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Meinung

China, Corona, die WHO und die Tigray-Problematik in Äthiopien

Langfristiges strategisches Denken von Chinas kommunistischen Machthabern lässt sie mithilfe der „Belt and Road Initiative“, der "Neuen Seidenstraße", ein verführerisches und finanziell strangulierendes Kredit-Netzwerk ausbreiten. Auch die WHO konnte noch nie frei agieren. Gastautor Dr. Alfred Schlicht wirft ein erhellendes Licht darauf.

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Ein Markt in Äthiopien

Foto: iStock

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Lesedauer: 5 Min.

Als Anfang 2020 die Corona-Krise begann, der Weltöffentlichkeit mehr und mehr zum Bewusstsein zu kommen, wiesen westliche Medien noch sehr direkt auf schwerwiegende Verfehlungen Chinas hin: Selbst der unverdächtige Berliner „Tagesspiegel“ kritisierte deutlich, dass Li Wenliang, einer der Ärzte, die ‚Corona’ entdeckt hatten, mundtot gemacht und eingeschüchtert wurde, ÄrztInnen in Wuhan plötzlich verschwanden [und auch aus dem Internet gelöscht wurden], China sich erdreistete, EU-Dokumente zu manipulieren und dass chinesisches Missmanagement die globale Ausbreitung der Seuche zu einer Weltkatastrophe erst möglich gemacht hatte. Noch am 7.5.2020 schrieb der „Tagesspiegel“: ‚Die Liste der Vertuschungsversuche wird länger‘.
Auch der WHO wurde in diesem Kontext eine Rolle zugewiesen. Sie half China, indem sie so lange wie irgend möglich die Erklärung der Seuche zur Pandemie hinauszögerte. Das geschah dann erst Mitte März, als Corona sich bereits in 100 Ländern ausgebreitet hatte. Weiterhin hielt sich die WHO mit Kritik an China und seiner Vertuschungspolitik sehr zurück, lobte vielmehr dessen Corona-Management.
Verantwortungsvoll wäre gewesen, rechtzeitig die Welt zu warnen und energische, effiziente Maßnahmen gegen die Seuche anzustoßen und einzuleiten sowie das chinesische Fehlverhalten anzuprangern. Karikaturen kamen auf, die die Abkürzung ‚WHO’ entschlüsselten als ‚Wuhan Health Organisation’. US-Präsident Trump begründete seine Einstellung von Zahlungen an die WHO mit deren großer Nähe zu China.
Um dies einordnen zu können, muss man wissen, dass WHO-Chef Tedros Adhanom Gebreyesus von 2005 bis 2012 äthiopischer Gesundheitsminister war [damals soll er eine Cholera-Epidemie vertuscht haben] und von 2012 bis 2016 äthiopischer Außenminister. In dieser Zeit profilierte sich China als enger Partner Äthiopiens.
Massive Investitionen Chinas in Äthiopien und hohe chinesische Kredite werden Teil der chinesischen „Belt and Road Initiative“, welche die gesamte Region und vor allem Äthiopien als wichtigsten Baustein in Ostafrika in das chinesische Einflusssystem integrieren soll. In einem Fünfjahreszeitraum hat China dem Land am Horn von Afrika Kredite in Höhe von 10 Milliarden US-Dollar gewährt. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat ausführlich dargelegt, wie chinesische Kreditvergabe neue Abhängigkeiten schafft.
Der äthiopische Handel mit China hat inzwischen ein Drittel des Gesamthandelsvolumens des afrikanischen Staates erreicht. Kein Wunder, dass China deshalb die Kandidatur von Adhanom Gebreyesus – anders etwa als Kanada, die USA oder das UK – unterstützte. Der äthiopische Kandidat ist ein Repräsentant der Tigray-Befreiungsfront TPLF, die zur Zeit der Wahl des neuen WHO-Chefs die politische Führung in Äthiopien gehabt hat und die Wahl von Adhanom Gebreyesus finanziell großzügig unterstützt haben soll.
Hatte Taiwan frühzeitig festgestellt, dass Corona von Mensch zu Mensch übertragen wird, zeigte die WHO dem ‚kleinen’ China die kalte Schulter und verweigerte die Kooperation – bestritt doch Peking lange vehement eine Ansteckung von Mensch zu Mensch. Ende 2020 berichtete dann die „Anadolu“-Nachrichtenagentur, der WHO-Chef vertrete als ‚TPLF-Diplomat’ die Sache der nordäthiopischen Rebellen gegen die Zentralregierung auf internationalem Parkett.
Als jetzt die WHO eine Untersuchungsdelegation nach Wuhan schickte, ließ die Kooperation der Chinesen wieder zu wünschen übrig und traf auf internationale Kritik, etwa auch der renommierten ‚Stiftung Wissenschaft und Politik’ in Berlin. Inzwischen hat auch WHO-Chef Adhanom Gebreyesus daran Kritik geübt, dass China zu wenig Daten geliefert habe. Geht es ihm darum, Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen oder liegt es daran, dass sich Hoffnungen der TPLF auf Unterstützung durch China im Konflikt mit der Zentralregierung in Addis Abeba bisher nicht erfüllt haben?
Chinas Ambitionen am Horn von Afrika sind weiter gefasst: Mehr als an der Fortführung der engen Kooperation mit alten Verbündeten liegt Peking daran, die neuen Herren in Addis Abeba einzubinden – so besteht bereits mit der Regierung Abiy Ahmed eine gute Kooperation und auch mit den Nachbarn hat China enge Beziehungen: In Djibouti etwa hat Peking die erste chinesische Militärbasis in einem anderen Land gegründet – ganz in der Nähe unterhalten auch die USA und Frankreich Basen – und China ist auch hier als Geldgeber im Milliardenbereich präsent, bei dem das kleine Land 80 Prozent seiner Auslandsschulden hat.
Dr. Alfred Schlicht ist Orientalist und arbeitete viele Jahre im Nahen Osten. Zu seinen immer wieder lesenswerten Gastbeiträgen auf Epoch Times gelangt man HIER.
Zu seinen Werken gehören u.a. „Die Araber und Europa. 2000 Jahre gemeinsamer Geschichte“ (Kohlhammer 2008) und „Geschichte der arabischen Welt“ (Reclam 2013). Sein Buch „Gehört der Islam zu Deutschland?“ erschien 2017 in Zürich (Orell&Fuessli).  Sein neuestes Buch: Das Horn von Afrika: Äthiopien, Dschibuti, Eritrea und Somalia: Geschichte und Politik erschien im Februar bei Kohlhammer.
 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.

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