Deutsche U-Boote jagen zwei NATO-Flugzeugträger – „generelle Abschreckung“ gegen Putin?
Am 15. Oktober veröffentlichte das Bundesverteidigungsministerium (BMVg), dass Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am 21. Oktober in Rostock ein „neues maritimes taktisches Hauptquartier für die NATO einweihen wird“. Epoch Times berichtete. Daraufhin hagelte es Protest aus Russland. Der deutsche Botschafter in Moskau wurde einbestellt und sollte den vermeintlichen Verstoß gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag, der die Deutsche Einheit herstellte, erklären. Kurz darauf ruderte Berlin zurück und stellte klar: Es handle sich nicht um einen NATO-Stützpunkt, sondern um ein Zentrum der Bundesmarine, das „auch Führungsaufgaben für das NATO-Bündnis in der Ostsee“ übernehme. Der Kommandostab des Marinezentrums erstelle regelmäßig maritime Lagebilder für den Ostseeraum und werde diese den westlichen Ostseeanrainerstaaten zur Verfügung stellen.
Rostock: NATO oder Deutsch?
Deutschen und russischen Medien war zu entnehmen, dass sich die Kritik an dem „NATO-Hauptquartier“ in Rostock an der Vereinbarung des Zwei-plus-Vier-Vertrags vom 12. September 1990 entzündet hatte. Damals unterzeichneten die beiden deutschen Staaten DDR und BRD (zwei) mit den vier Siegermächten des Zweiten Weltkrieges – USA, Großbritannien, Frankreich und Russland als Nachfolger der Sowjetunion – die Verpflichtung, keine Stationierung von NATO-Truppen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR in Ostdeutschland vorzunehmen. Deshalb sandte im Oktober der Kreml postwendend die Warnung: „Washington, Brüssel und Berlin müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Ausweitung der militärischen Infrastruktur der NATO auf das Gebiet der ehemaligen DDR äußerst negative Folgen haben und nicht ohne eine entsprechende Antwort von russischer Seite auskommen wird.“
Offenkundig von dieser Reaktion überrascht, stellten das BMVg und das Auswärtige Amt klar, worum es bei dem Marinekommando in Rostock anscheinend wirklich gehe: Es handle sich um ein Lagezentrum der Bundesmarine mit Beteiligung von Soldaten aus NATO-Staaten, sei aber keinesfalls mit der Stationierung von NATO-Truppen verbunden.
Abschreckung gegen wen?
Am 15. Oktober, dem Tag der „missverständlichen“ Veröffentlichung der BMVg-Presseerklärung zur Eröffnung des „NATO-Hauptquartiers“ in Rostock, wurde die nächste Eilmeldung bekannt: Der US-Flugzeugträger „USS Harry S. Truman“ sei überraschend bei Helgoland gesichtet worden. Mit ihm tummelten sich etwa 20 weitere Kampfschiffe von NATO-Staaten in der Nordsee, darunter der britische Flugzeugträger „Prince of Wales“. Aufgeschreckte Pressevertreter ließ der NATO-Stab in Brüssel zunächst abtropfen. Es handle sich lediglich um ein gemeinsames Manöver, hieß es aus Brüssel auf Presseanfragen. Doch erneut musste dieses „Wording“ korrigiert werden, wie der Korvettenkapitän der Bundesmarine, Helge Adrians, am 3. November in einem Onlinebeitrag der Halbjahreszeitschrift „Marine-Forum“ berichtete:
„Anders als in den Medien gelegentlich dargestellt und mitunter sogar von der NATO selbst kommuniziert, handelt es sich um keine Übung, sondern um eine ‚enhanced Vigilance Activity‘ (eVA). Der Unterschied liegt darin, dass Übungen in der Regel lang im Voraus geplant werden und einem festgelegten Ablauf folgen. Eine eVA wird hingegen mit wenig Vorlaufzeit vorbereitet. Im Vordergrund stehen die Integration und Interaktion der daran beteiligten Kräfte zum Zwecke der generellen Abschreckung.“ Gegen wen die „Abschreckung“ gerichtet gewesen sein soll, wurde nie preisgegeben. Korvettenkapitän Adrians erklärte in seinem Bericht dazu ausweichend, dass mit dieser überraschenden Marinepräsenz in der Nordsee „keine Verbindung zur aktuellen Situation im Nahen Osten“ verbunden gewesen sei. Russland zumindest äußerte sich zu dieser inzwischen abgeschlossenen maritimen „Abschreckungs-eVA“ der NATO nicht.
Deutsche U-Boote: Wieder der Schrecken der Meere?
Mit einem weiteren Kuriosum warteten Anfang November die „Kieler Nachrichten“ auf. Während das Marinekommando in Eckernförde laut der Zeitung die Beteiligung deutscher Schiffe als „geheim“ eingestuft habe, seien nach Beendigung der „eVA“ seitens der britischen Marine in Schottland Details bekannt gegeben worden. Demnach hätten sechs deutsche U-Boote der Klasse 212A aus Eckernförde den Auftrag erhalten, Jagd auf die beiden Flugzeugträger zu machen. Die „USS Truman“ und die „Prince of Wales“ wiederum sollten U-Boot-Angriffe abwehren.
Das BMVg beschreibt die deutschen U-Boote der Klasse 212A als „spannend und geheimnisvoll“. Sie könnten ohne hochwertige Technik „weder gehört noch gesehen werden“. Sie seien „die leisesten U-Boote der Welt und können dank ihres Brennstoffzellenantriebs extrem lang tauchen“. Neben der Bekämpfung von Schiffen dienen sie laut BMVg der „Aufklärung und des Einsatzes von Kampfschwimmern“. Zudem seien sie „exzellent in geringer Wassertiefe, beispielsweise in der Nordsee und der Ostsee“, einzusetzen.
Wie die simulierten Angriffe der deutschen U-Boote ausfielen, blieb „geheim“. Glaubt man der BMVg-Begeisterung über die Fähigkeiten der deutschen U-Boot-Waffe, dann ist anzunehmen, dass sie – noch dazu im Sechserrudel – die Flugzeugträger versenkt haben könnten. Eines der U-Boote, U34, hatte zuvor in der Ostsee operiert. Laut „Kieler Nachrichten“ habe es dort Aufklärung über russische Marinebewegungen betrieben.
Brennpunkt Ostsee
Denn mehr noch als die Nordsee gilt die Ostsee als akutes Krisengebiet. So machte beispielsweise der „Norddeutsche Rundfunk“ (NDR) vergangenen Monat darauf aufmerksam, dass in der Ostsee „zunehmende russische Spionage-Aktivitäten“ festgestellt worden seien. Es geht um den Schutz der kritischen Infrastruktur und damit um die nationale Sicherheit aller betroffenen Staaten. Der polnische Seenotrettungsdienst etwa hat in der unmittelbaren Nähe des Naftoport-Ölhafens einer in Seenot geratenen Kleinbootbesatzung geholfen, aber nicht erkannt, dass es sich um verdächtige Personen handeln könnte. Erst nachdem diese an Land sofort entwichen, wurde der Geheimdienst eingeschaltet. Vergebens. Die „geretteten“ Personen tauchten nicht mehr auf.
Welch schwerwiegende Folgen Sabotage an einer sogenannten kritischen Infrastruktur haben kann, wurde Deutschland durch die Sprengungen der Nord-Stream-Pipelines im Herbst 2023 vor Augen geführt. Dieser Anschlag sei „ein Wake-up Call“ gewesen, erklärt Moritz Brake gegenüber der Presse. Er ist Experte für maritime Sicherheit und berät das Rostocker Marinekommando nun bei der Umsetzung einer neuen Sicherheitsstrategie.
Seit 2022 häuften sich ungewöhnliche Vorfälle im Ostseeraum. Schiffe kappten mit ihren Ankern Gaspipelines und Unterseekabel und „am Himmel wird bis nach Mecklenburg-Vorpommern hinein das GPS-Signal gestört, sodass Flugzeuge umgeleitet werden müssen“, so Brake. Russische Schiffe kreuzten häufig über sensiblen Unterwasserleitungen. Die Ostsee habe sich wieder in einen „Schauplatz eines neuen Kalten Krieges“ verwandelt, bilanziert auch die Bundespolizei zur See.
Auch China wird beobachtet
Seit einem Jahr beobachtet die maritime Bundespolizei jedoch auch chinesische Schiffsaktivitäten. Vor einem Jahr, im Oktober 2023, wurde die Pipeline „Balticconnector“, die Gas von Estland nach Finnland transportiert, nach Angaben Helsinkis durch „äußere Einwirkung“ durchtrennt. Es stellte sich heraus, dass dies durch einen Anker eines chinesischen Schiffes geschehen war. Zu den Tausenden Kilometern von Datenleitungen, Stromtrassen und Pipelines, die durch die Ostsee verlaufen, kommen noch Offshore-Windparks und LNG-Terminals.
So wurde Anfang des Jahres bekannt, dass in die Pipeline einer Gasanlage in Schleswig-Holstein mehrere 1 Zentimeter große Löcher gebohrt worden waren. Über andere Anlagen wurden unerlaubte und unbekannte Drohnenüberflüge festgestellt. Dieses Konglomerat aus kritischer Infrastruktur sei für die NATO-Staaten der Ostsee eine „offene Achillesferse“, schätzt Brake die derzeitige Lage ein. Der Experte für maritime Sicherheit findet zudem, das Thema müsse deutlicher in die Öffentlichkeit kommuniziert werden.
Über den Autor:
Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C. und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion