Anton Bruckners 200. Geburtstag: Ein Meteorit unter den Komponisten
Am 4. September 1824 kommt der kleine Anton in Ansfelden nahe Linz, Oberösterreich, auf die Welt. Als ältester Sohn eines einfachen Dorflehrers ahnte niemand, dass Josef Anton Bruckner später einer der größten Komponisten Österreichs werden würde.
Doch das musikalische Talent wurde ihm zweifelsfrei in die Wiege gelegt. So war sein Vater – Anton Bruckner Senior – nicht nur Lehrer, sondern auch Kantor, also Chorleiter und Organist der Gemeinde. Aufwachsend in ländlichen Verhältnissen lernte sein Sohn Violine, Klavier und vor allem die Orgel zu spielen. Bereits mit zehn Jahren ließ er selbst zum ersten Mal die Orgel in einem Gottesdienst erklingen.
1835 zieht der elfjährige Bruckner für zwei Jahre nach Hörsching zu seinem Cousin und Firmpaten Johann Baptist Weiß. Hier lernt er nicht nur weiter das Orgelspiel, sondern komponiert auch zum ersten Mal seine eigenen Stücke wie die Motette „Pange lingua“. Im Jahr 1837 führte es den jungen Bruckner zurück nach Ansfelden, wo er Abschied von seinem verstorbenen Vater nehmen musste. Doch die Musik und die Kirche sollten ein enger Wegbegleiter bleiben.
Gut, aber nicht gut genug?
Nach dem Tod seines Vaters wurde Anton Bruckner von seiner Mutter zu den Augustiner-Chorherren an das Stift Sankt Florian in Linz geschickt. Als Sängerknabe erhielt er dort weiter Musikunterricht und schloss nebenbei die Schule ab.
Anstatt weiter den musikalischen Weg zu gehen, wollte der Österreicher in die Fußstapfen seines Vaters treten. Der junge Bruckner war nicht nur fromm, sondern auch fleißig und bestrebt. Bereits mit 16 Jahren soll er in seiner Lehrerabschlussprüfung an der Orgel ein besonders schweres Stück gespielt haben, um eine sehr gute Bewertung zu erhalten.
Vom dörflichen Schulgehilfen, der „mehr komponierte, als auf dem Feld zu arbeiten“, und Hilfslehrer der Schule von Sankt Florian mauserte sich Bruckner ganz langsam zum professionellen Musiker. Bei seinen Schülern soll Bruckner für seinen Humor, seine Gutmütigkeit und eine gewisse Tollpatschigkeit beliebt gewesen sein. Und wie sah sich Anton Bruckner selbst?
Wahrscheinlich nicht als der große Musiker, der er war. So soll er zeit seines Lebens Zeugnisse und Beurteilungen gesammelt haben und unsicher in seinem Können aufgetreten sein. Dies zeigte sich auch bei der Bewerbung um die Stelle des neuen Linzer Domorganisten.
Ohne Bewerbung zum Erfolg
Im Jahr 1855 wurde mit dem Tod des Organisten im Dom von Linz eine Stelle frei. Gemäß der Tradition gingen zahlreiche Bewerbungen ein, wobei der künftige Nachfolger im Rahmen eines Wettspiels ausgesucht wurde. Erst mit großen Bemühungen von außen konnte der 31-jährige Bruckner überredet werden, sich vorzustellen. Die Verantwortlichen ließen Bruckner auch ohne Bewerbung vorspielen: zu ihrem Glück. Von seinem Orgelspiel begeistert, ernannten sie Bruckner zum neuen Domorganisten – eine Bewerbung reichte er der Form halber nach.
Sein Beruf als Lehrer hing Bruckner somit an den Nagel. Neben der Verantwortung als Organist war der Österreicher zudem als Leiter des Männerchorvereins „Liedertafel Frohsinn“ tätig und komponierte einige Chorstücke. Sein großes, improvisatorisches Talent an der Orgel führte den Österreicher in die Welt hinaus, wo er unzählige Hörer begeisterte – aber es zog ihn immer wieder nach Hause.
Trotz des Erfolgs hörte Anton Bruckner nie auf zu lernen. So ging er bei dem Musiktheoretiker Simon Sechter in die Lehre, bei dem bereits große Komponisten wie Franz Schubert studierten. Auch dieses Studium schloss Bruckner sehr gut ab, wobei einer seiner Prüfer sogar gesagt haben soll: „Er hätte uns prüfen sollen.“
Vielen Menschen würde dieses Urteil ausreichen, um an die eigenen Fähigkeiten zu glauben – doch der österreichische Komponist war aus einem anderen Holz geschnitzt. Der österreichische Dirigent Nikolaus Harnoncourt (1929–2016) verglich Bruckner eher mit etwas Sonderbarem, das nicht von dieser Welt ist:
Bruckner ist musikhistorisch gesehen ein Meteorit. […] Man hat bei ihm das Gefühl, er habe keinen Vorgänger und keinen Nachfolger.“
Anton Bruckner war er selbst
Bis heute gilt Anton Bruckner als Unikat der Klassischen Musik. Völlig unbeeinflusst war der Österreicher aber nicht, wie seine Studienzeit unter dem deutschen Dirigenten Otto Kitzler zeigt. Denn dieser brachte Bruckner mit der Musik von Richard Wagner in Kontakt. Begeistert von seinen Werken besuchte er fortan häufiger Aufführungen des deutschen Komponisten.
Mental von seinem Lehrer unterstützt, komponierte Bruckner seine ersten größeren Musikstücke, darunter ein Streichquartett, drei Messen und seine erste Sinfonie. Ihre Uraufführung 1868 im kleineren Rahmen wurde unter anderem von großen Musikkritikern positiv aufgenommen.
Weil er seinen Kompositionen mehr Aufmerksamkeit geben wollte, zog Anton Bruckner noch im selben Jahr nach Wien, wo er Professor für Musiktheorie und Orgelspiel am Wiener Konservatorium wurde und als Hoforganist arbeitete.
In Wien hegte die Gesellschaft jedoch andere Vorstellungen als die, die der bescheidene Österreicher pflegte, was ihn zur Zielscheibe machte. Wenn es nach seinen Zeitgenossen ging, waren seine Haare zu kurz, die Kleidung zu weit und zu altmodisch. Sein Auftreten sei die eines Bauern – ungeschickt und devot – sowie sein Dialekt zu stark. Statt eines Lebens im Überfluss bevorzugte er das fromme, einfach Leben und sei vom Tod fasziniert gewesen. Kurzum: Anton Bruckner verbog sich nicht und blieb er selbst, was auch für seine Musikstücke gilt.
Auch in der Liebe wollte es nicht klappen: Zahlreiche von ihm geschriebene Heiratsanfragen blieben ohne Zustimmung. Statt die Zeit mit der Suche nach einer Ehefrau zu verbringen, legte Bruckner schließlich sein Augenmerk auf das Komponieren von Sinfonien.
Nachdem Ludwig van Beethoven mit seinen Kompositionen diese Gattung dominierte, trauten sich nur noch wenige Komponisten an Sinfonien heran. Doch Bruckner ließ sich nicht abschrecken, stattdessen brachte er seinen ganz eigenen Stil ein und sorgte für frischen Wind.
Einsam, verspottet und kritisiert
Dies zog auch musikalisch gesehen Anfeindungen an. Die zunächst vielversprechenden fünf Jahre in Wien nahmen spätestens 1877 ein jähes Ende: Seine dritte Sinfonie wurde von Kritikern in der Luft zerrissen. Weil er sie dem deutschen Komponisten Richard Wagner widmete, sahen ihn die Kritiker als Gegner. Sie nannten ihn einen „Wagnerianer“, dessen musikalischem Schaffen Einhalt geboten werden sollte. Viel besser seien dagegen die Werke von Johannes Brahms.
Trotz der vielen Anfeindungen blieb Bruckner stark, was vielleicht in seinem tiefen Glauben an Gott begründet lag. Unerlässlich schrieb er in dem gleichen Stil weitere Stücke, wobei er diese mehrfach überarbeitete. Erst ab 1884 ebbten die negativen Stimmen ab und seine Sinfonie Nr. 7 konnte als Erfolg verbucht werden. Mit seinem Chorstück „Te Deum“ begeisterte er sogar den österreichischen Kaiser Franz Joseph I.
Sein letztes Werk sollte die 9. Sinfonie werden, die er vermutlich Gott widmete, „wenn er sie nehmen mag“, so der Komponist. Doch ehe er sie fertigstellen konnte, trat er 1896 vor seinen Schöpfer.
Am 11. Oktober starb der 72-jährige Anton Bruckner in Wien an einem Herzleiden. Sein letzter Wunsch wurde ihm erfüllt: Sein einbalsamierter Leichnam ruht seit jeher unter der Orgel der Stiftskirche von St. Florian – an jenem Ort und unter jenem Instrument, mit dem er sich in die Herzen der Menschen gespielt hatte.
Wenn mich der liebe Gott einst zu sich ruft und fragt: ‚Wo hast du die Talente, die ich dir gegeben habe?‘, dann halte ich ihm die Notenrolle mit meinem ‚Te Deum‘ hin, und er wird mir ein gnädiger Richter sein.“ – Anton Bruckner
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