Transgender-Debatte: Humboldt-Uni gibt im Rechtsstreit mit Biologin Vollbrecht nach

Die Humboldt-Universität Berlin (HU) darf sich nicht mehr abwertend über die Doktorandin und Biologin Marie-Luise Vollbrecht äußern. Das entschied im Dezember das Verwaltungsgericht Berlin. Jetzt ist der Beschluss rechtskräftig, die HU hat die Frist für eine Berufung verstreichen lassen. 
Teilnehmer einer Demonstration gegen den Vortrag der Biologin Marie-Luise Vollbrecht.
Teilnehmer einer Demonstration gegen den Vortrag der Biologin Marie-Luise Vollbrecht.Foto: Christophe Gateau/dpa
Von 16. Januar 2024

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Die Biologin Marie-Luise Vollbrecht hat im Konflikt mit der Humboldt-Universität einen Erfolg erzielt. Denn im Rechtsstreit zwischen der Biologin und der HU hat die Universität nachgegeben. 

Innerhalb der gesetzten Frist hat die Universität keine Berufung gegen eine vorläufige Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts im Dezember eingelegt. Dieses hatte die Universität dazu verpflichtet, bestimmte Aussagen über Vollbrecht vorübergehend nicht weiterzuverbreiten. Nach dem Verstreichen der Frist ist klar, es bleibt dabei.

Uni läßt sich von Gender-Aktivisten unter Druck setzen

In dem Rechtsstreit ging es um eine Pressemitteilung der Berliner Universität vom Juli 2022, in der die Humboldt Uni sich von ihrer Mitarbeiterin distanziert hatte. Anlass war ein geplanter Vortrag der damaligen Universitätsangestellten im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung der Universität anlässlich der „langen Nacht der Wissenschaften“. Das Thema von Vollbrecht: „Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht: Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt“. 

Aber erst einmal gab es keinen Vortrag der Biologie-Doktorandin bei der „Langen Nacht der Wissenschaften“. Denn dieser wurde von der Universität unter Verweis auf Sicherheitsbedenken abgesagt. Trans-Aktivisten hatten angekündigt, die Veranstaltung zu blockieren, da der Standpunkt, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt, für sie „transfeindlich“ ist. Gleichzeitig beschuldigten sie Vollbrecht, Hass gegenüber Trans-Menschen zu schüren, seit sie kurz zuvor in der „Welt“ als Co-Autorin einen Beitrag veröffentlicht hatte.

Digitale Hetzjagd

In diesem Artikel warfen die Autoren, darunter auch Vollbrecht, den öffentlich-rechtlichen Medien vor, Kinder und Jugendliche mit gefährlichen Falschinformationen zu den Themen Sex, Fetisch und Transsexualität zu beeinflussen. 

Der Artikel hatte viel Aufmerksamkeit erregt und einen Empörungssturm ausgelöst. Nachdem die Humboldt-Universität aufgrund der angekündigten Proteste den Vortrag von Vollbrecht abgesagt hatte, folgten weitere Diffamierungen und massive Bedrohungen seitens Trans-Aktivisten.

Sie verbreiteten etwa den Hashtag „Marie leugnet NS-Verbrechen“ und warfen ihr die Leugnung des Holocausts vor, bezeichneten sie als „rechtsextrem“ und forderten öffentlich die HU auf, sich von Vollbrecht zu trennen, die hier im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses promovierte. 

Online Vollbrechts Entlassung gefordert

Zur Entlassung kam es zwar nicht, aber die HU distanzierte sich öffentlich von Vollbrecht in besagter Pressemitteilung: „Die Meinungen, die Frau Vollbrecht in einem ‚Welt‘-Artikel am 1. Juni 2022 vertreten hat, stehen nicht im Einklang mit dem Leitbild der HU und den von ihr vertretenen Werten.“

Gegen diesen Satz klagte Vollbrecht – und war erfolgreich damit. Das Berliner Verwaltungsgericht entschied im Dezember, dass es der Universität untersagt sei, diesen Satz zu verbreiten und sich offiziell von der Doktorandin zu distanzieren, da dies die Persönlichkeitsrechte von Vollbrecht verletzen würde.

Ein unbeteiligter Beobachter müsse den Eindruck gewinnen, Vollbrecht bewege sich mit ihren Meinungen in ihrer Gesamtheit außerhalb des Leitbildes und der Werte der Universität. Diese habe nämlich offengelassen, welche Positionen Vollbrechts nicht mit ihren Werten vereinbar seien. Die Richter erkannten in der Mitteilung der staatlichen Universität deshalb einen rechtswidrigen Grundrechtseingriff.

Vollbrechts Ansehen in Öffentlichkeit herabgesetzt

Das Gericht urteilte, dass die Pressemitteilung der HU dazu geeignet sei, das Ansehen von Vollbrecht in der Öffentlichkeit herabzusetzen.

„Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verbietet es grundsätzlich dem unmittelbar an die Grundrechte gebundenen Staat, sich ohne rechtfertigenden Grund herabsetzend über einen Bürger zu äußern, etwa eine von diesem vertretene Meinung abschätzig zu kommentieren“, so die Richter. Die beanstandete Pressemitteilung ist bereits seit Dezember nicht mehr abrufbar.

„Das Gericht hat ein starkes Zeichen gegen Cancel Culture an Universitäten gesetzt“, so Vollbrechts Anwalt Ralf Höcker nach Bekanntwerden des Urteils im Dezember in einer Pressemitteilung dazu. „Es ist eine Schande, dass eine angebliche Exzellenz-Uni aus purer Angst vor radikalen Aktivisten ihre eigene wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin herabwürdigt.“

Kein Einzelfall und auch kein deutsches Phänomen

Marie-Luise Vollbrecht ist nicht allein in ihrer gerichtlichen Auseinandersetzung aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über Geschlecht und Sexualität:

Rianne Vogel aus Norwegen wurde von der gemeinnützigen Organisation Papillon entlassen, nachdem sie getwittert hatte, dass es nur zwei Geschlechter gibt. Ein Gericht entschied in dem Zusammenhang, dass die Kündigung unrechtmäßig war.

In Norwegen hat Anne Kalvig, Professorin an der Universität Stavanger, ihren Job aufgegeben, da sie der Ansicht war, dass ihre konservativen Ansichten zum Thema Geschlecht in der akademischen Welt keinen Platz haben. Kalvig war seit 25 Jahren an der Universität tätig.

Viele gefühlte Geschlechter statt Mann und Frau

Statt der herkömmlichen Geschlechtszuschreibung nach Mann und Frau gibt es die Idee, dass jeder das Geschlecht haben kann, mit dem er sich identifizieren möchte. Folglich gibt es viele davon. Diese Geschlechtsidentität beschreibt das innere Wissen darüber, welches Geschlecht man habe. Die Biologie soll dem geschlechtlichen Selbsterleben weichen. 

In der Biologie, dem Arbeitsfeld von Marie-Luise Vollbrecht, wurde bis jetzt das Geschlecht an der Rolle in der Fortpflanzung festgemacht. Lebewesen, die keine Ei- oder Samenzellen produzieren, haben nach dieser Definition kein Geschlecht – auch nicht etwa ein drittes. Lebewesen wiederum, die beides produzieren, heißen Zwitter, das kommt vorwiegend im Reich der Pflanzen vor. Aber auch sie haben kein drittes Geschlecht.

Humboldt-Uni dem „Geist ihres Namensgebers nicht mehr gewachsen“

Die NZZ kommentierte den Fall Vollbrecht mit den Worten: „Vor der intellektuellen Schlichtheit von Transaktivisten sollte keine Universität in die Knie gehen. Wissenschaft bedeutet, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Es ist ein fortdauernder Erkenntnisprozess. Wer sich dem nicht zu stellen vermag, kann nicht erwarten, dass man ihn ernst nimmt.“ Und stellte weiter fest, dass die Berliner Universität dem Geist ihres Namensgebers Alexander von Humboldt, einem der bedeutendsten Forschungsreisenden aller Zeiten, nicht mehr gewachsen sei.

 



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