Ein Lob auf die menschliche Stimme: Die Lieder von Mozart
Wolfgang Amadeus Mozart wird unter anderem von Historikern als der größte und produktivste Komponist der abendländischen Musik angesehen. Die universelle Schönheit seiner Musik sowie ihre erstaunliche Vielseitigkeit machen den einzigartigen Stil des gebürtigen Österreichers aus.
Trotz seines kurzen Lebens (1756-1791) komponierte Mozart über 600 Werke in einer Vielzahl von Gattungen und Stilen. So schrieb er Symphonien, Kammermusik, Orchesterstücke, Opern, Chormusik und Lieder.
Seine Lieder sind weniger bekannt und werden von der breiten Öffentlichkeit oft übersehen, obwohl sie von einzigartiger Schönheit sind und höchsten musikalischen Genuss bieten.
Mozart liebte die menschliche Stimme
Wolfgang Amadeus Mozarts Karriere beruhte auf seinen Kompositionen in vielen Stilrichtungen. Seine große Vielseitigkeit begann in der Kindheit. Als Wunderkind, das durch ganz Europa reiste, entdeckte Mozart die spezifischen musikalischen Gattungen und Stile vieler Länder.
Später band er diese in seine originellen Kompositionen mit ein, wie etwa in einem Werk im Musikstil Mitteleuropas mit italienischer Lyrik. Leider war das Publikum zu dieser Zeit nicht empfänglich für die Kontraste, die Komplexität und die Harmonien seiner Werke. Erst ein Jahrhundert nach seinem Tod wurde die Musik des Komponisten für ihre Schönheit und Eleganz gefeiert und wurde zum Symbol für die Perfektion der klassischen Periode (1750–1820).
Zwar komponierte der Österreicher viele Instrumentalwerke – vor allem anspruchsvolle Konzerte –, doch der Schlüssel zu seinem Stil liegt in seinen Vokalkompositionen. Mozart liebte die menschliche Stimme und setzte sie in seinen Werken als wichtigstes künstlerisches Ausdrucksmittel ein.
Ein innovativer Künstler
Besonders bekannt ist der klassische Komponist denn auch für seine Opern. Diese basieren auf der Opernreform von C. W. Gluck, bei der die Grenzen zwischen der „Opera seria“ – der „ernsten Oper“ – und der „Opera buffa“ – der „komischen Oper“ – verschwimmen. Damit wird die Komplexität der menschlichen Seele und der zwischenmenschlichen Beziehungen enthüllt – eine raffinierte Psychologie, die Mozart mit brillantem Gesang, einprägsamen Melodien und einem farbenprächtigen Orchester kombinierte.
Strebsam, kreativ und fleißig – so arbeitete Mozart bis zum Schluss und erschuf eine Vielzahl an Vokalwerken, darunter Chorsätze und Kunstlieder. Kunstlieder sind Kompositionen für Solostimme und Klavier auf der Grundlage eines Gedichts oder Textes – ein Genre, das zu Mozarts Lebzeiten noch in den Kinderschuhen steckte, war doch das Hammerklavier eben erst erfunden worden.
Derartige Musikstücke waren vor allem für ein Konzert oder einen formellen gesellschaftlichen Anlass bestimmt. Heute kennen und hören sie nur noch wenige Menschen. Dies scheint sich jedoch seit Kurzem zu ändern, denn jetzt werden die Kunstlieder als Teil von Mozarts unverzichtbarem Repertoire wiederentdeckt.
Der Grundstein für Kunstlieder wurde bereits im Mittelalter mit dem ritterlichen Minnesang – einer schriftlich überlieferten, gesungenen Liebeslyrik – gelegt. Aus ihr ging schließlich das bekannte „deutsche Kunstlied“, ein wesentlicher Bestandteil der Romantik (1810–1920), hervor. Obwohl diese Art von Kunstlied zu Mozarts Lebzeiten noch nicht existierte und sich erst 1798 bildete, erforschte er bereits in seinen Kompositionen die Möglichkeiten dieser Gattung.
Mozart schrieb Lieder für jedermann
Es wird geschätzt, dass Mozart insgesamt 30 Kunstlieder schrieb, die als früheste Formen des deutschen Liedes angesehen werden. Der Komponist besaß eine große Fähigkeit, die Musik mit dem Klang und dem Rhythmus der Worte zu verschmelzen, indem er die Klänge, den Tonfall und die Wortwendungen erfasste. Mozart war einer der ersten Komponisten, der das Lied dramatisch behandelte und seine Musik dem Text entsprechend gestaltete.
Die ersten Lieder schrieb Mozart in jungen Jahren, als er gerade einmal zwölf Jahre alt war. So etwa das Lied „Daphne, deine Rosenwangen“ im Umfeld seines Singspiels „Bastien et Bastienne“ (1768). Vier Jahre später (1772) folgte seine Reihe deutscher Minutenlieder – Lieder mit einer Länge von wenigen Minuten – wie beispielsweise „An die Freundschaft“ und „Die großmütige Gelassenheit“.
Während eines Aufenthaltes in Mannheim von Herbst 1778 bis Frühjahr 1779 auf dem Weg nach Paris folgten zwei französische Arietten „Dans un bois solitaire“ („In einem einsamen Wald“) und „Oiseaux, si tous les ans“ („Ihr Vögel, alle Jahre wieder“).
Später komponierte Mozart eine andere Reihe von Liedern mit einem bemerkenswerten norddeutschen Einfluss, der an Bach erinnert. Von diesen veröffentlichte der Österreicher jedoch nur vier: „Das Veilchen“ (1785), „Abendempfindung“ (1787), „An Chloe“ (1787) und „Das Lied der Trennung“ (1787). Sie sind wahrscheinlich gleichzeitig seine berühmtesten Lieder.
Unterschiedliche Gründe waren es, die Mozart zu seinen Liedkompositionen anregten: Anfragen von Musikverlegern, für gesellschaftliche Anlässe oder im Auftrag der Aristokratie. Doch auch den Wünschen von Freunden und Bekannten ging er nach. So komponierte er „Des kleinen Friedrichs Geburtstag“ anlässlich des Ehrentages von Prinz Friedrich von Anhalt-Dessau sowie „Lied beim Auszug in das Feld“ für den Türkenfeldzug Österreichs unter Kaiser Joseph II.
Oft widmete Mozart seine Lieder auch bestimmten Frauen oder schrieb Sängerinnen oder Sängern die Partitur auf den Leib. Doch nicht zwangsläufig, er verzichtete auch auf Widmungen und schrieb so quasi für sich selbst. Er hatte einfach Freude daran, die Möglichkeiten und die Schönheit der menschlichen Stimme zu erforschen. Indem er Worte und Noten geschickt miteinander kombinierte, erschuf er sofort erkennbare Melodien. Aber was diese Lieder so besonders macht, ist die emotionale Bandbreite, die sie vermitteln.
„Kleine Opern“ voller Gefühle
Auch wenn diese Lieder im Vergleich zu Mozarts Opern täuschend einfach aussehen und klingen, erfordern sie doch eine umfassende Gesangstechnik und künstlerische Sensibilität. Auch haben sie den gleichen stimmlichen Charakter und den gleichen dramatischen Sinn wie die bekannten Meisterwerke des Komponisten.
„Abendempfindung“ zum Beispiel ist ein Klagelied über den Tod, in dem der Komponist den Text transzendiert, um eine Atmosphäre der heiteren Stille zu schaffen. Im Gegensatz dazu ist „Das Veilchen“ die spielerische Vertonung eines Gedichts von Goethe, bei der jede Strophe eine andere Stimmung vermittelt. Beide Werke wirken wie Miniaturopern im Rahmen eines Liedes.
Mozarts Lieder sind ein wesentlicher Bestandteil seiner breit gefächerten musikalischen Werke. In seinen Liedern zeigt sich sein Talent sowohl in der instrumentalen als auch in der vokalen Komposition, denn sie haben einen unverwechselbaren „Mozart“-Klang. Indem er Gesang und Klavier kombinierte und die Musik dem Text entsprechend gestaltete, schuf der Komponist einen Vorgeschmack auf das deutsche Kunstlied, das später romantische Komponisten wie Schubert, Schumann und Brahms beeinflusste.
Insgesamt stellen Mozarts Lieder mit ihrer klassischen Perfektion, ihrer künstlerischen Schönheit und ihrer universellen Bedeutung einen Höhepunkt musikalischer Vollkommenheit dar. Außerdem bieten sie die gleiche dramatische Bandbreite wie seine größten Opern – allerdings in komprimierter Form – und vermitteln Emotionen, mit denen sich die Menschen sowohl in ihren hellsten als auch in ihren dunkelsten Momenten identifizieren können.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „In Praise of the Voice: Mozart’s Songs“ (redaktionelle Bearbeitung kms)
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