Schweiz: Volkswirtschaften in Geiselhaft des Fiatgeldsystems

Die neue Riesenbank aus UBS und Credit Suisse war keine „Liebesheirat“, schreibt Thorsten Polleit. Die Bilanzsumme ist mehr als doppelt so hoch wie das Schweizer BIP. Es ist zwar eine Lösung, doch die eigentliche Ursache wird damit nicht erwischt.
Titelbild
Eine Börsentafel am Hauptsitz der Schweizer Großbank UBS in Zürich am 20. März 2023. Der Kurs der UBS-Aktie stürzte am 20. März 2023 ab, da die Übernahme des angeschlagenen Schweizer Konkurrenten Credit Suisse für 3,25 Milliarden Dollar die Nerven der Börsianer nicht beruhigen konnte.Foto: FABRICE COFFRINI/AFP via Getty Images
Von 20. März 2023

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Die Schweizer Großbank UBS übernimmt und rettet damit die Schweizer Großbank Credit Suisse (CS). Dadurch entsteht eine Riesenbank mit einer Bilanzsumme von etwa 1,9 Billionen US-Dollar, mehr als doppelt so groß wie das Schweizer Bruttoinlandsprodukt.

Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Liebes-, sondern eher um eine Zwangsheirat der Bankengiganten. Der Schweizer Staat und die Schweizer Nationalbank (SNB) haben nachgeholfen, sonst hätte die UBS die taumelnde CS vermutlich nicht gekauft.

Nicht das betriebswirtschaftliche Kalkül der UBS-Eigentümer stand im Vordergrund, vielmehr das politische Bestreben, die Pleite der CS abzuwenden, weltweite Turbulenzen im Bankensystem und Finanzmarkt zu verhindern. Doch wird das gelingen? 

17 Milliarden US-Dollar verfallen bei CS-Anleihen

Im Fall der CS vermutlich ja. Die UBS hat die Finanzkraft – nicht zuletzt durch die Rückendeckung des Schweizer Staates beziehungsweise deren Steuerzahler – und genießt in den Märkten Vertrauen, die CS auffangen zu können. Und der Kaufpreis von 3 Mrd. Franken ist vermutlich nicht unattraktiv.

Zumal die UBS eine Finanzhilfe von 100 Mrd. Franken von der SNB erhält, die die Liquidität der neuen Großbank sichert. Und weiterhin gibt der Schweizer Staat eine Garantie von 9 Mrd. Franken für bestimmte Aktiva der CS, die die UBS übernimmt.

CS-Aktionäre erhalten 0,76 Rappen pro Aktie. Für viele ein gewaltiger Verlust. Schlimmer noch ergeht es denen, die nachrangige CS-Anleihen (sogenannte „AT1“) halten: Insgesamt 17 Mrd. US-Dollar dieser Anleihen verfallen wertlos.  

Das verwundbare System

Doch damit ist das Problem, um das es hier eigentlich geht, nicht gelöst. Die neue Bankenkrise, die sehr wahrscheinlich mit dem Untergang der US-amerikanischen Silicon Valley Bank am 10. März 2023 ihren Anfang genommen hat, ist letztlich Ergebnis des ungedeckten Geldsystems, eines Fiatgeldsystems, in dem Zentralbanken und Geschäftsbanken per Kredit neues Geld in Umlauf bringen, durch eine Kreditvergabe, der keine echte Ersparnis gegenübersteht.

In einem solchen Geldsystem werden knappe Ressourcen fehlgelenkt, und so kommt es immer wieder zu künstlichen konjunkturellen Aufschwüngen („Boom“), die gefolgt werden von Rezession („Bust“). Die Banken operieren dabei mit einer Teilreserve, das heißt, sie verfügen nur über einen Bruchteil der Barmittel, um ihre jederzeit fälligen Zahlungsverbindlichkeiten vollumfänglich begleichen zu können. 

Das macht sie verwundbar, löst immer wieder Bankenkrisen aus, deren Konsequenzen die Wirtschaften, die auf Kredit aufgebaut sind, nur allzu leicht aus den Angeln heben können. Und weil Rezession, Massenarbeitslosigkeit und Pleitewellen gefürchtet werden, scheint dann kein Preis zu hoch zu sein, um das Bankensystem „zu retten“.

Volkswirtschaften in Geiselhaft des Fiatgeldsystems

So gesehen ist es nicht übertrieben zu sagen, dass das Fiatgeldsystem die Volkswirtschaften in Geiselhaft genommen hat. Das zeigt sich vor allem dann, wenn Großbanken wanken. Zwar ist das Problem seit langem bekannt – es firmiert unter der Überschrift „Too Big To Fail“.

Jedoch scheinen die politischen Reaktionen auf Bankenkrisen genau das Gegenteil zu befördern: Die Großbanken übernehmen kleine oder auch größere Banken. Dadurch werden sie immer größer, als unverzichtbar, und das Ziel, sie zu erhalten, steht irgendwann vor allen anderen wirtschaftspolitischen Zielen. 

Bankenkrisen sind erfahrungsgemäß hartnäckig und für so manche Überraschung gut. Zwar sind die Zentralbanken dabei, die Geschäftsbanken mit jeder Liquidität zu versorgen, die diese benötigen, um ihre Zahlungsfähigkeit zu gewährleisten.

Jedoch ein Problemfeld lässt sich nicht so einfach in den Griff bekommen: Was, wenn die Banken auf die Kreditbremse treten, weil sie keine zusätzlichen Risiken eingehen wollen?

Wenn die Bankkreditvergabe nachlässt, Konsumenten und Produzenten der Zugang zu neuen Darlehen zu günstigen Konditionen versagt wird, geraten die Volkswirtschaften ins Trudeln, häufen sich Kreditausfälle, die an Rücklagen und Eigenkapital der Banken zehren. Was heute noch als eine beherrschbare Liquiditätskrise der Banken erscheint, kann sich nur allzu leicht in eine Insolvenzkrise wandeln.

„Lehman-2.0-Szenario“ verhindert

Die Schweizer Lösung hat ein „Lehman-2.0-Szenario“ verhindert, und sie eröffnet zudem jetzt in Möglichkeit, die entstandene Großbank durch Aufspaltung oder Verkauf von Geschäftsteilen wieder zu schrumpfen, ihr Systemrisiko zu verringern.

Doch will man die Wiederkehr von Banken- und Kreditkrisen und ihre problematischen Folgen für die Volkswirtschaften verhindern, muss man tiefer ansetzen: und zwar an der Konstruktion des Fiatgeldsystems. Eine Herkulesaufgabe, der man verständlicherweise aktuell zu entkommen sucht, deren Erledigung man aber nicht dauerhaft wird ausweichen können. Das sollte man auch trotz Erleichterung über die Schweizer Lösung nicht übersehen. 

Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel in Frankfurt/Main, Europas größtem Edelmetallhandelshaus. Davor war er als Ökonom 15 Jahre im internationalen Investment-Banking tätig. Er ist zudem Honorarprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth, Präsident des Ludwig von Mises Instituts Deutschland und Buchautor. Weitere Informationen unter: www.thorsten-polleit.com

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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