro Tonne CO₂, wie in meinem Buch „Die große Energiekrise“ (Kapitel 4) beschrieben. Die Marktwirtschaft wird sich auch hier durchsetzen. Den Kosten von etwa 70 Euro pro Tonne CO₂ stehen Einsparungen von 100 Euro pro Tonne für nicht mehr zu bezahlende CO₂-Zertifikate gegenüber. Und nach den Plänen der EU sollen diese „Straf“-Zertifikate auf demnächst 200 Euro pro Tonne ansteigen.

Aber, wird man einwenden, die Technologie muss erst noch entwickelt werden. Jedoch gab es sie bis zum Verbot von CCS in Deutschland in Form einer Pilotanlage in der „Schwarzen Pumpe“. Maßgeblicher Drahtzieher des 2014 beschlossenen CCS-Verbots in Deutschland war der damalige schleswig-holsteinische Energiewendeminister Robert Habeck, der sagte: „Wir wollen kein CCS als Reinwasch-Technologie für die klimaschädliche Kohleverbrennung.“

Das Wunder von Hohenmölsen

Vor einigen Tagen war ich in Hohenmölsen, einer Kleinstadt am Rande des Braunkohlereviers Profen in Sachsen-Anhalt. Nach meiner Buchvorstellung zog mich ein Mitarbeiter der Lausitz Energie AG (LEAG) zur Seite und teilte mir mit, dass ich in meinem neuen Buch einem Fake aufgesessen sei. Die CCS-Anlage in Schwarze Pumpe ist nicht nach Kanada verkauft worden. Man habe mit Rücksicht auf die Politik die Öffentlichkeit im Glauben gelassen, dass die Anlage nach Kanada verkauft worden sei, damit niemand auf dumme Gedanken kommt und die Reaktivierung der Anlage fordern könne. Die Anlage steht noch immer an ihrem Platz, die Mess- und Regeltechnik sei zwar ausgebaut, aber man könne sie reaktivieren. Political Correctness treibt schon merkwürdige Blüten in Deutschland.

Aber nun kann Olaf Scholz, von dem ich weiß, dass er ein Unterstützer der CCS-Technologie ist, sich für die Reaktivierung der CCS-Anlage von Schwarze Pumpe einsetzen. – Hamburg und Brandenburg waren 2014 die einzigen Länder, die sich gegen das CCS-Verbot im Bundesrat gewehrt hatten.

Ich habe viel gelernt in Hohenmölsen. Wussten Sie, dass der dort geförderten wachshaltigen Braunkohle bis zu 15 Prozent Wachs entzogen wird und der dortige Wachsproduzent Romonta zu den größten Wachsproduzenten der Welt gehört? Auch diese Arbeitsplätze sind hochgradig gefährdet.

Welches Land zerstört sich selbst so radikal wie Deutschland unter grünem Regierungskommando?

Über den Autor:

Prof. Dr. Fritz Vahrenholt ist promovierter Chemiker, SPD-Politiker, Manager, Wissenschaftler und Buchautor. Seit 1976 arbeitete er unter anderem im Umweltbundesamt, als Staatsrat bei der Umweltbehörde und als Umweltsenator in Hamburg. Er war Vorstand für erneuerbare Energien der Deutschen Shell AG sowie Gründer und Vorstand des Windenergie-Anlagenbauers REpower Systems.

Seit 1999 ist er Honorarprofessor im Fachbereich Chemie der Universität Hamburg. Sein Bestseller „Seveso ist überall“ (1978) war eines der wirkmächtigsten Bücher in den Anfangsjahren der Umweltbewegung. 2020 erschien sein Bestseller „Unerwünschte Wahrheiten“, 2021 folgte „Unanfechtbar – Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zum Klimaschutz im Faktencheck“. www.vahrenholt.net

Dieser Artikel erschien im Original auf klimanachrichten.de unter dem Titel: Fritz Vahrenholt: Inkompetente Energiepolitik (redaktionelle Bearbeitung ts)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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