Wildschwein-Preis im Keller: Teilweise nur 60 Cent pro Kilo
Die Wildschweinjagd lohnt sich in Deutschland immer weniger. Angesichts der drohenden Afrikanischen Schweinepest und der steigenden Schwarzwildzahlen in den Wäldern haben mehrere Länder begonnen, den Jägern Prämien für erlegte Sauen zu zahlen.
Außerdem sind wegen der rasanten Vermehrung der Tiere die früher üblichen Schonzeiten vielfach verkürzt oder sogar weitestgehend aufgehoben worden. Ziel ist die Reduzierung der Wildschweinbestände. Doch die Preise für das Fleisch sind infolge des großen Angebots so tief gesunken, dass sich die Sauenpirsch für viele Jäger nicht mehr lohnt.
Teilweise wurde die Schonzeit gestrichen
In Bayern etwa zahlen die Behörden für einen erlegten Frischling oder eine Bache ohne Jungtier 20 Euro. In Mecklenburg-Vorpommern sind es 25 Euro pro erlegte Sau, in Brandenburg sogar 50 Euro – allerdings erst, wenn die Jagdstrecke der Saison 2014/15 übertroffen ist.
Zudem haben mehrere Länder die Schonzeit gestrichen, zum Beispiel NRW, Hessen und Rheinland-Pfalz. „Wir haben die Jagdzeit verlängert auf das ganze Jahr, ausgenommen sind nur Bachen mit gestreiften Frischlingen“, sagt ein Sprecher des Düsseldorfer Umweltministeriums. Auch das bevölkerungsreichste Bundesland zahlt für Frischlinge. Dabei handelt es sich offiziell nicht um eine Prämie, sondern um einen Zuschuss zu den Kosten der Pflichtuntersuchung auf Fadenwürmer.
„Wegen des Geldes macht das keiner mehr“, sagt Hubert Aiwanger, Bundeschef der Freien Wähler, Landwirt und Jäger. „Das ist unter dem Strich ein Zuschussgeschäft. Es gibt so viele Wildschweine, dass sie keine Mangelware mehr sind. Hinzu kommen Wildbret-Importe aus Polen. Für ein einzelnes Tier – ohne Innereien, aber mit Schwarte – bekommen Sie teilweise nur noch 60 Cent pro Kilo. Das sind nicht mal fünfzig Euro pro große Wildsau, die Sie mit zwei Mann hochwuchten müssen.“
In Ostdeutschland zahlten Wildbret-Händler noch weniger. Höhere Preise könnten Jäger nur erzielen, wenn sie die Tiere selbst vermarkten.
Behörden fürchten Übertragung der Schweinepest auf Hausschweine
Die Afrikanische Schweinepest ist für Menschen ungefährlich, rafft aber Schweine schnell dahin. 2007 in Georgien gemeldet, hat die Seuche mittlerweile Tschechien und Polen erreicht. Ein Überspringen auf Deutschland würde für die Schweinehalter große Schäden bringen. „Das bedeutet dann Export- und Verbringungsverbote“, sagt Aiwanger.
Obwohl Hausschweine in der Regel keinen Kontakt zu Wildschweinen haben, fürchten die Behörden eine Übertragung des Erregers. Deswegen sollen die Jäger nun noch mehr Sauen schießen – was sicher nicht zur Erholung der Preise beitragen wird. Die Jäger sind ohnehin von zwei Seiten unter Druck: Die Bauern werfen ihnen vor, zu wenige Schweine zu schießen, während es aus Sicht von Tierschützern zu viele sind.
Im Jagdjahr 2016/17 erlegten die Jäger knapp 590 000 Sauen, gut doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor. Trotzdem bevölkern immer mehr Wildschweine Deutschlands Wälder – und verlassen diese, um bei der Futtersuche Felder, Obstgärten und Rebhaine zu verwüsten.
Die Wildschweine werden schlauer
Sie haben auch Regionen wie den Süden Bayerns wieder besiedelt, in denen sie lange ausgerottet waren. In Baden-Württemberg hat sich die Zahl der jährlich geschossenen Schweine seit den siebziger Jahren mehr als verzehnfacht – nach Angaben des Landesjagdverbands in Stuttgart von etwa 5000 Stück auf zuletzt zwischen 50 000 und 70 000 pro Jahr.
Die französische Wildschwein-Forscherin Sabrina Servanty hat in Studien nachgewiesen, dass die Tiere so schlau sind, ihr Verhalten verstärkter Bejagung anzupassen. Sie verlegen ihre Aktivitätsphase in die Nacht und werden früher geschlechtsreif.
Jäger und Ferkelzüchter Aiwanger moniert, dass im heimischen Bayern der Freistaat zu wenig tue: „Meine Forderung wäre, die Jagd im Staatsforst auszudehnen auf Februar, März und April. Dann sind die Frischlinge vom letzten Jahr relativ leicht zu erlegen.“
Doch nicht nur in Bayern diskutieren Behörden, Jäger und Bauern seit Jahren, wie der Massenvermehrung Einhalt geboten werden könnte – ohne dass jemandem bisher die rettende Idee gekommen wäre.
Ein Mittel zur Erleichterung der Jagd könnte der Einsatz von Nachtsichtgeräten sein. Doch ein in Bayern geplanter Versuch wurde vom Bund verhindert, weil nur Polizei und Bundeswehr die Geräte nutzen dürfen. Dessen ungeachtet gibt es in NRW und Rheinland-Pfalz neue Anläufe. „Der Einsatz von Nachtsichtgeräten ist bei uns in der Diskussion und Abstimmung“, so das Umweltministerium in Düsseldorf. (dpa)
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