„Dann sage ich lieber gar nichts mehr“: Thomas Gottschalk beklagt Medienzensur

Thomas Gottschalk moderierte am Samstagabend seine letzte „Wetten, dass...?“-Sendung. Dabei ließ er ein paar Mal aufhorchen, indem er die Meinungsfreiheit des Senders und die Bundesregierung kritisierte.
Titelbild
Thomas Gottschalk moderiert zum letzten Mal „Wetten, dass..?“ am 25. November 2023.Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images
Von 27. November 2023

Ab jetzt will Thomas Gottschalk „Top, die Wette gilt“ nur noch privat sagen. Am Samstagabend, 25. November, hat sich Gottschalk mit viel Humor, gut gelaunten Stars, starken Wetten, aber auch überraschenden kritischen Worten in Offenburg von der ZDF-Show „Wetten, dass…?“ verabschiedet. Überraschend war auch, dass der König des Überziehens seine letzte Sendung fast auf die Minute pünktlich beendete.

Zwei Gründe für seinen Abschied

Aufhorchen ließ Gottschalk sein Publikum, als er zwei Gründe nannte, weshalb dies jetzt seine letzte Sendung ist. Es sei weder sein körperlicher noch sein geistiger Zustand, „die waren ja beide nie so toll“. Aber er würde es sinnlos finden zu moderieren, wenn er seine eigenen Gäste nicht mehr kenne. Außerdem müsse er zunehmend Sorge vor den sogenannten Shitstorms in den sozialen Netzwerken haben: Früher habe er im Fernsehen so geredet wie zuhause.

Inzwischen rede ich zuhause anders als im Fernsehen, das ist auch keine tolle Entwicklung […]. Dann sage ich lieber gar nichts mehr.“

Gottschalk spielte damit auf mögliche Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders an. Auch Reaktionen mehrerer Nutzer auf dem Kurzbotschaftendienst X deuteten an, dass in Deutschland offenbar nicht alle Meinungen frei geäußert werden könnten. Ein Nutzer merkte etwa an, dass „erfahrene DDR-Bürger das kennen“.

Eine Erklärung zu diesem umstrittenen Thema lieferte Gottschalk bereits im September gegenüber der „Bild“: „Die Gefahr, missverstanden zu werden, ist bei mir einfach irre hoch.“ Er würde viele Dinge so ungefiltert aussprechen, wie sie ihm einfielen. „Heute musst du in deine Gedanken immer Sicherheitsfilter einbauen, damit sie dir nicht um die Ohren knallen. Und auch dieser Filter schafft wieder Interpretationsspielraum, den man eigentlich gar nicht haben will.“

Kritik an der Bundesregierung

Auf der berühmten Wettcouch unterhielt sich Gottschalk auch diesmal wieder mit prominenten Gästen. Gottschalk saß am Samstag in Gesellschaft von Schauspieler Jan Josef Liefers und Stefanie Stappenbeck, zudem das Sportlerehepaar Bastian Schweinsteiger und Ana Ivanovic. In dieser Runde sprachen sie über Energieprobleme, die Schweiz und Deutschland. Dabei sagte Gottschalk:

Bergab geht es in der Schweiz von allein [Anm. d. Red.: wohl aufgrund der Berge]. Wir brauchen die Hilfe der Politik in Deutschland, dass es bergab geht.“

#Wettendass
Zweifelsfrei der Höhepunkt in dieser Sendung! pic.twitter.com/LBpkISqnJM

Damit schoss der Moderator vermutlich gegen die Politik der amtierenden Bundesregierung. Begründen ließe sich das mit der aktuellen Haushaltskrise und der schwachen Wirtschaftslage Deutschlands.

Die Ampelregierung befindet sich ohnehin schon in einer Krise. Die Rufe nach vorzeitigen Neuwahlen werden immer lauter. Eine aktuelle INSA-Umfrage kommt zu dem Ergebnis, dass nur noch jeder Fünfte die Fortführung der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP bis zum regulären Ende der Legislaturperiode 2025 befürwortet. 38 Prozent der Befragten wünschen sich hingegen Neuwahlen.

Wettkönigin gewann Nostalgiewette

Zu Gast war auch die Rapperin und Influencerin Shirin David, die mit Helene Fischer eine neue Fassung von deren Hit „Atemlos durch die Nacht“ vorstellte. Sie brachte Gottschalk mit ihrer jugendlichen Schlagfertigkeit tatsächlich etwas an seine Grenzen.

Die 28-Jährige erklärte Gottschalk, wie das Influencerleben funktioniert. Dort gehe es nicht um sportliche oder künstlerische Spitzenleistungen, es würden ganz normale Dinge geteilt. David erklärte dem staunend zuhörenden Gottschalk, dass es den Zuschauern von Videoclips besser gehe, wenn auch der Influencer einen Pickel habe und dazu stehe. „Mein Pickel fällt mir jetzt viel leichter“, sagte Gottschalk nach der kleinen Lektion.

Weil Gottschalk sich zwischendurch immer mal wieder mit den Namen der Gäste verhaspelte und etwa aus Schweighöfer Matthias Schweinsteiger machte, ließ ihn Liefers „Schweinsteiger, Stappenbeck, Schweighöfer“ als Stabreim üben.

Letzte Wettkönigin wurde Julia Reichert aus München, die bereits 2005 mit einer Kinderwette bei Gottschalk war. Reichert gewann mit einer Nostalgiewette, für die sie alle Wettkönige aus der Geschichte der Sendung mit deren Wetten in Barcodes umformte und diese Barcodes dann wieder erfolgreich mit dem richtigen Datum und Ort entschlüsselte. Sie konnte sich damit gegen eine Kandidatin durchsetzen, deren Hund englisch gesprochene Zahlen erkennen konnte und gegen einen Hühnerzüchter, der Hähne an ihrem „Kikeriki“-Ruf unterscheiden konnte.

Elstner: „Beste Zeit von Thomas Gottschalk“

Spektakulär war die Außenwette, bei der acht Männer des Schweizer Seilziehclubs Stans-Oberdorf die sieben Tonnen schwere Stanserhorn-Bahn zehn Meter bergauf zogen. Dieselbe Wette gab es bereits vor 30 Jahren – doch anders als die damaligen Schweizer Kandidaten schafften es diesmal die Männer.

Das größte Kompliment machte Gottschalk dem Erfinder von „Wetten, dass…?“ und ersten Moderator der Show, Frank Elstner, der im Publikum saß. „Ich muss ganz ehrlich sagen, ich hatte nicht das Gefühl, ich bin in einer letzten Sendung. Ich hatte das Gefühl, man hat mich zur besten Zeit von Thomas Gottschalk zu einer Sendung eingeladen“, sagte Elstner zu lange anhaltendem Applaus des Publikums.

Danach ließ Elstner einen Bagger mit Entertainer und Gottschalk-Freund Mike Krüger als Beifahrer in die Offenburger Baden-Arena fahren, mit dem Gottschalk aus der Halle gebracht wurde.

(Mit Material von AFP)

 

 

 

 



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