Wenn Glück, Empathie und Achtsamkeit auf dem Lehrplan stehen
Empathie, Achtsamkeit oder Nachhilfe in Sachen Glück? Welche Werte sollen unseren Kindern in den Schulen vermittelt werden?
„Es gerät in der Schule manchmal in Vergessenheit, dass es um Menschen geht, die mehr sind als Schüler und später mehr als ihre Leistung und Arbeit“, sagte Fanni Banyai im Interview mit der „Zeit“. Die 20-Jährige studiert Lehramt und ist Glückslehrerin. Die Ausbildung zur Glückslehrerin habe sie neben ihrem Studium gemacht, monatlich an einem Wochenende.
Die junge Lehrerin, die eine achte Klasse an einer Münchner Mittelschule unterrichtet, möchte ihren Schülern beibringen, wie man Visionen entwickelt, gute Entscheidungen trifft, sinnvoll plant und reflektiert, kurzum wie man sein Leben besser regeln kann.
Zettel mit den Begriffen Originalität, Reflexion, Neutralität, Innovation, aber auch Liebe, Vertrauen und Ehrlichkeit hat Banyai gemeinsam mit ihrer Kollegin Johanna Kellner im Klassenzimmer verstreut. Die Schüler sollen sich aussuchen, was für sie wichtig ist. Manche Begriffe müssen erklärt werden. Mit Zielstrebigkeit oder Anmut können einige nichts anfangen.
Das Fach Glück wird mittlerweile an 200 Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterrichtet. Ausgebildet werden die Glückslehrer unter anderem am Fritz-Schubert-Institut. Sein Namensgeber und Gründer, Ernst Fritz-Schubert, hat vor zwölf Jahren den Glücksunterricht als Wahlpflichtfach an seiner Heidelberger Schule eingeführt. Gemeinsam mit den Kinder begibt er sich in seinem Unterricht auf „Schatzsuche“, damit die Schüler ihre Stärken entdecken und „die Welt erobern“ können.
Achtsamkeit
In Solingen gibt es seit 2016 das Modellprojekt „Gesundheit, Integration und Konzentration – Achtsamkeit in den Grundschulen (GIK)“. Dadurch soll die Achtsamkeit von Kinder und Lehrer gestärkt werden.
Die Umsetzung war innerhalb der Schulen unterschiedlich. So entschieden sich manche Kollegen, Schulkonferenzen mit einer gemeinsamen Minute der Stille zu beginnen. In anderen Schulen gibt es einen Ruheraum oder einen Garten der Stille.
„Wenn die Kollegin zu dem zitternden Jungen am Schwimmbeckenrand sagt, „du musst heute nicht schwimmen“, eine andere den Schüler gestattet, selbst zu entscheiden, wann sie frühstücken wollen oder sich ein Kollegium für die regelmäßige Anwesenheit an einem Nachmittag pro Woche entscheidet, um miteinander „reden“ zu können, dann übernehmen die Lehrer Entscheidungsverantwortung für die Gestaltung des Miteinanders mit den Kindern und miteinander in einer Weise, die einander Entscheidungsfreiheit ermöglicht“, heißt es in einem Bericht über das Pilotprojekt.
Die bewusste Hinwendung zu mehr Selbstachtsamkeit und mehr Achtsamkeit im Miteinander könne laut Einschätzung der Projektteilnehmer wesentlich dazu beitragen, dass sich Schulen in eine in diesem Sinne beseelte selbstverantwortlich und gemeinsam gestaltete lebendige Organisation entwickeln.
Entspannung und Atmung in England
Bis zum Jahr 2021 sollen Schüler an 370 englischen Schulen in Entspannung und Atmung unterrichtet werden, berichtet „jetzt“. Zwei Jahre soll das Projekt zunächst laufen. Die Regierung wolle über das Projekt ermitteln, was zur psychischen Entwicklung der Kinder beitragen kann. In Zusammenarbeit mit dem University College in London hat das Anna Freud National Centre for Children and Families das Konzept entwickelt – eines der größten Projekte zum Thema „Psychische Gesundheit“ weltweit.
Mit verschiedenen Übungen lernen die Kinder bereits in der Grundschule zu entspannen. Muskel- und Aufmerksamkeitsübungen sowie spezielle Atemtechnik sind wesentliche Bestandteile. Auch in den höheren Schulen soll der Achtsamkeitsunterricht beibehalten werden.
Wie wichtig dies sei, belegt eine Studie des University College London. Aus dieser geht hervor, dass Jugendliche unter Depressionen leiden – Mädchen seien doppelt häufig betroffen wie Jungen.
Empathie-Unterricht für dänische Kinder
Die Fähigkeit, für andere Menschen zu sorgen, lernen Kinder in Dänemark bereits ab dem sechsten Lebensjahr. Bis zu 16 Jahren haben die Schüler dort laut einem Bericht wöchentlich eine Stunde Empathie-Unterricht.
Die Fähigkeit der Kinder, auf kreative und ganz praktische Art und Weise mit schwierigen Situationen umzugehen und diese zu lösen, wird dabei gefördert. Im Unterricht spricht beispielsweise ein Kind über ein Problem. Die anderen lernen zuzuhören und Mitgefühl zu entwickeln. Gemeinsam suchen sie mit Hilfe des Lehrers einen Ausweg aus der Situation.
Wichtig dafür sei das Vertrauen, heißt es in dem Bericht. Die Kinder sollen merken, dass sie mit ihrem Problem nicht allein dastehen. Denn wichtiger als Mathematik und Sprachen sei zu wissen, „wie man mit anderen Menschen zusammenleben kann“. (sua)
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