Superzyklus droht: Experten warnen vor einem Preisschock bei Rohstoffen
Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden. Das ist das erklärte Ziel der Bundesregierung. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Ausbau erneuerbarer Energien massiv beschleunigt werden. So kann man es zumindest auf der Website der Bundesregierung lesen. Bereits bis 2030 ist das Ziel, mindestens 80 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien – vorwiegend aus Wind- und Solarenergie zu decken.
Was auf der Website der Bundesregierung nicht zu lesen ist: Wer von der Energiewende spricht, der muss auch über Bergbau sprechen. Kupfer, Kobalt und Nickel – das sind die Rohstoffe, die dringend für die Energiewende benötigt werden.
Nachfrage nach Rohstoffen wird massiv ansteigen
Wie wichtig dieses Thema ist, wurde im vergangenen Jahr deutlich, als die EU beschloss, zukünftig unabhängiger von China zu werden. „Wir beziehen 98 Prozent unserer Versorgung mit seltenen Erden und 93 Prozent unseres Magnesiums aus China“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor dem EU-Parlament.
Die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen werde laut EU-Kommission dramatisch ansteigen, denn sie seien „für den ökologischen und digitalen Wandel ebenso wie in der Verteidigung und der Raumfahrt unverzichtbar“. Ziel ist es deshalb, wichtige Mineralien selbst abzubauen und das Recycling zu verstärken, wie es im „European Raw Materials Act“ heißt.
Bis 2030 sollen mindestens zehn Prozent der benötigten strategischen, wichtigen Mineralien und Erze in der EU selbst abgebaut werden. Wichtige Rohstoffe sollen nach Plänen der EU zudem zu mindestens 15 Prozent recycelt werden.
Rohstoffverarbeitung hat sich nach China verschoben
Schon vor vier Jahren veröffentlichte die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) eine Studie mit dem Titel „Wirtschaftsmächte auf den metallischen Rohstoffmärkten – ein Vergleich von China, der EU und den USA“. Diese Erhebung beleuchtete die Entwicklungen der drei Wirtschaftsräume bei der Rohstoffproduktion von Basismetallen sowie bei Eisen und Stahl im Zeitraum zwischen 2002 und 2018. Auch Veränderungen beim Handel mit metallischen Rohstoffen werden analysiert.
Das Ergebnis: Im Jahr 2018 verarbeitete China durchschnittlich 49 Prozent der weltweiten Raffinadeproduktion von Aluminium, Blei, Eisen/Stahl, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn im eigenen Land weiter. Die EU und die USA kamen bei der Weiterverarbeitung von Raffinadeprodukten nur auf durchschnittliche Anteile von 14 beziehungsweise acht Prozent. Damit ergaben sich große Veränderungen gegenüber dem Zeitpunkt zu Beginn des Jahrtausends.
„Noch 2002 wurden durchschnittlich 26 Prozent der globalen Raffinademengen der Basismetalle sowie Eisen und Stahl in der EU weiterverarbeitet, China und die USA kamen lediglich auf einen Anteil von 17 beziehungsweise 16 Prozent“, erklärte damals DERA-Experte Johannes Perger. Der Autor der Studie weiter: „In relativ kurzer Zeit haben sich die Gewichte bei der weltweiten Rohstoffverarbeitung deutlich in Richtung China verschoben.“
Energiewende kann Superzyklus auslösen
Dieser Trend lässt sich nicht nur bei Metallen feststellen. Obwohl China selbst zu einem rohstoffreichen Land gehört, hat sich das kommunistische Regime in der letzten Dekade sehr darum bemüht, die Märkte in Afrika zu erschließen. Schon 2020 nahm sich der „Deutschlandfunk“ dieses Themas an. China habe in Afrika ein verzweigtes Netz an Abhängigkeiten geknüpft. Peking gestattete diesen Ländern günstige Kredite und sicherte sich im Gegenzug langfristig den Zugang zu Öl, Kupfer und Kobalt.
Chinas Investitionspolitik beruht dabei laut der Politikwissenschaftlerin Genia Koska, die über Chinas Politik- und Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika forscht, auf drei Grundsätzen: keine Einmischung in lokale Politik, Respekt der absoluten staatlichen Souveränität des jeweiligen Landes und „Nicht-Konditionalität“. Letzteres heißt vor allem, dass Chinas Engagement nicht an Bedingungen geknüpft ist, wie beispielsweise die Bekämpfung von Korruption oder eine stärkere Beteiligung von Frauen. Das unterscheide Chinas Engagement in Afrika von den westlichen Ländern oder dem Internationalen Währungsfonds (IWF).
In einem gerade erschienenen Interview mit dem „Handelsblatt“ hat Evy Hambor, Portfoliomanager beim weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock, deutlich gemacht, wie wichtig der Zugang zu Rohstoffen in Zukunft sein wird. „Die Energiewende wird unsere Wirtschaft sehr viel rohstoffintensiver machen“, ist der Vermögensverwalter überzeugt. Die Energiewende könnte seiner Einschätzung nach einem Superzyklus bei Mineralien auslösen. Gemeint sind dabei alle Rohstoffe, die aus der Erde gewonnen werden. Mit Superzyklus ist eine Phase lang anhaltender Preissteigerungen gemeint.
Ein wichtiger Preistreiber für die Rohstoffe ist das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Förderprojekte haben eine lange Vorlaufzeit. Der Investmentstratege bei der Vermögensverwaltung Spiekermann & Co in Osnabrück, Mirko Kohlbrecher, wies schon im letzten Jahr in einem Gastbeitrag für das Wirtschaftsportal „Das Investment“ darauf hin, dass das Erschließen von Minen und Ölfeldern Jahre in Anspruch nimmt. Da in den vergangenen zehn Jahren zu wenig in neue Vorkommen investiert wurde, wird diese Lücke auf Jahre weiter bestehen, führt Kohlbrecher weiter aus.
Ähnlich sieht es auch Evy Hambor. Es sei fraglich, ob das Angebotswachstum mit der Geschwindigkeit der Energiewende und damit mit der steigenden Nachfrage mithalten kann.
Märkte jetzt schon angespannt
Der BlackRock-Vermögensmanager weist aber noch auf einen weiteren Aspekt hin: Die Förderung der für die Energiewende kritischen Rohstoffe ist noch sehr CO₂-intensiv. Dafür, so Hambor, müsse man Lösungen finden. „Denn wenn wir damit aufhören, fossile Energien für unsere Energieerzeugung zu verbrennen, aber stattdessen fossile Energien für die Rohstoffproduktion verbrennen, lösen wir nicht das Problem.“
Wie stark die Preise für Rohstoffe in Zukunft steigen werden, hängt für Evy Hambro trotz eines globalen Phänomens von den Entwicklungen in China ab. „Wenn wir an Rohstoff-Superzyklen in der Vergangenheit denken, etwa in den 2000ern: Damals war Chinas starkes Wachstum, vor allem im Immobiliensektor, der Auslöser für boomende Nachfrage und steigende Rohstoffpreise.“
Die Energiewende sei nun aber global zu betrachten, was bedeutet, dass auch die Nachfrage nach Rohstoffen global stattfinden wird. Der Zyklus wird daher viel weniger von einem Faktor oder Land abhängen. Bereits jetzt seien die Märkte weltweit sehr angespannt. „Wenn sich also irgendwann in diesem Jahr die Stimmung in China bessert, werden die Preise einiger Rohstoffe besonders stark steigen“, prognostiziert Hambro.
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