„Tata NANO“: Billigauto wird teuer für die Umwelt

Kommentar
Titelbild
Die Menge bestaunt den billigen Kleinwagen bei seiner Markteinführung in Neu-Delhi am 10. Januar. (RAVEENDRAN/AFP/Getty Images)
Von 20. Januar 2008

Vor einer Woche wurde in Neu Delhi der neue „Tata NANO“ mit viel Tantam vorgestellt: Eine große Show für das billigste Auto der Welt. 1.700 Euro wird der Auto-Zwerg kosten – aber auch er verbraucht fünf Liter Benzin auf 100 Kilometer.

Millionen zusätzliche Fünf-Liter-Autos in China und Indien, in Südafrika und Brasilien sind keine guten Aussichten für das Weltklima. Das billige Auto wird die Umwelt teuer zu stehen kommen.

Auf die Frage: „Wie viel Autos werden 2030 unterwegs sein?“ sagte mir Chinas Umweltminister: „Etwas mehr als heute auf der Welt.“ Und Indiens Präsident meinte: „In Indien werden 2030 mehr Autos fahren als in China.“

Um es kurz zu machen: Bei aller Freude über billige Autos – wenn die eben zitierte Prognose eintritt und Inder und Chinesen so automobil sind wie heute die Industrieländer – dann brauchen wir über Klimaschutz nicht mehr zu diskutieren. Es gibt dann nichts mehr zu schützen!

Zunächst einmal: Mit Billigautos in Schwellenländern wird Klimaschutz torpediert. Aber: Sollen Inder und Chinesen nicht massenhaft Fünf-Liter-Autos fahren dürfen, solange wir in den Industriestaaten noch immer Acht- und Zehn-Liter-Autos fahren? Inder und Chinesen haben das Recht, unsere Fehler zu wiederholen. Die Verkehrswende muss bei uns beginnen.

Ein Teil der Lösung – in Deutschland und in Indien – wäre: VW bringt endlich sein Ein-Liter-Auto auf den Markt, das der Konzern schon im Jahr 2000 der Öffentlichkeit präsentierte. Seither steht dieser einzig echte Volkswagen in Wolfsburg im Automuseum! Ein Technikskandal ohnegleichen und eine Beleidigung für die deutsche Ingenieurkunst.

Der Weg in die Klimakatastrophe lässt sich nur dadurch stoppen, dass die Industriestaaten den Schwellen- und Entwicklungsländern ein besseres Vorbild geben.

Dazu gehört eine intelligente Doppelstrategie

Erstens: Der massive Ausbau des öffentlichen Verkehrs und Milliarden-Investitionen in Bahnen, Busse und Fahrradwege.
Zweitens: Eine Politik, welche endlich die gesamtgesellschaftlichen Kosten des Autofahrens in Rechnung stellt.

In einer Demokratie kann und soll Politik das Autofahren nicht verbieten, aber eine intelligente Verkehrspolitik kann Anreize schaffen, dass sparsamere Autos und öffentlicher Verkehr attraktiver werden. Unsere Schweizer Nachbarn fahren etwa dreimal so viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie wir Deutschen. Italien und Frankreich zeigen, dass kleinere Autos eine große Akzeptanz finden können und japanische Autobauer haben Riesenerfolge mit sparsamen Hybridautos, die schon 1972 in Deutschland erfunden wurden, aber hier zu Lande bis heute nicht gebaut werden.In einer demokratischen und gerechten Gesellschaft muss Mobilität auch ohne Auto möglich sein. Es ist höchste Eisenbahn für eine Verkehrswende.

Freilich: Wenn die Bahn für das große Publikum auch in Deutschland attraktiv werden soll, dann darf Hartmut Mehdorn nicht dreimal pro Jahr die Preise erhöhen! (Franz Alt 2008)

Weitere Informationen: Sonnenseite von Franz Alt



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