Mittenwald in Bayern – ein lebendiges Bilderbuch
Ein kleiner Bach fließt entlang der mit Kopfsteinen gepflasterten Hauptstraße in dem kleinen bayrischen Luftkurort Mittenwald und fügt sich in eine fast märchenhafte Szenerie ein. Heilige, Gottheiten und der Herr selbst erscheinen überall in leuchtenden Farben – gemalt auf die Fassaden traditioneller Häuser.
Jeder, der eine Reise nach Bayern plant, sollte sich diesen märchenhaften Ort, in dem Kunst, Kultur und Natur am Fuße der Alpen zusammenkommen, nicht entgehen lassen.
Geburtsort der Geige Mozarts
Über den bunten, kunstvollen Giebelfassaden in Mittenwald schweben die göttlichen Berge der Alpen. Brunnen sprudeln entlang der stolzen Promenade, die erhaben an der katholischen Pfarrkirche St. Peter und Paul beginnt und an einem Platz mit einer überlebensgroßen, geschnitzten Geige endet.
Der Musikinstrumentenbau ist eine Tradition, für die diese Bergstadt bekannt geworden ist. 1653 kam hier der Geigenbauer Matthias Klotz zur Welt und legte den Grundstein für den traditionellen Geigenbau in Mittenwald – ein Handwerk, das seit sieben Generationen gepflegt wird. Sein Enkel Aegidius Klotz baute später eine Violine, die Wolfgang Amadeus Mozart spielte.
Wer die Geschichte des Mittenwalder Musikinstrumentenbaus näher kennenlernen möchte, sollte das örtliche Geigenbaumuseum besuchen, welches sich in einem der ältesten Häuser der Gemeinde befindet. Seit 1930 wird hier die Herstellung des Saiteninstruments gezeigt – inklusive Riechproben der verwendeten Lacke oder Hörproben der lieblichen Instrumente.
„Märchenbuch“ von Mittenwald
Eine andere Tradition mit einer nicht minder langen Geschichte ist die Freskenmalerei des Ortes. Seit Jahrhunderten wird in Mittenwald die zeitlose Kunst der sogenannten Lüftlmalerei gelebt. Diese Malerei stammt aus dem Barock und gilt als volkstümliche Variante des Trompe-l’œil (übersetzt „das Auge täuschen“), die mittels dreidimensionaler Malerei vor allem Architekturelemente nachahmt.
Folgt man dem Wasser, das in alten, aus Stein gehauenen Kanälen durch den Ortskern – den Obermarkt – fließt, findet man unzählige Geschäfte und Restaurants mit bemalten Fassaden. Die bunten Szenen stellen den Himmel, die zwölf Apostel, Engel, das örtliche Handwerk und andere reizvolle Dinge dar.
Es sind die Lüftlmalereien, die Mittenwald zu einem lebendigen Märchenbuch machen. Überall in dem Ort finden sich kleine Szenen, die meist biblische Motive zum Leben erwecken. Durch die Kombination aus perspektivischer Technik und künstlich gemalter Architektur verschmelzen Figuren und Wattewolken illusionistisch mit Fensterbänken, Türrahmen, Balken, Balkonen und Gebäuden.
Es ist erstaunlich, wie die Traditionen in Mittenwald unverändert weiterleben. Einige der Fresken sind tatsächlich auch schon so alt wie die dargestellte barocke Mode um 1700. Obwohl sich die Technik und der Inhalt etwas verändert haben, malen die Einheimischen weiterhin solche Szenen.
„Dank der ursprünglichen Maltechnik können die Farben Jahrhunderte überdauern“, erklärt Maler und Bildhauer Stephan Pfeffer der Epoch Times.
Technik für kühne Maler
Diese Maltechnik ist unter anderem durch Künstler wie Tiepolo und Michelangelo überliefert worden und erfordert eine geschickte und schnelle Hand. Zunächst trug der Künstler eine dünne Schicht nassen Mörtels auf. Danach malte er in einem Zug direkt in die feuchte Oberfläche. Auf diese Weise verbanden sich die mineralischen Pigmente mit dem Gipsuntergrund und bildeten eine wasserfeste Schicht.
Während Künstler früher die als „al fresco“ bezeichnete Technik verwendeten, gehen die heutigen Künstler einen anderen Weg: nämlich den des „al secco“. Das heißt, die Künstler müssen weniger kühn und spontan sein, da sie ihr Werk auf trockenen Putz malen und hinterher mit modernen Mitteln imprägnieren. Doch die Anforderung an ihre Kunstfertigkeit bleibt dennoch.
„Für die Lüftlmalerei braucht man auch heute noch eine sehr geübte Hand und einen großen Sinn für Proportionen und Perspektive“, so Pfeffer. Er und sein Vater Sebastian haben sich in ihrer Heimatstadt verewigt. Viele der Märkte und Kapellen, die die gewundenen Kopfsteinpflasterstraßen des Ortes säumen, sind mit Fresken von ihnen ausgeschmückt.
Wie der Handel und die Mode wurde auch die Fassadenmalerei von Kaufleuten nach Mittenwald gebracht, die über die Alpen in deutsche Städte reisten. Früher war die bayrische Gemeinde ein wichtiges Handelszentrum – zumindest so lange, bis sich andere Handelswege öffneten. Der Stil der Kunst blieb hier volksnah, aber inspiriert durch die vielen päpstlichen Maler, welche in den Ort kamen.
Die Gegenreformation war im 18. Jahrhundert in vollem Gange und machte sich die Massenwirksamkeit dieser Kunst zunutze. Trompe-l’œil im Barockzeitalter war das Äquivalent zu den heutigen spektakulären Big-Budget-Spezialeffekten.
Talente wie Tiepolo und Bernini schienen in den Kathedralen die Wolken vom Himmel zu holen und ließen das einfache Volk die transzendente Gefühlswelt des Ewigen spüren. So wurde diese Maltechnik eingesetzt, um die Herzen der Menschen für die katholische Sache zu gewinnen.
Die Mittenwalder Maler griffen diese Bewegung in der barocken Kunst auf und setzten somit eine Tradition in Gang, die bis heute andauert. Mit der Zeit führte eine moderne Auffassung jedoch dazu, dass zunehmend weltliche Szenen dargestellt werden, die Motive der Jagd oder des Landlebens aufgreifen.
Die Dritte im Bunde
Nachdem man sich an den großartigen Wandmalereien erfreuen konnte, kann man eine weitere alte Tradition genießen: Brezen und Weißwürste mit süßem Senf. Dank moderner Kühlung dürfen die Weißwürste wohl heutzutage auch mal das Zwölf-Uhr-Läuten hören.
Menschen in traditioneller Tracht schenken dazu bayrisches Bier aus. Begleitet vom Rauschen des kleinen Baches können die Besucher in Mittenwald den Tag so auch mit diesem köstlichen Essen ausklingen lassen.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „This Bavarian Town Is a Living Storybook Full of 1700s Paintings of Heavenly Angels and Saints“. (redaktionelle Bearbeitung kms)
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