Pornografie in evangelischer Kirche: Ausstellung „Jesus liebt“ in Nürnberg vorerst geschlossen

„Befreite Sexualität“ statt „repressiver Religion“ will die Egidienkirche in Nürnberg anlässlich der „Pride Weeks“ feiern. Einige ausgestellte Bilder von Rosa von Praunheim zeigen dabei unverblümt Pornografie.
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Eine Veranstaltung anlässlich des CSD. In Nürnberg soll dieser im August stattfinden. Die Ausstellung mit Bildern von Rosa von Praunheim in der Egidienkirche ist vorerst jedoch geschlossen.Foto: Daniel Reinhardt/dpa/dpa
Von 25. Juli 2023

Der „Pride Month“ Juni ist vorüber, die Egidienkirche in Nürnberg will jedoch auch noch die Folgemonate für „Pride Weeks“ nutzen. In diesem Zusammenhang war bis 12. August dort eine Ausstellung mit dem Titel „Jesus liebt“ geplant. Der als „Mitbegründer der deutschen LGBTQ-Bewegung“ gewürdigte Künstler Rosa von Praunheim hat dazu Bilder beigesteuert. Einige davon sind nach Einschätzung von Kritikern nahe an der Pornografie angesiedelt.

Am Dienstag, 25. Juli, hat der Kirchenvorstand dem „Sonntagsblatt“ zufolge jedoch beschlossen, die Ausstellung „vorerst“ zu schließen. Hintergrund sei, dass „die Kirche viele Beschwerden wegen der Ausstellung erreichten“. Das Blatt klagt in diesem Zusammenhang über soziale Medien. „Queerfeindliche Accounts, oft zudem aus dem impfskeptischen oder anderweitig verschwörungsgläubigen Milieu“, hätten das Thema dort auf die Agenda gesetzt. Man wolle nun über das weitere Vorgehen beratschlagen.

Mehr als 80 Veranstaltungen im Rahmen der „Pride Weeks“

Die selbst ernannte „Kulturkirche“ St. Egidien positionierte sich mit ihrer Ausstellung als Teil des „Queeren Aktionsplans Bayern – jetzt!“ im Vorfeld des „Christopher Street Day“. Dieser soll in Nürnberg am 5. und 6. August stattfinden. In diesem Kontext sind, wie der BR informiert, mehr als 80 Veranstaltungen geplant.

Eine davon sollte dementsprechend auch die Ausstellung einer Bilderauswahl von Rosa von Praunheim sein. Diese beschäftigt sich Kulturmedien zufolge „kritisch und unverblümt mit repressiver Religion und befreiter Sexualität, Liebe und Tod“. Die Bilder zu „Jesus liebt“ habe der 80-jährige Künstler speziell für diesen Anlass angefertigt.

Bezüglich der Inhalte spricht der BR von „provokanten Bildern in schrillen Farben“. Einige setzten sich dabei „kritisch mit dem Christentum und der Kirche auseinander“. Andere wiederum seien „freizügige Bilder von homosexuellen und queeren Menschen“.

Egidienkirche hat sich selbst als Veranstaltungsort angeboten

Die Kirche sei dabei von sich aus auf Rosa von Praunheim zugekommen, heißt es in dem Bericht des BR weiter. Pfarrer Thomas Zeitler wollte mit der Ausstellung nach eigenen Angaben „bewusst Diskussionen anstoßen“. Dabei sei er sich auch darüber im Klaren, dass „diese [die Bilder] Anstoß bei manchen Kirchenbesuchern erregen können“.

Von Praunheim hat für die Ausstellung unter anderem „diese religiösen Kitschbilder, die früher in vielen Häusern hingen“, mit den Worten „Fake News“ verunziert. Dies bringe zum Ausdruck, dass „die Kirche eben kein sicherer Ort ist für Kinder, aber natürlich auch nicht für queere Menschen“. Andere Bilder bringen den verstorbenen Papst Benedikt XVI. und Homosexualität in Verbindung.

Um die explizit pornografischen Bilder vor Kindern abzuschirmen, gibt es in der Egidienkirche ein vor einem Vorhang angebrachtes Warnschild. Auf diesem heißt es:

Achtung Sex, Adults only! Dieser Bereich der Ausstellung enthält Bilder, die für junge oder sensible BesucherInnen nicht geeignet sein könnten.“

Verwicklung der EKD in systematischen Kindesmissbrauch ausgespart

Vor allem die traditionelle katholische Sexualmoral geriet offenkundig zum Angriffsziel im Rahmen der Ausstellung. Kein Thema waren hingegen die Verwicklungen der evangelischen Kirche in die sogenannten Kentler-Experimente oder den Komplex „Odenwaldschule“. Dabei wirkten Persönlichkeiten wie der frühere Schulleiter Gerold Becker oder der Psychologe Helmut Kentler als „Teil eines machtvollen Systems“ innerhalb der EKD.

Becker sah sich später beschuldigt, an seiner Schule systematischen sexuellen Missbrauch geduldet und zum Teil selbst verübt zu haben. Kentler wiederum wirkte in der evangelischen Jugendarbeit. In deren Rahmen soll er sozial auffällige Kinder und Jugendliche gezielt bei ihm persönlich bekannten Pädosexuellen untergebracht haben. Dort sollten diese, so hieß es damals, „Resozialisierung“ und „Reife“ erfahren.

In beiden Fällen standen die Gesellschaftsexperimente unter dem Banner einer „emanzipatorischen Sexualerziehung“, die „repressive Sexualmoral“ infrage stellen solle. Pädosexualität empfand Kentler nur dann als problematisch, wenn diese mit Gewalt verbunden wäre oder nicht einvernehmlich erfolge. Ist dies nicht der Fall, könne diese sich sogar „positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung auswirken“.

Gemischte Reaktionen auf Ausstellung in Egidienkirche in traditionellen und sozialen Medien

Die „Nürnberger Nachrichten“ äußern sich lobend über die teils mit Pornografie bestückte Ausstellung in der Egidienkirche. In einem Kommentar dazu heißt es, die Kirche müsse „Mut beweisen“.

In sozialen Medien waren die Reaktionen demgegenüber zum Teil kritischer. So äußerte der Ökonom Dr. Markus Krall auf X, vormals Twitter:

Diese evangelische Kirche in Deutschland darf man als Christ getrost als gefallen ansehen.“

Rechtsanwalt Markus Haintz schrieb seinerseits auf der gleichen Plattform:

Kirchensteuer gut angelegt: ‚F***en für den Frieden‘ in der Nürnberger Egidienkirche.“

Trotz Betonung weltlicher Inhalte: EKD wird als irrelevant empfunden

Die Aussicht auf Kirchensteuereinnahmen zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes scheint der evangelischen Kirche bezüglich ihrer experimentellen Theologie Sicherheit zu verschaffen. Zur Erholung des Mitgliederbestandes trägt die konfrontative Haltung gegenüber traditionellen christlichen Morallehren bis dato hingegen nicht bei.

Allein im Vorjahr ist die Zahl der Mitglieder von EKD-Landeskirchen netto um mehr als eine halbe Million gesunken. Mit 380.000 lag die Zahl der Kirchenaustritte sogar erstmals über jener der Todesfälle (365.000).

Derzeit gehören nur noch 19,1 Millionen Einwohner der Bundesrepublik Deutschland der EKD an. Waren 1961 noch 51,1 Prozent der deutschen Bevölkerung Mitglieder einer evangelischen Landeskirche, waren es zuletzt lediglich 22,7 Prozent. Petra-Angela Ahrens vom kircheneigenen Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD hat der Kirche und ihrer Botschaft außerdem eine „empfundene persönliche Irrelevanz“ in der Bevölkerung attestiert.



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