Steht Europa ein arktischer Winter bevor?
Wetter und insbesondere Wind sind die Folge von Gebieten unterschiedlichen Luftdrucks. Ähnlich wie ein Wasserfall von einem höheren Becken stets in ein tieferes fällt, ist Wind eine Ausgleichsbewegung zwischen einem Hochdruck und einem Tiefdruckgebiet. Einerseits kann Wind Wolken und Niederschläge von einem Ort zum anderen transportieren, andererseits stellen starke Winde eine Art Barriere dar, die bestimmte Einflüsse nicht überwinden können.
Der wohl berühmteste dieser Winde ist der Jetstream, der die arktische Kälte und die Wärme der mittleren Breiten trennt, dicht gefolgt vom Polarwirbel, der die polaren Luftmassen bändigt. Bezüglich des kommenden Winters sieht es jedoch anders als: Schwache Winde können die Kälte nicht bremsen und deuten auf einen überdurchschnittlich kalten Winter hin.
Sonne beeinflusst Polarwirbel
Hinter dem landläufigen Begriff „Polarwirbel“ steht eine stratosphärische Polarzirkulation, also eine Luftzirkulation in der unteren bis mittleren Atmosphäre über dem gesamten (Nord-)Pol.
Die Entstehung dieses Wirbels ist denkbar einfach: Steht im Herbst die Sonne tiefer, erreicht weniger Sonnenstrahlung die Polregionen, die sich beginnen abzukühlen. Gleichzeitig bleibt die Atmosphäre weiter südlich – in Europa, Asien und Nordamerika – verhältnismäßig warm. Dieser Temperaturunterschied führt schließlich zur Bildung einer großen Tiefdruckzirkulation über der nördlichen Hemisphäre, dem Polarwirbel.
Vonseiten einiger Klimaforscher heißt es, dass die Erwärmung der Arktis zu einer Zunahme heftiger Stürme führt. Angesichts der dem Polarwirbel zugrunde liegenden Physik darf das bezweifelt werden: Je größer der Temperaturunterschied ist, desto größer ist der Druckunterschied und umso stärker ist die Bestrebung, diesen Unterschied auszugleichen. Sprich, je größer die Temperaturdifferenzen sind, desto stärker ist der Wind. Sollte sich die Arktis also übermäßig erwärmen, wird der Polarwirbel im Allgemeinen schwächer.
Polarwirbel beeinflusst Winter
Der Polarwirbel ist jedoch nicht „ein heftiger Sturm“, er ist eine weitläufige, zyklonale Strömung kalter Luftmassen, die vom Nordpol bis zum Polarkreis und darüber hinaus reicht. Sie erstreckt sich zugleich vom Boden bis in mehrere Dutzend Kilometer Höhe.
Noch etwas Zweites ist anzumerken: Je stärker der Polarwirbel ist, desto stabiler ist die Strömung und desto schwieriger ist es – sowohl für kalte Luftmassen aus dem Norden als auch für warme Luftmassen aus dem Süden –, diese Barriere zu überwinden. Bildlich gesprochen: Ein starker Polarwirbel schließt die Kälte ein.
Geringe Temperaturdifferenzen, kleinere Druckunterschiede und weniger stabile Winde können diese Abgrenzung nicht gewährleisten, sodass der Druckausgleich zwischen Pol und gemäßigten Breiten stattfinden kann. In der Folge kann Kälte aus dem Norden weiter nach Süden vordringen und umgekehrt. Mit anderen, weniger wissenschaftlichen Worten: Die Schwäche des Polarwirbels beeinflusst die Kälte des Winters.
Dringt zu viel Wärme zum Nordpol vor, kann der Polarwirbel gänzlich zerfallen und kalte Luftmassen können nahezu ungehindert in den Süden strömen. Dieses Phänomen kann beispielsweise Wintereinbrüche im späten Frühjahr erklären.
Schwache Winde, starke Kälte
Derzeit hat die Abkühlung der hohen nördlichen Breiten bereits begonnen. So zeigt das Wettermodell GFS eine Abkühlung in der dritten Septemberwoche um etwa zehn Grad Celsius nördlich des Polarkreises. Dennoch deutet die Vorhersage der Atmosphärentemperaturen in 30 Kilometer Höhe auf eine wärmere Polarregion hin, was einen potenziell schwächeren Polarwirbel zur Folge hat.
Neben dem Polarwirbel gibt es eine weitere Luftströmung, die das Wetter auf der Nordhalbkugel prägt: der Jetstream. Dieser Höhenwind erreicht Geschwindigkeiten von mehreren hundert Kilometern pro Stunde und transportiert unter anderem nasse Luft vom Atlantik nach Mitteleuropa. Wir kennen es als Regen.
Wie zuvor gilt auch hierbei, je stärker die Winde sind, desto besser erfolgt die Trennung von Luftmassen. – Auch wenn Polarwirbel und Jetstream sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Höhenlage normalerweise nicht beeinflussen, kann ein starker Polarwirbel den Jetstream stabilisieren, was den Effekt der Luftmassengrenze verstärkt.
Überdies gibt es jedoch noch unzählige weitere Faktoren, die ihrerseits die polaren Winde beeinflussen. Wie Cap Allon in einem Beitrag auf „Electroverse“ schreibt, gibt es darunter „viele, die wir nicht verstehen oder wahrscheinlich noch nicht einmal bemerkt haben“.
Einer dieser Faktoren sei die Quasi-Biennale-Oszillation (QBO), eine regelmäßige Veränderung der Winde hoch über dem Äquator, die sich etwa alle 14 Monate umkehrt. Eine positive QBO steht dabei für Westwinde, die Jetstream und Polarwirbel stabilisieren. Umgekehrt bedeuten östlichen Winde eine Abschwächung des Jetstreams. Letzteres ist derzeit der Fall.
Alle Zeichen stehen auf Winter
Ein weiteres Indiz für einen kalten Winter ist die aktuelle Ausprägung eines El Niño. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass dieser die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs des Polarwirbels in den ersten Wintermonaten erhöht. Typischerweise traten diese im Zeitraum Dezember/Januar ein und sorgten weniger Wochen später für entsprechende Kälte.
Nun sind Vorhersagen schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen; und es ist zum jetzigen Zeitpunkt mehr oder weniger unmöglich, eine exakte Vorhersage des Polarwirbels, seiner Störungen oder gar seines Zusammenbruchs zu treffen. Gleichwohl sprechen die Zeichen eine deutliche Sprache. Insbesondere in einem Land, dessen Energieversorgung im letzten Winter allein dank milder Temperaturen nicht zusammengebrochen ist, sollte dies zu denken geben.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion