Es werde Licht – Deutschlands Weihnachtsmärkte in der Energiekrise

Deutschland spart Strom und Gas an allen Ecken und Enden. Doch wie sieht es eigentlich bei den festlich beleuchteten Weihnachtsmärkten aus?
Weihnachtsmärkte haben dieses Jahr mit der Energiekrise zu kämpfen
Auf dem Weihnachtsmarkt in der Kaiserstadt Goslar sind derzeit keine Einschränkungen geplant.Foto: Stefan Schiefer
Von 31. Oktober 2022

Meterhohe Tannen, stimmungsvolles Licht, das wohlig wärmt, der verführerische Duft von Zimt, Bratäpfeln und gebrannten Mandeln – Weihnachten naht. Weihnachtsmärkte versüßen die Wartezeit und steigern die Vorfreude auf Heiligabend. Zwei Monate vor dem großen Fest läuft die Planung der Weihnachtsmärkte in Deutschland bereits auf Hochtouren. Nach zwei Jahren, die von der Corona-Pandemie und Absagen oder Auflagen geprägt waren, scheint es nun endlich an der Zeit, ein Stück vorweihnacht­liche Tradition wieder aufleben zu lassen.

Doch was geschieht mit der üppigen Festbeleuchtung auf den Weihnachtsmärkten angesichts der erwarteten Energiekrise?

Weihnachtsmärkte gedimmt oder völlig ausgeknipst?

Für die Besucher seien keine Einschränkungen zu erwarten, verspricht Marina Vetter, Geschäftsführerin des Weihnachtsmarktes in der Kaiserstadt Goslar in Niedersachsen. „Beleuchtung ist ein wichtiger emotionaler Bestandteil der Veranstaltung und trägt zum Erlebnisfaktor Weihnachtsmarkt erheblich bei“, sagt sie.

Der Weihnachtsmarkt in Goslar wird von den Besuchern fast jedes Jahr unter die zehn schönsten Weihnachtsmärkte Deutschlands gewählt. Goslars Altstadt gehört seit 1992 zum UNESCO-Welterbe und bezaubert mit seinem mittelalterlichen Charme, den schmalen Gassen, schieferverkleideten Fachwerkhäusern und nostalgischem Flair. Und mit warmem Licht. Im dazugehörigen Weihnachtswald werden mehr als 50 Nadelbäume mit weihnachtlicher Beleuchtung geschmückt. Überhaupt: An Lichtquellen wird in Goslar nicht gespart. Neben Straßenüberspannungen sollen Lichternetze und Iceligths zum Einsatz kommen.

Wie vielerorts fiel auch in Goslar der Weihnachtsmarkt in den letzten beiden Jahren aufgrund der Corona-Pandemie ins Wasser. Aktuell werde davon ausgegangen, dass der Stromverbrauch unter dem im Jahr 2019 liege. Zahlreiche Standbetreiber setzen auf energieeffizientere Geräte und 95 Prozent der Standbetreiber verwenden bereits LED-Beleuchtung, erklärt Vetter. Um im Hinblick auf die Energiekrise weitere Einsparungen zu erzielen, würden zudem die Öffnungszeiten verkürzt und die Beleuchtung in Teilen nachts abgedreht.

Nachts bleibt es dunkel

Ähnliche Vorkehrungen trifft man auch am Mittelaltermarkt und Weihnachtsmarkt in Esslingen. Dort sei die Energieeffizienz allerdings kein Thema, mit dem man sich erst seit diesem Jahr beschäftige. Schon seit 2014 ist die gesamte Weihnachtsbeleuchtung in Esslingens Innenstadt auf LED-Technik umgestellt. „Wir haben Zeitschaltuhren an die Beleuchtung gekoppelt – die Lichter gehen um 17 Uhr abends an und um 22 Uhr aus“, erklärt Geschäftsführer Michael Metzler. Durch diese Maßnahmen sei es gelungen, gegenüber der früheren Technik mit Halogenleuchten, die auch nachts gebrannt haben, 90 Prozent der Energie einzusparen. „Der Energieverbrauch und die Stromkosten unserer Weihnachtsbeleuchtung ist inzwischen so gering, dass man mit dem Abschalten eigentlich keinen Effekt hat, und wenn, nur marginal“, so Metzler.

Insgesamt locken in Esslingen 180 warm beleuchtete Stände zu einem besinnlichen Bummel. Diese sind aufgeteilt auf mehrere Teilmärkte: Die Besucher erwartet sowohl ein klassischer Weihnachtsmarkt, ein Adventsmarkt und, als besonderes Highlight, den atmosphärischen Mittelaltermarkt. Dort kommt offenes Feuer in Form von Fackeln anstelle von künstlichem Licht effektvoll zum Einsatz.

Die Standbetreiber seien ständig am Überlegen, wie sie Energie sparen können, erzählt Metzler. „Viele ergreifen Maßnahmen wie den Verzicht auf Heizkörper im Stand. Energieeffizienz spielt eine Rolle, aber wir sehen keinen Grund darin, den Weihnachtsmarkt abzusagen. Das erscheint mir unangemessen.“

Neben der Energiekrise und Pandemie habe man in Esslingen auch die Inflation im Blick, so Metzler. Preissteigerungen seien bei den Veranstaltern und Standbetreibern schon da. „Die Konsumstimmung in Deutschland insgesamt ist momentan nicht so gut. Wir hoffen dennoch darauf, dass viele Besucher kommen und den Alltag vergessen und eintauchen.“

Wie viel Strom verbrauchen Weihnachtsmärkte?

Rund um den Kölner Dom breitet sich einer von Deutschlands populärsten Weihnachtsmärkten aus. Durch die beeindruckende Kulisse der weltberühmten Kathedrale am Roncalliplatz zieht der Markt jedes Jahr über vier Millionen Besucher an. Zwei Drittel davon kommen aus Deutschland, etwa 30 Prozent aus den Nachbarländern Belgien, Frankreich und den Niederlanden.

„Nachhaltigkeit und Energiesparen hat es schon 2010 bei uns gegeben, seitdem wir den Weihnachtsmarkt betreiben“, erklärt Birgit Grothues von der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kölner Weihnachtsgesellschaft.

„Ein großes Event wird immer als verbrauchsintensiv wahrgenommen“, ergänzt Geschäftsführerin Monika Flocke. „Wir sind kein verbrauchsintensiver Weihnachtsmarkt. Wenn die Leute hierherkommen, verbrauchen sie weniger Energie, als wenn sie zu Hause bleiben, weil sie vielleicht bügeln, Computer spielen, Fernsehen oder vielleicht sogar alles zur gleichen Zeit machen“, erklärt sie und verweist dabei auf eine Berechnung, die auf der Website des Weihnachtsmarktes einzusehen ist:

„Der durchschnittliche Stromverbrauch auf dem Weihnachtsmarkt am Kölner Dom liegt bei 172 Megawattstunden. Bei mehr als 4 Mio. Besuchern pro Jahr verbraucht jeder Besucher nur 0,043 Kilowattstunden. Der tägliche Durchschnittsverbrauch eines Bundesbürgers liegt bei 18 kWh. Der Energieverbrauch eines Besuchers auf dem Weihnachtsmarkt am Kölner Dom ist somit äußerst gering.“

Bedürfnis nach Beständigkeit, Tradition und Wir-Gefühl

Sowohl in Esslingen als auch in Goslar und Köln blicken die Geschäftsführer der Weihnachtsmärkte optimistisch auf die kommenden Wochen. Es sieht aktuell ganz danach aus, als würden einem reibungslosen Start der Weihnachtsmärkte keine Beschränkungen seitens der Politik im Wege stehen.

In Zeiten globaler Krisen sei nachvollziehbar, dass über alle Optionen gesprochen und das Streichen von Großveranstaltungen diskutiert werden sollte, meint Vetter. Zahlreiche andere Aspekte dürften aber nicht unberücksichtigt bleiben. So sei das Weihnachtsgeschäft ein essenzieller Faktor für Handel, Gastronomie, Hotellerie und alle anderen Branchen, um durch die bevorstehende Zeit zu kommen.

„Neben den wirtschaftlichen Interessen sehe ich hier aber vor allem auch das Bedürfnis der Menschen nach Beständigkeit, Tradition und Wir-Gefühl“, so Vetter. Weihnachtsmärkte gäben vielen Menschen Sicherheit, Geborgenheit und das langersehnte und lang vermisste Gefühl von „Normalität“. „Für ein paar Wochen treten die Sorgen und die Schnelligkeit des Lebens ein bisschen in den Hintergrund. Familie und Freunde rücken deutlich mehr in den Fokus und die Menschen sortieren sich ein stückweit neu.“ Diese Themen seien in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen, betont die Geschäftsführerin aus Goslar.

Gerade in der dunklen Jahreszeit bräuchten die Menschen etwas fürs Herz, ist auch Michael Metzler in Esslingen überzeugt. Ein Weihnachtsmarkt habe verschiedene Funktionen, erklärt der Geschäftsführer. Eine davon sei die gesellschaftliche Identitätsstiftung. „Es geht auch darum, durch solche Events den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Die Menschen haben die Möglichkeit, zusammenzukommen und die Wärme zu spüren.“

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 68, vom 29. Oktober 2022.



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