Weniger Kontakt zu Enkelkindern senkt Lebensqualität von Großeltern

Wie wichtig der Kontakt mit den Enkelkindern für Großeltern ist, zeigt eine Studie aus England.
Kontakt mit Enkeln bedeutet mehr Lebensqualität für Großeltern. Foto: iStock
Kontakt mit Enkeln bedeutet mehr Lebensqualität für Großeltern.Foto: iStock
Von 26. Dezember 2022

Ob ein Besuch im Altersheim oder die Kinderbetreuung am Nachmittag, mit Beginn der Corona-Maßnahmen bekamen viele Großeltern weltweit ihre Enkel weniger bis gar nicht zu Gesicht. Die Folgen des eingeschränkten Umgangs bringt nun eine Studie aus England ans Licht, die im September 2022 im „Journal of Gerontology“ veröffentlicht wurde. Großeltern, die keinen Kontakt mehr zu ihren Enkeln hatten, berichteten von schwindender Lebensqualität.

Das Forschungsteam untersuchte Daten einer Stichprobe von 2.468 Großeltern im Alter von über 50 Jahren mit Enkelkindern unter 15 aus der English Longitudinal Study of Ageing (ELSA). Im Februar 2020, kurz vor Ausbruch der Pandemie, waren 52 Prozent der Großeltern in die Betreuung ihrer Enkelkinder eingebunden. Im ersten Jahr der Pandemie gab die britische Regierung jedoch die Empfehlung heraus, dass ältere Menschen zu Hause bleiben und ihre physischen Kontakte – auch zu Enkelkindern – einschränken sollten, um sich vor dem Coronavirus zu schützen.

Der damalige Staatssekretär für Gesundheit des Vereinigten Königreichs, Matt Hancock, verwendete in einem Radiointerview mit der BBC gar die Phrase „Don’t kill your gran“ (Bring deine Oma nicht um). Ähnliche Worte hörte man in Deutschland.

Weniger Lebensfreude ohne Enkel

Die Wissenschaftler berücksichtigten bei ihren Forschungen die psychische und körperliche Gesundheit sowie sozioökonomische und demografische Faktoren der untersuchten Personen vor der Pandemie sowie die Sozialkontakte mit Familie und Freunden und die Einsamkeit während der Pandemie. So war nachvollziehbar, ob die beobachteten Zusammenhänge zwischen der eingeschränkten Enkelkinderbetreuung und der verschlechterten psychischen Gesundheit von bereits bestehenden Krankheiten oder von sozioökonomischen Schwierigkeiten beeinflusst waren.

Im Rahmen der Studie gaben 22 Prozent der Großeltern an, dass sie im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie weitgehend eingeschränkt Kontakt zu ihren Enkelkindern hatten. Etwa 10 Prozent stellten die Betreuung ihrer Enkelkinder in den ersten neun Monaten der Pandemie ganz ein.

Mehr als ein Drittel (34,3 Prozent) aller Großeltern, die ihre Enkel in den ersten neun Monaten der Pandemie gar nicht betreuten, litten im November und Dezember 2020 in hohem Maß unter depressiven Symptomen – im Vergleich zu den 26 Prozent all jener, die sich in dieser Zeit nach wie vor um ihre Enkel kümmerten. Sie sprachen von Traurigkeit, Schlafstörungen und einer verminderten Lebensqualität.

Familie vermittelt Sicherheit

Die Forscher fanden außerdem heraus: Vielen Großeltern gibt die Betreuung ihrer Enkel ein Gefühl von emotionaler Befriedigung, Nützlichkeit und Kompetenz. „In solche Familienaktivitäten involviert zu sein, kann also ein Gefühl der Wertschätzung und Zugehörigkeit vermitteln“, so Erstautor Giorgio Di Gessa vom University College London. Dies fördere sowohl die generationenübergreifenden Beziehungen als auch ein positives emotionales Verhältnis, was wiederum der eigenen psychischen Gesundheit zuträglich sei.

„Aus früheren Studien wissen wir, dass die Pandemie und Maßnahmen, die auf die Einschränkung der physischen, zwischenmenschlichen Kontakte abzielen, ein erhöhtes Risiko für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden bedeuten“, ergänzte Co-Autor Bruno Arpino von der Universität Florenz. Obwohl die Großeltern eine maßgebliche Rolle im Familienleben spielen, hätten sich bisher jedoch nur wenige Studien mit dieser Gruppe befasst und untersucht, welchen gesundheitlichen Nutzen die Betreuung der Enkelkinder für Großeltern haben könne.

Co-Autorin Valeria Bordone von der Universität Wien sah die Forschungsergebnisse als Wegweiser für zukünftige Pandemien, bei denen physische Abstandsregeln zur Infektionsvermeidung eine Schlüsselrolle spielen könnten. Insoweit müsse man der psychischen Gesundheit und den umfassenden Bedürfnissen von älteren Menschen besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen, „denn sie sind diejenigen, die potenziell stark unter dem Verlust ihrer so bedeutenden Rolle in Familie und Gesellschaft leiden.“

 

 

 



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