Vibroseismische Messungen
Anfang Mai wurde auf der Hauptversammlung der Europäischen Geologischen Union in Wien eine neue und umweltfreundliche Methode zur Erkundung der Bodenschichten mittels seismischer Schwingungen vorgestellt. Diese Methode wurde zum ersten Mal im Frühjahr 2010 auf dem arktischen Eisschild getestet; sie lässt bequem eine lokale Langzeitbeobachtung der Bewegungen im antarktischen Eispanzer zu, der wie ein Pudding unter der eigenen Last zerfließt. Dr. Olaf Eisen vom Alfred-Wegner-Institut präsentierte die Resultate der Messkampagne. Die gewonnenen Daten sollen als Input für Modelle des Eis-Masse-Gleichgewichts dienen und erlauben genauere Vorhersagen der Erhöhung des Meerwasserspiegels.
Die Qualität von Ergebnissen aus wissenschaftlichen Modellen hängt auch von der Datenbasis ab. Deshalb setzten die Mitglieder einer jungen Forschungsgruppe, die von der Deutschen Forschungsgesellschaft unterstützt werden, zum ersten Mal eine spezielle geophysikalische Messmethode, genannt Vibroseismik, für das Erheben einer Vielzahl von Messdaten im antarktischen Eis ein. „Mit Hilfe von vibroseismischen Messungen möchten wir mehr über die Struktur des Eises und die Fließcharakteristik des antarktischen Eisschildes erfahren“, erklärt Dr. Olaf Eisen vom Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Marineforschung der Helmholtz-Gemeinschaft.
Die Zielsetzung der Expedition war es, die innere Struktur des Eises von der Oberfläche her mittels geophysikalischer Messmethoden zu bestimmen. Zu Testzwecken kamen, zusammen mit dem Ersteinsatz von Vibroseismik, auch herkömmliche seismische Methoden mit Sprengungen zum Einsatz. Eines der bei der Anwendung seismischer Verfahren auf Eis zu überwindenden Probleme ist die sehr poröse etwa 50 bis 100 Meter dicke Firnschicht. Explosive seismische Methoden erfordern die Bohrung von etwa 15 Meter tiefen Löchern in den Firn, damit die Druckwelle der explodierenden Ladung nicht im umgebenden Schnee verpufft sondern tief in das Eis eindringen kann. Bohrungen aber sind äußerst zeitaufwendig.
Vibroseismik dagegen erzeugt die seismischen Wellen direkt an der Oberfläche. Zu diesem Zweck wird die Vibratorauflage eines 16 Tonnen schweren „Vibroseiswagens“ der Universität Bergen auf vorher verfestigten Firn gedrückt und mit einer bestimmten Vibrationsrate in Betrieb gesetzt.
Im Gegensatz zu explosiven seismischen Methoden hat das abgegebene seismische Signal zwar weniger Energie, ist dafür aber genau definiert und beliebig oft produzierbar, was zu einer Verbesserung der Datenqualität führen kann. Natürlich schluckt der poröse Firn auch bei dieser Methode einen großen Teil der seismischen Energie. Deswegen verglichen die Forscher zunächst die explosive mit der vibroseismischen Methode quantitativ, um festzustellen, wie viel Energie von der Oberfläche durch das Eis und zurück zur Oberfläche reflektiert wird. Erste Analysen zeigen, dass die Methoden ebenbürtig sind, was die Erkundung tiefer Schnee- und Eisschichten betrifft. Klare Vorteile der vibroseismischen Methode sind der geringere Aufwand an Zeit und Energie, um die seismischen Profile zu messen.
Yngve Kristoffersen, Professor der Geophysik an der Universität von Bergen, hat die vibroseismische Ausrüstung zur Verfügung gestellt. Er erklärt: „Die erfolgreiche Pilotstudie leitet die neue Ära einer effizienteren und umweltfreundlicheren Methode ein, um seismische Informationen über die innere Struktur des Eises und des darunterliegenden Felsens zu erhalten. So werden wir erfahren, wie sich die Eisschicht über dem Untergrund bewegt und welche geologische Struktur das Felsgestein unter dem Eis hat.“ Diese Methode wird in den kommenden Jahren auch bei der Vorerkundung geologischer Bohrungen im Eis zur Anwendung kommen. Man erwartet, dadurch die historische Entwicklung des Klimas besser zu verstehen. (dk)
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