Die Erpressung der Städte: „Letzte Generation“ auf Kaperfahrt in Deutschland
Die Blockadeaktionen der „Letzte Generation“ werden immer direkter, häufiger und die Drohungen immer unverhohlener. Nun steht Hamburg den Erpressungen der Klimaorganisation gegenüber.
Doch im Gegensatz zu Hannover weigert sich Hamburg, den Forderungen der Gruppe nachzugeben. Die Hansestadt fordert die Klimagruppe zum Kampf heraus, denn das Ultimatum der „Letzten Generation“ läuft – bis Montag.
No Deal mit Hamburg
Ein Brief der „Letzten Generation“ war an Hamburgs Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und die Fraktionsvorsitzenden von SPD, CDU, Grünen und Linken in der Hamburger Bürgerschaft gerichtet – und er enthielt ein Ultimatum. Sollte Hamburg bis Montag nächster Woche nicht auf die Forderungen der Gruppe eingehen, drohten die sogenannten Klimaaktivisten, man werde für eine „maximale Störung der öffentlichen Ordnung sorgen“. Nach Angaben des NDR hätten die „Klimaaktivistinnen und -aktivisten der Gruppe“ versichert, dass der Protest gewaltfrei und diszipliniert sein werde.
Die „Bild“ schreibt, dass ihr der „4-Seiten-Drohbrief“ vorliege und darin (angeblich) von einer kurz bevorstehenden Klimakatastrophe die Rede sei und man von der Ampelregierung in Berlin fordere, „eine geloste Notfallsitzung einzuberufen“. Von Hamburg erwarte man dafür ein „öffentliches Zeichen der Unterstützung“. Wenn nicht, werde man „ab 14.03.2023 unseren Protest auf die Stadt Hamburg ausweiten“.
Der NDR schreibt dazu: „Nach dem Willen der Gruppe soll sich Tschentscher dafür einsetzen, dass ein sogenannter Gesellschaftsrat eingesetzt wird. Das sind nach einem Los-Verfahren ausgewählte Bürgerinnen und Bürger, die sich gemeinsam Gedanken darüber machen sollen, wie Deutschland bis 2030 klimaneutral wird.“
Hamburgs Senatssprecher Marcel Schweitzer erklärte mittlerweile, dass Peter Tschentscher das Vorgehen der Gruppe für nicht vertretbar halte und auch keine Gespräche mit der Gruppe führen oder Vereinbarungen treffen werde. Stattdessen: „Das Schreiben wurde unmittelbar nach Eingang an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet, um den Inhalt in strafrechtlicher und sicherheitsrelevanter Hinsicht zu prüfen.“
AfD Hamburg: „Extremistisch und gefährlich“
Mehrere Abgeordnete von CDU, SPD und Linken wandten sich gegen erpresserische Methoden zur Umsetzung von Klimazielen. Das schade dem eigentlichen Klimathema, so der Tenor. Lediglich die Grünen hielten sich nach NDR-Angaben mit einem Statement zurück. Fraktionschefin Jenny Jasberg erklärte, dass man das „jetzt erstmal intern besprechen und dann zu gegebener Zeit beantworten“ wolle. Allerdings habe Jasberg dem „Hamburg Journal“ gegenüber bereits eingestanden: „Wir finden, dass das Anliegen, was von den sehr jungen Akteuren vorgetragen wird, durchaus legitim ist.“
Keinen Drohbrief von der „Letzten Generation“ erhielt hingegen der AfD-Fraktions- und Landesvorsitzende Dirk Nockemann. Der Hamburger Jurist nannte das Ultimatum in einem Statement eine „erpresserische Kriegserklärung an unsere Demokratie und den Rechtsstaat“. Das zeige die „extremistische und damit gefährliche Ausrichtung dieser Klimachaoten“, so Nockemann. Sie seien daher keine Verhandlungspartner, sondern „ein Fall für die Sicherheitsbehörden“.
Erkaufter Stadtfrieden? – Marburg und Tübingen protestfrei
Hannover hatte den Anfang gemacht und den Erpressern der „Letzte Generation“ die Tür geöffnet. Der grüne Oberbürgermeister der Landeshauptstadt von Niedersachsen, Belit Onay, ging einen Deal mit der Organisation ein. Er schrieb einen Brief an den Deutschen Bundestag, um die Forderungen der Klimagruppe zu unterstützen. Damit setzte Onay – bewusst oder unbewusst – ein Signal: Die Erpressung der Städte funktioniert.
In Marburg beugte sich die Stadtregierung ebenfalls den Methoden der Klimagruppe. Auf ihrer Website heißt es am 6. März: „In einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz sowie die Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag bringt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies seine Unterstützung für die Forderungen der Letzten Generation zum Ausdruck.“
Auch Tübingen gab sich einem Handel hin – oder doch nicht? Wie die „Badische Zeitung“ nach einer Erklärung der Klimagruppe schreibt, habe die „Letzte Generation“ nach Gesprächen mit OB Boris Palmer (Grüne, Parteimitgliedschaft ruht) angekündigt, keine Protestaktionen in Tübingen mehr zu machen. Der Mitteilung nach habe es Ende Februar eine Einigung gegeben. Palmer unterstützte dafür den Vorschlag der Gruppe, „eine Bürgerbeteiligung auf Bundesebene für ein Klimaschutzpaket mit dem Ziel der Klimaneutralität 2030 durchzuführen“.
Palmer dementierte den Zeitungsbericht auf Facebook: „Ich habe nun wirklich in aller Deutlichkeit und bereits seit zehn Tagen gesagt: Mit mir gibt es keine Deals und ich verhandle nicht über Straftaten.“ Es sei logisch möglich, einen „Bürgerrat zum Klima zu unterstützen, ohne das gegen den Verzicht auf Straßenblockaden einzutauschen“, so der Tübinger Rathauschef.
Für die „Letzte Generation“ und artverwandte Gruppen machen solche Taktierereien in Worten ohnehin keinen Unterschied, wenn die Ziele erreicht werden. Die britische Anti-Öl-Organisation „Just Stop Oil“ twitterte, dass „unser deutsches Pendant“ sich nach „fruchtbarem Dialog mit den Bürgermeistern“ darauf verständigt habe, „Störaktionen in Hannover, Marburg und Tübingen dauerhaft einzustellen“. Der Tweet titelt: „Breaking News! Letzte Generation gewinnt Unterstützung von 3 deutschen Bürgermeistern“.
🚨 BREAKING: LETZTE GENERATION WIN SUPPORT OF 3 GERMAN MAYORS
🇩🇪 Throughout the past two weeks, our German counterpart @AufstandLastGen have agreed to permanently halt disruptive actions in Hanover, Marburg and Tübingen after productive dialogue with the mayors of each city. pic.twitter.com/IehY822Hwq
— Just Stop Oil (@JustStop_Oil) March 7, 2023
Kein Protestende für unbeugsame Städte
„Wir stören den Berufsverkehr, weil die Klimakatastrophe viel zu lange ignoriert wurde. Wir fordern Bürgermeisterin Henriette Reker auf, sich hinter unsere Forderungen zu stellen“, twitterte die „Letzte Generation“ am 27. Februar unter Anwendung derselben Erpressermethoden wie in Hannover. Die Kölner Oberbürgermeisterin machte jedoch deutlich: „Ich bin Ansprechpartnerin auch für Engagierte, denn ich teile die Besorgnis. Ich lasse mich aber nicht nötigen.“
Wir müssen reden, @HenrietteReker!
Bitte entschuldigen Sie, dass wir so direkt sind, unser Gesprächsangebot heute an das Kölner Rathaus zu plakatieren. Doch der Rhein fällt trocken, die Bundesregierung vernichtet gerade unsere Lebensgrundlagen und Freiheit.
Lassen Sie das zu? pic.twitter.com/PWEf1yp2Li
— Letzte Generation (@AufstandLastGen) March 1, 2023
Auch in Passau wollten die Klimakleber ihren Forderungen mit Straßenblockaden Nachdruck verleihen. Einer Twitter-Meldung der „Letzten Generation“ nach habe Passaus Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) jedoch nicht auf das „Gesprächsangebot“ reagiert.
🦺Trotz Gefahr von Präventivhaft heute erneut Protest in Passau🦺
Wegsperren oder reden? Im Geiste der Demokratie halten wir Gespräche für sinnvoller und stehen dafür jederzeit bereit. Der Passauer Oberbürgermeister reagierte auf unser Gesprächsangebot jedoch bisher nicht. pic.twitter.com/sJdl37BtpA
— Letzte Generation (@AufstandLastGen) March 7, 2023
Wenn Klima und Ideologie sich vermischen
Die Forderungen der „Letzten Generation“ sind (derzeit) einfach: 9-Euro-Ticket, Tempo 100 auf Autobahnen und – die wohl schwerwiegendste Forderung – Gründung eines Gesellschaftsrates.
Gesellschaftsrat. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Andrea Lindholz (CSU), erinnerte daran, dass in einem demokratischen System politische Entscheidungen nicht von „Räten“, sondern „von den gewählten Volksvertretern getroffen“ werden.
Tatsächlich geht die Idee der Rätedemokratie auf den französischen Sozialisten Pierre-Joseph Proudhon zurück und wurde erstmals in der Pariser Kommune 1871 gegen die konservative Stadtregierung umgesetzt.
Die „Letzte Generation“ formulierte auf ihrer Website: „Die Regierung soll öffentlich zusagen, die mit den im Gesellschaftsrat erarbeiteten Maßnahmen verbundenen Gesetzesvorhaben in das Parlament einzubringen.“ Außerdem solle die Regierung im Parlament für die Gruppe die dafür nötige Überzeugungsarbeit leisten, wird gefordert.
Die „Hamburger Morgenpost“ gibt sich angesichts der neuerlichen Erpressungsversuche der Klimagruppe keinen Illusionen hin: „Spätestens jetzt sollte allen klar sein, dass jede Anbiederung an diese wirre Truppe ein großer Fehler wäre.“ Denn die von der „Letzten Generation“ geforderte Klimaneutralität bis 2030 wäre aus Sicht der Zeitung „ein gigantisches Wohlstandsvernichtungs- und Deindustrialisierungsprogramm“.
So gesehen muss man sich fragen, ob hinter den landesweit orchestrierten Aktionen der Gruppe tatsächlich nur Klima-besorgte Bürger stecken oder doch eine politische Agenda dahintersteht. So manches – wie der streng hierarchische Organisationsaufbau der Gruppe und die psychologisch ausgefeilten Rekrutierungsworkshops – lässt da Zweifel aufkommen.
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