Die dunkle Macht der neuen Medien: Wie soziale Medien unser Selbstwertgefühl beeinflussen

Dass soziale Medien abhängig machen, haben vielen Mediziner inzwischen anerkannt, weniger bekannt ist vielleicht, dass sie genau dafür entwickelt worden sind. Doch bereits Aristoteles erkannte vor fast 2000 Jahren, dass man weder Facebook noch Instagram braucht, um wirklich glücklich zu sein.
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Soziale Medien bieten eine emotionale Achterbahnfahrt mit Suchtpotenzial - und wurden genau dafür entwickelt.Foto: iStock
Epoch Times14. Mai 2019

Soziale Medien wie Facebook, Instagram usw. machen einerseits Spaß. Auch aus Gründen, die wirklich menschlich sind, wie z. B.: der Austausch von Ideen und Erfahrungen, sie können als Inspirationsquelle oder einfach nur als pure Unterhaltung dienen. Viele behaupten auch wirklich etwas lernen zu können, aber die Hauptsache ist und bleibt der Kontakt und Austausch untereinander. Für viele ist es auch die einzige Verbindung zu Freunden und Verwandten die weiter weg leben.

Andererseits ist die permanente Bestätigung und das Gefallen an uns und den Dingen die wir so tun, sowie das positive Feedback, was dann alle sehen können, das, was uns ein gutes Gefühl über uns selbst vermittelt. Nicht selten können wir mit dem öffentlichen Lob auch unser Selbstwertgefühl verstärken. Längst ist erwiesen, dass dieses öffentliche Loben wie ein Glückshormon auf uns wirkt. Je mehr wir davon bekommen, umso besser fühlen wir uns. Zumindest für kurze Zeit. Lässt das Lob nach, erleben wir regelrechte Entzugserscheinungen.

Emotionale Achterbahnfahrt mit Suchtpotenzial

Aber all diese sozialen Medien und Netzwerke weisen natürlich auch ihre Schattenseiten auf. Was am Anfang so angenehm erschien, so können all diese Medien ganz einfach und ohne dass wir es überhaupt bemerken unsere Zeit, unseren Fokus und unsere emotionale Energie beherrschen und lenken.

Besonders die sozialen Netzwerke können wie eine emotionale Achterbahnfahrt auf uns wirken, was uns mit einem schrecklichen Gefühl zurücklässt. Wir sehen ja auch was die anderen tun, erleben und besitzen. Es kann uns auf den tollen Urlaub des anderen neidisch machen, auf das schicke Auto, das Glück der Familie oder die Arbeitsmöglichkeit eines Freundes; hoffnungslos und wütend über den Zustand der Welt; oder deprimiert über uns selbst – das sind ebenfalls die Emotionen, die bei uns ausgelöst werden können. Und das kann alles in der kurzen Zeit passieren, in der man zu einem neuen Beitrag auf Facebook scrollt.

Um all diese sozialen Netzwerke zu unserem besten Nutzen einsetzen zu können, müssen wir es mit einer gewissen Gelassenheit und Weisheit nutzen und dabei immer wissen, dass es unsere eigenen Schattenseiten sehr wohl verstärken kann.

Die permanente Sucht nach Aufmerksamkeit

Natürlich machen all diese sozialen Netzwerke auch Spaß, weil all deren Plattformen auf maximale Attraktivität ausgelegt sind. „Es ist eine permanente Feedbackschleife zur sozialen Validierung. Es nutzt eine Schwachstelle in der menschlichen Psychologie aus“, sagte der ehemalige Facebook-Präsident Sean Parker.

Laut einem Bericht der Zeitschrift Engineering and Tech sagte Parker in einer Rede im Jahr 2017, dass diese Ausbeutung beabsichtigt sei.

Der Denkprozess, der in den Aufbau von Facebook mit eingeflossen ist – und Facebook war das erste soziale Medium von allen, das wirklich verstand, worauf es ankommt – ging es uns bei diesem Gedankenprozess nur um eine Frage: Wie können wir so viel Zeit und bewusste Aufmerksamkeit wie möglich für uns gewinnen? […] Das bedeutet, dass wir dir ab und zu einen kleinen Dopaminschub, also ein Glücksgefühl, verpassen müssen, weil jemand dein Foto oder deinen Beitrag oder was auch immer mag oder kommentiert, was dich glücklich macht. Und das wird dich dazu bringen, noch mehr von dir preiszugeben, was dir wiederum noch mehr Likes und Kommentare bringen wird.“

Diese kleinen Dopaminschübe können zu einer Sucht führen. Laut einem Artikel von Forschern der Harvard University, „nutzen Plattformen wie Facebook, Snapchat und Instagram genau die gleichen neuronalen Schaltkreise, die von Spielautomaten und Kokain ausgelöst werden, um uns zu zwingen, ihre Produkte so oft wie möglich zu benutzen.“

„Es hat lange gedauert, bis die medizinische Seite diese unaufhaltsamen Abhängigkeiten erkannt hat. Einschließlich der unerbittlichen und unkontrollierbaren Nutzung digitaler Medien auch als eine ‚Suchtgefahr‘ anerkannten“, schrieben Dr. Paul Thomas und Jennifer Margulis in ihrem Buch „The Addiction Spectrum“, das ein Kapitel über digitale Sucht enthält.

Erst im vergangenen Jahr erkannte die Weltgesundheitsorganisation die „Spielstörung“ als psychischen Gesundheitszustand an, wie Thomas und Margulis feststellten.

Soziale Medien und das vermeintlich „soziale Leben“

Selbstwertgefühl spielt sicherlich eine Rolle bei jeder Sucht, aber die Beziehung ist nicht immer einfach zu erkennen. Drogenabhängigkeit korreliert oft mit geringem Selbstwertgefühl, während Menschen, die vom Glücksspiel abhängig sind, zunächst ein hohes Selbstwertgefühl haben können und dieses immer wieder bestätigt wissen müssen. Dieses Selbstwertgefühl kann jedoch kippen, da die Spieler zunehmend unfähig werden ihr Verhalten zu kontrollieren und sich nicht selten dabei hoch verschulden. Das hat schon viele Familien zerstört.

Ähnlich wie beim Glücksspiel können die „Gewinne“ in den sozialen Medien – wenn Menschen Beiträge mögen oder super Kommentare schreiben – das Selbstwertgefühl erhöhen. Aber das ist kein stabiler Boden, auf dem man sein Selbstwertgefühl aufbauen kann. Permanente Likes zu bekommen und eine große soziale Fangemeinde anzuhäufen sind keine echten Indikatoren für unseren Wert als Menschen.

In einem Interview sagte Margulis, dass die sozialen Netzwerke uns ein falsches Gefühl geben können, ‚sozial‘ zu sein. „Es ist und bleibt ein isolierendes Unterfangen. Jugendliche und Erwachsene verbringen keine Zeit mehr damit, persönlich am Telefon zu reden, Spaziergänge zu machen, auf Partys zu gehen oder in Gesellschaft zusammen zu sein. Sie verbringen ihre Zeit mit ihren Geräten“, sagte sie.

Sie wies ebenso darauf hin, dass Augenkontakt und körperliche Berührung, die für eine gesunde Beziehung wichtig sind, in den sozialen Medien völlig fehlen und dies „einen großen negativen Einfluss auf das Selbstwertgefühl junger Menschen hat.“ In einigen Fällen sind die Auswirkungen sogar verheerend.

„Wir haben einen statistisch signifikanten Anstieg der Selbstmordraten bei jungen Erwachsenen gesehen. Ich persönlich kenne zwei junge Männer, die in den letzten zwei Monaten Selbstmord begangen haben. Beide dieser jungen Männer hatten mit der Überbeanspruchung von ‚Gaming‘ und ‚Social Media‘ zu kämpfen“, sagte sie.

Der Neidfaktor

Neben der Sucht wurde die häufige Nutzung der sozialen Netzwerke mit mehr Einsamkeit, Angst, Depression und Narzissmus sowie einem relativ neuen Zustand, FOMO („Fear of missing out“ = Angst vor dem Verpassen), korreliert. Es erzeugt auch den perfekten Sturm für ein uraltes Laster: Neid. Als eine der sieben Todsünden wird vor dem Neid in jeder größeren Religion gewarnt. Doch in der heutigen Kultur ist Neid nicht mehr ein Tabu, wie es in der Vergangenheit war. Und besonders die sozialen Netzwerke bringen dieses Laster immer häufiger und mit überraschender Kraft zum Vorschein.

„Wir leben im Zeitalter des Neides: Karriereneid, Futterneid, Kinderneid, Lebensmittelneid, Oberarmneid, Urlaubsneid. Man bezeichnet es mittlerweile als: ‚Es gibt einen Neid darauf‘“, sagte die Schriftstellerin Moya Sarner in einem Artikel über Neid und sozialen Netzwerken, der von „The Guardian“ veröffentlicht wurde.

Neid ist definiert als ein schmerzhafter Wunsch, das zu haben, was jemand anderes besitzt, sei es in Bezug auf materiellen Besitz, Leistungen oder Möglichkeiten. Neid kann sich auch als Wunsch manifestieren, dass jemand anderes von etwas befreit wird, das ihm gehört. (Eifersucht wird oft als etwas anderes definiert, da es sich darauf bezieht, etwas, das man derzeit besitzt, nicht verlieren will, oft in Verbindung mit einer romantischen Beziehung gebracht).

Neid hat auch eine unlogische Eigenschaft. Wir empfinden ihn im Allgemeinen in Bezug auf die Menschen, die uns eigentlich nahe sind. Zum Beispiel beneiden wir nicht den Reichtum von Bill Gates, aber wir könnten neidisch auf das Geld oder den Besitz eines Freundes oder Nachbarn sein.

Die sozialen Netzwerke bieten beispiellose und reichlich Möglichkeiten, neidisch zu sein, indem sie uns nur das Beste und Schönste unserer ‚Freunde‘ zeigen. Denn wer würde tatsächlich eine Niederlage oder etwas Negatives über sich selbst posten?

Der Vergleich mit allem und jedem schürt Neid und (Selbst-)Enttäuschung

„Im Zeitalter der Gleichheit und der Massenmedien ermutigen diese uns, uns mit jedem zu vergleichen, was auch die Flammen unseres Neides auflodern lassen kann“, schrieb der Psychologe Neel Burton in „Psychology Today“. Burton, Autor mehrerer Bücher, darunter „Hide and Seek: Die Psychologie der Selbsttäuschung“, sagte außerdem, dass unsere Kultur des Materialismus ebenso an diesem Zustand schuld ist.

„Indem wir das Materielle und Greifbare über das Geistige und Unsichtbare erheben, hat unsere Kultur der Empirie und des Konsums die einzige Gegenkraft beseitigt, die in der Lage ist, diese Flammen des Neides zu ersticken“, sagte Burton.

In dem Buch „Neid im Alltag“ sagte die forensische Psychotherapeutin Patricia Polledri, dass Neid nicht etwas ist, womit Menschen geboren werden, sondern dass er in der frühen Kindheit Wurzeln schlägt, wenn Kinder es versäumen, sich mit ihren Müttern zu verbinden und anschließend kein gutes Selbstwertgefühl entwickeln.

Burton wies darauf hin, dass Neid die Ursache für viele andere Leiden ist, einschließlich Beziehungsprobleme, psychische und physische Gesundheitsprobleme.

„Die Unterdrückung des Neides und die Angst, ihn in anderen zu wecken, hält uns paradoxerweise davon ab, unser volles Potenzial in uns selbst zu entfalten. Neid kostet uns auch Freundschaften und Verbündete und ganz allgemein hemmt und untergräbt er sogar unsere engsten Beziehungen. […] In einigen Fällen kann es sogar zu Sabotageaktionen führen, wie bei dem Kind, das das Spielzeug zerstört, von dem es weiß, dass es dieses nicht haben kann. Im Laufe der Zeit kann unsere Qual und Bitterkeit zu körperlichen Gesundheitsproblemen wie Infektionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebserkrankungen sowie zu psychischen Gesundheitsproblemen wie Depressionen, Angstzuständen und Schlaflosigkeit führen. Wir werden buchstäblich von Neid ‚verzehrt‘.“

Vielleicht wurde es deshalb als Todsünde angesehen. Und die Wurzel des Neides? Geringes Selbstwertgefühl. Und die Lösung? „Neid ist die Reaktion vieler Menschen mit geringem Selbstwertgefühl. Und so ist dieses Selbstwertgefühl der Schlüssel zur Selbstverbesserung“, schrieb Burton.

Ein gesunder Umgang mit den sozialen Netzwerken?

Die Nutzung der sozialen Netzwerke ist eine sehr persönliche Entscheidung, aber eine, die einen großen Einfluss auf Ihr Wohlbefinden haben kann. Dies kann so subtil sein, wie ein wenig zu spät aufzustehen oder damit zu zögern. Wenn Sie befürchten müssen, dass Sie oder ein geliebter Mensch süchtig werden könnten oder kurz vor der Abhängigkeit dieser sozialen Medien stehen, gibt es Online-Fragebögen, die Ihnen helfen können, mehr Sicherheit zu schaffen. „The Addiction Spectrum“ bietet außerdem ein Selbstquiz, das Ihnen hilft zu sehen, wo Sie auf das digitale Suchtspektrum fallen.

Auch wenn Sie nicht süchtig sind, ist es wichtig, sich sorgsam mit dem Thema der sozialen Medien und Netzwerken auseinanderzusetzen. Einige Möglichkeiten, disziplinierter zu sein, beinhalten sich auch mal freie Zeit zu gönnen, in denen nicht auf Facebook oder Instagram was gepostet wird. Stellen Sie sicher, dass Sie sich auch mal wirklich austauschen, anstatt nur passiv zuzusehen, was andere posten. Auch das Setzen von Fristen und das Überprüfen seiner eigenen Zeit auf Facebook und Co. zu bestimmten Zeiten sollte wie selbstverständlich gehandhabt werden.

Abschalten!

Sie können allerdings auch die Benachrichtigungen deaktivieren, damit Sie nicht in Versuchung geraten regelmäßig nachzuschauen. Generell überprüfen was einem denn wirklich wichtig ist und den Rest nicht annehmen oder nur sehr kontrolliert Freunde annehmen. Und für eine zusätzliche Überprüfung fragen Sie die wichtigen Menschen in Ihrem Leben, wie sie Ihre Nutzung wahrnehmen. Dann fragen Sie sich, ob die Nutzung all dieser Netzwerke wirklich Ihr Leben verbessert und nicht nur, dass es Sie für einen kurzen Moment glücklich macht.

„Beachten Sie allerdings auch, dass, wenn Sie die sozialen Netzwerke als Aufmunterung verwenden, es den gegenteiligen Effekt haben kann“, so Ana Jovanovic, eine Psychologin und Lebenscoach. „Es ist wichtig zu beachten, dass wir in der Regel mehr dieser Inhalte konsumieren, wenn wir uns einsam oder niedergeschlagen fühlen. Dann sind wir besonders anfällig für die Auswirkungen des sozialen Vergleichs“, schrieb Jovanovic in einer E-Mail.

Wenn es um Jugendliche geht, ist die Begrenzung und die Nutzung all dieser Netzwerke wichtig, sagte Dr. Dominic Gaziano, Direktor der Mind and Body Wellness Clinic in Chicago. „Je weniger unsere Teenager mit diesen Bildern bombardiert werden und je mehr sie mit der Außenwelt (vor allem der realen Welt) interagieren, desto mehr werden sie erkennen, dass ihr Selbstwertgefühl in ihren Beziehungen zu Familie und Freunden liegt, und nicht in den oft gefakten und geschönten Berichten und Bildern dieser sozialen Netzwerke.“

Selbstwertgefühl und Glückseligkeit

Selbstwertgefühl ist eine komplexe, individuelle und sich ständig verändernde Sache. Während es unzählige Erfahrungen gibt, die uns im Moment glücklich, aufgeregt, entspannt, amüsiert oder anderweitig zufrieden machen, kommt ein tiefes, beständiges Gefühl des Selbstwertes von etwas anderem. Es ist teilweise in der Kindheit verwurzelt, aber auch teilweise als Erwachsene konstruiert. Und wir bauen es täglich, indem wir nachdenken und Entscheidungen treffen, die uns verbessern.

Aristoteles sagte, dass man andere nicht lieben kann, wenn man sich selbst nicht liebt. Um sich auf die richtige Art und Weise zu lieben – was nicht narzisstisch ist – muss man sich bemühen, edel zu handeln. Er sagte: „Diejenigen, die sich in außergewöhnlichem Maße mit edlen Taten beschäftigen, werden von allen Menschen gebilligt und gelobt; und wenn alle nach dem Edlen streben und jeden Nerv belasten würden, um die edelsten Taten zu vollbringen, wäre alles so, wie es sein sollte … Und jeder würde sich die größten Güter sichern, denn die Tugend ist das größte Gut.“

Übersetzt und bearbeitet von Jacqueline Roussety

Quelle: The Dark Side of Social Media: How It Affects Self-Esteem



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