Von Milchdosen und Unkrautvernichtern: der Erfinderclub «Auf Schalke»
Mit einer leeren Kaffeemilchdose fing es an. Sie hat Conrad Rodenstock vor gut 30 Jahren zu einem ersten großen Wurf in seiner Erfinderkarriere verholfen: Ausgerüstet mit dem Motor eines Spielzeugautos wurde die Dose zur funktionsfähigen Super-Acht- Filmkamera – und das zu einer Zeit als handelsübliche Filmkameras noch mindestens das Format von Schuhkartons hatten. Viele weitere Erfindungen folgten. Für den heute 58-Jährigen (geboren 4. April 1947) aus der nördlich des Ruhrgebiets gelegenen Stadt Dorsten blieb das Tüfteln dennoch immer ein Hobby. Seinen Lebensunterhalt verdient der unauffällige Mann mit den grauen Haaren und einer Brille aus Metall bis heute bei einem Dosenhersteller. «Leben kann man von den Erfindungen nicht», bekennt er.
Nach seiner Pensionierung will er sich ganz seinen Erfindungen widmen und auch jungen Leuten den Weg zur Kreativität im Alltag weisen. Zusammen mit seinem 38-jährigen Sohn Michael (geboren 4. März 1968) zählt er zu den kreativen Köpfen des Insti-Erfinderclubs «Auf Schalke». «Insti» steht dabei für Innovationsstimulierung. Das Projekt gilt als eines der Patentrezepte des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft, um auch in Deutschland ein Klima für mehr Innovationen und Kreativität zu schaffen. Vorbild sind dabei Erfinderclubs aus Japan, in denen bereits seit mehr als 100 Jahren Neuentwicklungen vorangetrieben werden.
Mit derzeit bundesweit rund 140 Clubs werden auch Erfinder in Deutschland bereits seit zehn Jahren in das kreative Netzwerk eingebunden. Mittlerweile stammt von jährlich rund 60 000 Patentanmeldungen in Deutschland etwa jede zehnte Erfindung von einem Privatmann. Rund 3 300 Erfinder haben sich mittlerweile in den Clubs zusammengeschlossen. In etwas mehr als der Hälfte der oft auch an Schulen angesiedelten Clubs geht es in erster Linie um Kinder und Jugendliche.
26 Erfinder im Erwachsenenalter arbeiten im Erfinderclub «Auf Schalke» zusammen – vom Arbeitslosen über den Elektriker und Bautechniker bis hin zum Schuldirektor und Staatsanwalt – und auch Hausfrauen sind vertreten. Nach der Gründung des Clubs in Sichtweite der Gelsenkirchener WM-Arena ist der Sitz inzwischen jedoch in die nur wenige Kilometer entfernte Nachbargemeinde Dorsten verlegt worden.
Senior und gefragter Ratgeber der Gruppe ist der 78-jährige ehemalige Leiter des Gelsenkirchener Tiefbauamts, Kurt Kaja. «Wichtig für Erfinder ist eine ehrliche Meinung, auch wenn man hören muss, dass das Mist ist», sagt Conrad Rodenstock. «Neun von zehn Erfindungen erweisen sich bei näherem Hinschauen als Flops», ergänzt sein Sohn Michael. «Manchmal hat man eine Idee und dann gibt es das Produkt schon», sagt er. Wichtigste Quelle für neue Erfindungen sei der Alltag. «So etwas entsteht aus ganz normalen Problemen. Da geht man dann ganz anders an die Dinge heran als viele hoch bezahlte Ingenieure in den Unternehmen», berichtet Michael Rodenstock.
Mit einem eher unscheinbaren Gerät haben die Erfinder bereits die Hürde zur Marktreife genommen: Eine an einem Besenstiel befestigte kleine runde Metallbürste soll Unkraut in den Fugen von Bodenplatten mitsamt der Wurzeln ebenso zuverlässig wie einfach beseitigen. Das auf der Internationalen Erfindermesse IENA in Nürnberg im vergangenen Jahr ausgezeichnete Produkt wird bereits in einer Serie von 10 000 Stück in Asien gefertigt und von einem Versandhandelshaus angeboten.
Auf den Sprung in die Regale des Handels warten dagegen noch weitere Erfindungen des Clubs – von der diebstahlsicheren Alarmanlage für Kinderwagen, über die Wegfahrsperre für Lastwagen und Baufahrzeuge bis hin zur Kabelaufwickelung für den Rasenmäher. «Das Problem sind immer die Geldgeber. In der Industrie muss man viel Überzeugungsarbeit leisten», sagt Conrad Rodenstock.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion