RKI-Infografik: Nur einer von 50 positiv Getesteten tatsächlich infiziert
„Effektive Testansätze stehen im Zentrum der Bekämpfung von SARS-CoV-2“, schreibt das Robert Koch-Institut in einer Infografik. Mit der breiten Verfügbarkeit von Schnell- und Selbsttests stellt sich jedoch zunehmend die Frage, wie die Testergebnisse zu interpretieren sind.
Einerseits sind Tests nicht gleich Tests und weisen entsprechende Unterschiede im Kleingedruckten auf (Epoch Times berichtete). Andererseits hängt die Aussagekraft „stark vom Anteil der Infizierten unter den getesteten Personen ab“, erklärt das RKI. Dadurch ist ein Testergebnis mitunter deutlich weniger aussagekräftig als angenommen. Sinkt beispielsweise der Anteil der Infizierten in der Gesellschaft – das erklärte Ziel aller Corona-Maßnahmen – sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, mit der ein positives (Schnell-)Testergebnis tatsächlich auf eine Infektion hinweist.
Fehlende Kennzahlen
Um die Vorhersagegenauigkeit von Massentests, einschließlich Schnell- und Selbsttests, zu bestimmen, werden drei Kennzahlen benötigt: Sensitivität, Spezifität und Prävalenz. Letztere nennt das RKI auch Vortestwahrscheinlichkeit.
Sowohl Sensitivität als auch Spezifität „beschreiben, wie gut ein Test ist“, erklärt das RKI. Weiter heißt es in der Infografik: „Die Sensitivität ist der Anteil der Personen mit positivem Testergebnis unter den Infizierten.“ Analog steht die Spezifität für den Anteil negativ getesteter Personen unter den Nicht-Infizierten. Beide Werte sind Test-spezifisch und können sich von Hersteller zu Hersteller unterscheiden. Eine Übersicht bietet diese Tabelle des Bundesinstituts für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM).
Die Prävalenz gibt wiederum an, wie hoch der Anteil der Menschen ist, die – erkannt oder unerkannt – tatsächlich mit dem Corona-Virus infiziert sind. Dieser Wert ist eine gesellschaftliche Größe, die ständigen Schwankungen unterliegt, erklärte das RKI auf Anfrage der Epoch Times. Aus diesem Grund sei es nicht möglich, einen Wert für Deutschland anzugeben.
In seiner Infografik greift das RKI daher auf zwei Annahmen zurück, um die unterschiedliche Vorhersagegenauigkeit zu bestimmen. Für die Sensitivität nimmt das RKI 80 Prozent an, für Spezifität 98 Prozent. Beide Werte tauchen in dieser Größenordnung auch in der Tabelle des BfArM auf. Die Prävalenz gibt das RKI nicht an, sondern rechnet zwei Fälle vor:
98 Prozent aller positiven Testergebnisse falsch
In dieser Grafik wird deutlich, dass je weniger Menschen tatsächlich infiziert sind, umso ungenauer werden positive Testergebnisse. Deutet bei einer Prävalenz von 1.000 Infizierten pro 10.000 Personen ein positives Testergebnis zu knapp 82 Prozent auf eine Infektion hin, sinkt dieser Wert auf zwei Prozent bei nur noch 5 Infizierten pro 10.000 Personen.
Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch auch, dass bei 5 Infizierten pro 10.000 Personen 98 Prozent der positiven Testergebnisse falsch-positiv sind. Damit müssen 98 Prozent der positiv Getesteten zunächst ungerechtfertigt in Quarantäne bis ein (richtig-) negatives PCR-Test-Ergebnis vorliegt. Auch für diese Tests gilt, je kleiner die Prävalenz, umso ungenauer die Ergebnisse.
Wer nun denkt, 5 von 10.000 ist ein wirklich niedriger Wert, hat durchaus recht. Auf die deutsche Bevölkerung hochgerechnet entspricht das etwa 41.500 Personen. Interessanter ist jedoch der Vergleich mit der Sieben-Tage-Inzidenz – auch wenn Inzidenz und Prävalenz zwei völlig unterschiedliche Zahlen sind. 5 von 10.000 Personen entspricht 50 von 100.000 Personen. Das ist der Grenzwert, der für eine Öffnung vorgesehen ist.
Auf der anderen Seite hat das RKI eine Prävalenz von 1.000 Infizierten pro 10.000 Personen angenommen. Das entspräche etwa 8,3 Millionen Deutschen oder – zum Vergleich – einer Sieben-Tage-Inzidenz von 10.000.
Ein kleines Zahlenspiel
Beide Werte, 5 und 1.000 pro 10.000 Personen, klingen also wenig plausibel und sind eher anschaulich als realistisch. Zur Veranschaulichung sollen zwei Rechenbeispiele folgen, die auf realen Zahlen basieren. An dieser Stelle sei zudem erneut der (hinkende) Vergleich zur Inzidenz nahegelegt.
Die Inzidenz gibt an, wie viele Menschen in den letzten sieben Tagen neu positiv getestet wurden. Eine Inzidenz von 50 besagt also, dass 50 von 100.000 getesteten Personen ein positives Testergebnis bekamen. Eine Unterscheidung in falsch- und richtig-positiv findet dabei nicht statt.
Mit der Öffnung der Schulen, umfassenden Teststrategien in Unternehmen sowie – unter anderem – Testungen in Altersheimen ist anzunehmen, dass alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen getestet werden. Testet man nun 100.000 zufällig ausgewählte Personen, ist weiterhin davon auszugehen, dass die Testergebnisse dieser Stichprobe in etwa den Ergebnissen ganz Deutschlands entsprechen. Somit kann – in Ermangelung genauerer Werte für die Prävalenz – davon ausgegangen werden, dass die Inzidenz das tatsächliche Infektionsgeschehen darstellt.
Den bisher höchsten Inzidenzwert seit Beginn der Pandemie wies der sächsische Vogtlandkreis zum Jahreswechsel auf. Im Situationsbericht vom 2. Januar berichtet das RKI von 885,4 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Bei einer angenommenen Prävalenz von 89 pro 10.000 ergibt sich analog zur Berechnung der RKI-Infografik, dass etwa 26,4 Prozent der positiven Testergebnisse auf eine Infektion hindeuten. [71,2/(71,2 + 198,22) = 0,26427 = 26,43 %, siehe Tab. 1] Das heißt aber auch, drei von vier Getesteten erhalten ein falsch-positives Schnelltestergebnis.
PCR-Bestätigungstests übersteigen bundesweite Testkapazität
Am anderen Ende der Inzidenz-Skala liegt der von einigen Politikern diskutierte Grenzwert von zehn. Bei einem Infizierten pro 10.000 Menschen beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Test richtig-positiv ist, nur noch 0,4 Prozent. [0,8/(0,8 + 199,98) = 0,00398 = 0,4 %, siehe Tab. 1]. Das ist kein Schreib- oder Rechenfehler.
Gleichzeitig liefert der Test jedoch 200 (199,98) falsch-positive Ergebnisse, die per PCR-Test widerlegt werden müssen. Fehlerfrei sind jedoch auch diese Tests nicht. Hinzu kommt, dass, wenn sich alle Bundesbürger wie empfohlen zweimal pro Woche selbst testen, bundesweit (zusätzlich) 3,3 Millionen Bestätigungs-Tests analysiert werden müssen. Die wöchentliche PCR-Testkapazität lag laut RKI zuletzt bei etwa 2,3 Millionen.
Dieses Rechenbeispiel zeigt zudem, warum Prävalenz und Inzidenz nicht ohne Weiteres gleichgesetzt werden dürfen. Beruhend auf einem Infizierten pro 10.000 Menschen (Prävalenz 10 von 100.000) „erschafft“ ein Schnelltest eine Inzidenz von 2.000 pro 100.000 Personen. Ein PCR-Test mit Sensitivität und Spezifität von je 99,9 Prozent erzeugt immer noch eine Inzidenz von 100 pro 100.000 (Epoch Times berichtete).
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