So funktionieren Pulsare: Lösung eines 50-jährigen Mysteriums ermöglicht kosmische „GPS“-Navigation
Als Jocelyn Bell 1967 zum ersten Mal die Emissionen eines Pulsars beobachtete, verwirrten die wiederkehrenden Muster die Astronomen sehr. In der Tat wiederholten sie sich, exakt, alle 1,33730 Sekunden. Obwohl theoretisch vorhergesagt, waren Pulsare so ungewöhnlich, dass die Forscher vor über 50 Jahren darüber nachdachten, ob es sich um Signale fremder Zivilisationen handeln könnte.
„Die Pulse waren so regelmäßig, so ähnlich wie eine tickende Uhr, dass Bell und ihr Vorgesetzter Anthony Hewish nicht glauben konnten, dass es sich um ein natürliches Phänomen handelte“, sagte Zaven Arzoumanian vom NASA Goddard Space Flight Center. „Sobald sie einen zweiten, dritten und vierten gefunden hatten, fingen sie an, anders zu denken. Heute kennen Wissenschaftler über 2.000 Pulsare.
Pulsare sind Neutronensterne, die sich wie Leuchttürme verhalten und die ihren Magnetpolen Strahlen von Radiowellen aussenden. Seit mehr als einem halben Jahrhundert blieb die Ursache dieser Strahlen den Wissenschaftlern vorenthalten.
Nun glauben Forscher des Zentrums für Computergestützte Astrophysik des Flatiron-Instituts in New York City, dass sie den verantwortlichen Mechanismus endlich identifiziert haben. Die Entdeckung könnte einerseits Projekten helfen, die sich auf den Zeitpunkt von Pulsar-Emissionen stützen, wie zum Beispiel Studien von Gravitationswellen. Andererseits ermöglichen exakte Zeitmessungen eine GPS-ähnliche Navigation durch das Universum.
Starke elektrische Felder erzeugen Radiowellen-„Blitze“
In der Theorie der Forscher beginnen die Pulse mit den starken elektrischen Feldern des Sterns, die Elektronen von der Oberfläche des Sterns reißen und auf extreme Energien beschleunigen. Die beschleunigten Elektronen beginnen schließlich, hochenergetische Gammastrahlen (Photonen) auszusenden. Werden diese Photonen durch das starke Magnetfeld des Pulsars absorbiert, erzeugen sie wiederum eine Flut zusätzlicher Elektronen und, ihrer Antimaterie-Gegenstücke, den Positronen.
Diese „neugeborenen“ Teilchen erzeugen ihr eigenes Feld, und dämpfen damit die elektrischen Felder ihres Sterns. Irgendwann wird das ursprüngliche elektrische Feld so schwach, dass es zwischen negativen und positiven Werten zu schwingen beginnt. Dieses oszillierende elektrische Feld, wenn es nicht genau auf das starke Magnetfeld des Pulsars ausgerichtet ist, erzeugt elektromagnetische Strahlung, die in den Weltraum entweicht. Mit Hilfe von Plasmasimulationen fanden die Forscher heraus, dass diese elektromagnetischen Wellen mit den von Pulsaren beobachteten Radiowellen übereinstimmen.
„Der Prozess ist wie ein Blitz“, sagte der leitende Studienautor Alexander Philippov vom Flatiron Institut. „Wie aus dem Nichts kommt es zu einer starken Entladung, die eine Wolke von Elektronen und Positronen erzeugt, und dann, als Nachglühen, elektromagnetische Wellen.“
Philippov und seine Mitarbeiter Andrey Timokhin von der Universität Zielona Góra in Polen und Anatoly Spitkovsky von der Universität Princeton stellten ihre Ergebnisse am 15. Juni in „Physical Review Letters“ vor.
„Können es mit der Genauigkeit einer Atomuhr aufnehmen“
Im Gegensatz zu anderen Neutronensternen drehen sich Pulsare sehr schnell um ihre eigene Achse. Einige erreichen dabei schwindelerregende Geschwindigkeiten und mehr als 700 Drehungen pro Sekunde. Diese Rotation erzeugt starke elektrische Felder, die letztendlich zu den „Blitzen“ führen. Diese Strahlung ist jedoch eigentlich kontinuierlich.
Aufgrund der enormen Drehgeschwindigkeit, kommt es einem ruhenden Betrachter – zum Beispiel auf der Erde – wie ein kosmischer Blitz vor, wenn sich die Strahlen in unsere Sichtlinie hinein und aus ihr heraus bewegen. Die Abstände dieser Blinksignale, so die Forscher, sind dabei so präzise, dass sie es mit der Genauigkeit von Atomuhren aufnehmen können.
Zukünftige Simulationen sollen noch näher an die reale Physik eines Pulsars herankommen. So hofft Philippov, dass die Forschung letztendlich den genauen Zeitpunkt der Pulsar-Emissionen bestimmen kann. Winzige Abweichungen im Pulsar-Timing, kommen wiederum Astronomen zugute, um Gravitationswellen zu erkennen, die das Gewebe der Raumzeit dehnen und stauchen.
Pulsare könnten kosmische „GPS“-Navigation ermöglichen
Neben dem Flatiron-Institut erforscht auch die NASA, wie Pulsare funktionieren. In einer Anspielung auf den Jahrestag von Bells Entdeckung beobachtete das NICER-Instrument (Neutron star Interior Composition Explorer), seit Juni 2017 an Bord der ISS, auch den berühmten ersten Pulsar, der heute als PSR B1919+21 bekannt ist.
Im Mittelpunkt steht dabei auch die Frage: „Was ist in einem Pulsar?“
Die NASA möchte mit NICER auch den Weg für die zukünftige Erforschung des Weltraums ebnen. Dazu soll der zweite Teil der Mission „Station Explorer for X-ray Timing and Navigation Technology“ (SEXTANT) eine, GPS-ähnliche Fähigkeit zur Navigation erproben, allerdings auf kosmischem Maßstab.
„Man kann die Pulsationen von Pulsaren, die in viele Richtungen um ein Raumschiff herum verteilt sind, zeitlich bestimmen, um herauszufinden, wo sich das Fahrzeug befindet, und es überall hin navigieren“, sagte Arzoumanian, der auch der wissenschaftliche Leiter von NICER ist. „Genau so funktioniert das GPS-System auf der Erde, mit präzisen Uhren, die von Satelliten im Orbit geflogen werden“.
(Mit Material des Flatiron Instituts und der NASA)
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