Pekings Minister-Karussell: Xis neue Wahl wird die Richtung verraten

Zwei von Xi Jinping ernannten Ministern werden abgesetzt und verschwinden. Der Name des neuen Verteidigungsministers wird einiges verraten.
Führer und Minister des Xi-Regimes in Peking
Am 12. März 2023 war für Qin Gang (v.l.) und Li Shangfu (v.r.) die Welt noch in Ordnung. Im Bild sind die beiden Führer, der Diplomat und der Militär, an der Spitze ihrer Karriere angekommen, vor dem Nationalen Volkskongresses in der Großen Halle des Volkes in Peking zu sehen. Sie leisten den Fausteid der Kommunistischen Partei Chinas mit ihrem Leben als Pfand.Foto: Noel Celis/afp via Getty Images
Von 27. Oktober 2023

Bereits beim Parteitag der Kommunisten im Oktober 2022 hatte es große Umgestaltungen in den Führungszirkeln der Macht in China gegeben. Es war offensichtlich, dass Xi Jinping einen großen internen Machtkampf für sich entscheiden konnte. Anschließend weitete er seine Säuberung der Staats- und Parteiführung aus. Im März nickte dann Chinas „Parlament“, der Volkskongress, die neuen Regierungsmitglieder ab. Es war eine von Xi Jinping handverlesene Führungselite. Doch das Mindesthaltbarkeitsdatum kann in Chinas Führungsriege mitunter kürzer ausfallen als gedacht. Das gilt auch für Minister.

Verteidigungsminister Li ist Geschichte

Am Dienstag berichtete der chinesische Staatssender CCTV von der Entlassung des chinesischen Verteidigungsministers Li Shangfu. Gründe wurden ebenso wenig genannt, wie der Name eines Nachfolgers. Li verlor auch seine Mitgliedschaft in der von Xi Jinping geleiteten siebenköpfigen Zentralen Militärkommission und den Rang eines Staatsrats. Damit wurde nach der Absetzung von Außenminister Qin Gang im Juli bereits der zweite hohe Parteikader aus Xi Jinpings Führungsriege nach wenigen Monaten im Amt entlassen.

In beiden Fällen waren die Regierungsmitglieder bereits Wochen vor der Bekanntgabe ihrer Entlassung aus der Öffentlichkeit verschwunden. Dies hatte nicht nur in China, sondern auch international für heftige Spekulationen gesorgt. Von internen Machtkämpfen und Spaltungen innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas ist die Rede.

Ursprünglich hatte Xi Jinping, Chinas Oberster Führer, so sein offizieller chinesischer Titel, große Hoffnungen in die beiden Führergestalten gesetzt. Doch letztlich verloren sie das Vertrauen des Despoten. Minister Qin stolperte offenbar über eine Liebesaffäre in mysteriöse Vorgänge im chinesischen Militär hinein, die mit Geheimnisverrat, Krankheitstod und Entlassungen von ranghohen Generälen einhergingen.

Auch Li Shangfu, seines Zeichens General und Experte für Weltraumwaffen und Cyberkriegsführung, könnte in derartige Vorkommnisse verwickelt sein. Dabei sollte Minister Li das recht marode chinesische Militär auf Vordermann bringen – möglicherweise gezielt für einen Angriff auf Taiwan. Doch nun gab es wohl Ermittlungen wegen Korruption im Luft- und Raumfahrtsystem.

Wieder ein Führer-Dekret von Xi

Nach Angaben der chinesischsprachigen Epoch Times wurde Verteidigungsminister Li per Präsidialdekret durch Xi Jinping entlassen. Auch im Fall von Qin Gang vor einigen Monaten gab es einen solchen Führererlass. Sowohl Qin Gang als auch Li Shangfu wurden nicht nur ihrer Ministerämter enthoben, sondern verloren auch noch ihre Posten als Staatsrat.

Am schlimmsten für die beiden war jedoch der Verlust ihrer Parteiposten als Mitglieder des Zentralkomitees. Das endgültige Aus. Während für Qin Gang sein Konkurrent und Vorgesetzter Wang Yi, Direktor des Büros für auswärtige Angelegenheiten der Kommunistischen Partei Chinas, in den Posten des Außenministers implementiert wurde, gibt es für Li Shangfu noch keinen offiziellen Nachfolger.

Nun erwartet man mit Spannung das kommende Xiangshan-Forum in den nächsten Tagen. Die von der China Association for Military Science (CAMS) und der China Institute of International Strategic Studies (CIISS) veranstaltete Sicherheitskonferenz findet vom 29. bis 31. Oktober in Peking statt. „Es dient dem aufstrebenden China als Plattform, um seine Stimme zu erheben und es der Außenwelt zu ermöglichen, seine globale strategische Ausrichtung und seine strategische Mentalität zu verstehen“, heißt es auf der Webseite des Forums. Üblicherweise hält der amtierende Verteidigungsminister Chinas dort eine Grundsatzrede. Es scheint noch unklar, wer in diesem Jahr diese Rede halten wird oder wer überhaupt als Redner auftritt.

Die Auswahl bestimmt die Richtung

Wie die chinesischsprachige Epoch Times schreibt, habe es zunächst Gerüchte gegeben, dass Liu Zhenli, Stabschef der Gemeinsamen Stabsabteilung der Zentralen Militärkommission, die Nachfolge von Li Shangfu als Verteidigungsminister antreten werde. Später habe es geheißen, dass es aus Stabilitätsgründen nicht ausgeschlossen sei, dass He Weidong, einer der beiden Vize-Chefs der Zentralen Militärkommission, als neuer Verteidigungsminister eingesetzt werden könnte. Doch für wen sich Xi auch entscheidet, so könnte dies Hinweise auf die interne Lage oder zu Xis nächsten Schritten geben.

Um hierzu weitere Einschätzungen zu bekommen, sprach die Epoch Times am Abend des 24. Oktober mit Su Ziyun, der Direktorin für nationale Verteidigungsressourcen am Taiwan National Defense Security Research Institute über diese beiden möglichen Kandidaten. „Wenn Liu Zhenli ausgewählt wird, bedeutet das, dass Xi mit dem Stil bricht, seine eigenen Leute einzusetzen – und Offiziere mit tatsächlicher Kampferfahrung einsetzt. Wenn er He Weidong einsetzt, bedeutet das, dass er den Stil beibehält, seine eigenen Kumpane einzusetzen“, so die Militärexpertin. Su verweist zudem darauf, dass He Weidong vom östlichen Theaterkommando kommt, einer der fünf Militärregionen Chinas. Dies zeige, dass Xi „die Situation in der Taiwanstraße ernster nimmt“.

Auch der Chinakommentator und Wissenschaftler Cai Shenkun in den USA tippt auf General He Weidong. Dieser habe in jungen Jahren in der Armee in der Provinz Fujian gedient. Er habe eine enge Beziehung zu dem damaligen Gouverneur dort gehabt: Xi Jinping. Cai geht davon aus, dass der General bald den ersten stellvertretenden Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission, General Zhang Youxia, ablösen werde. Wenn He Weidong auch neuer Minister für Verteidigung werde, so Cai, bedeutet dies, „dass Chinas nationales Verteidigungsniveau in Zukunft erheblich verbessert wird“. Es werde auch ein klares Signal für die militärische Wiedervereinigung Taiwans senden, so der Chinaexperte.



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