Norwegens paradoxer Klimaschutz: Mehr E-Autos – mehr Erdöl
Norwegen zeigt sich nach außen hin als fleißiger Klimaschutz-Verfechter. So sind ab dem kommenden Jahr Ölheizungen verboten und Elektroautos machen dank einer massiven staatlichen Förderung schon 50 Prozent der Neuzulassungen aus. Und das wohlgemerkt bei lediglich 5,3 Millionen Einwohnern.
Zudem kündigte Norwegen Anfang des Monats an aus seinem Staatsfonds – der größte Fonds weltweit – alle Ölaktien zu verbannen.
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch ein anderes Bild, das eine andere Strategie und sozialökonomische Sichtweise der norwegischen Regierung erkennen lässt.
So steigert Norwegen über den teilstaatlichen Ölkonzern Equinor (einst Statoil) seine Ölfördermenge und auch den Anteil an Ölaktien, berichtet die „Welt“. Das lässt ein zwiespältiges Bild entstehen.
Erdölförderung veränderte das Leben in Norwegen grundlegend
Hintergrund für das verstärkte Engagement in der Erdölindustrie ist sicherlich das Norwegen prächtig an der Ölförderung aus der Nordsee verdient. In den 1950er Jahren startete das Königreich die Ölförderung – in den 1970ern eroberte Norwegen im großen Stil den Weltmarkt. Das veränderte das Leben der Bevölkerung grundlegend.
Durch die Erdölförderung wurde Norwegen zu einem der reichsten Länder der Welt. Seit 1970 hat sich die Wirtschaftsleistung pro Einwohner verzwanzigfacht. In der Länderliste mit der höchsten Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung steht Norwegen auf Platz 4 hinter Macau, der Schweiz und Luxemburg. Deutschland liegt auf Platz 18. Für 2019 werden vom zuständigen Ministerium stolze 289 Milliarden Kronen Nettoeinnahmen aus der Ölindustrie erwartet.
Diese Entwicklung soll weiter anhalten. Daher begann die teilstaatliche Fördergesellschaft Equinor vor zwei Wochen damit, eines der fünf größten jemals entdeckten Ölfelder der Nordsee zu erschließen.
Ab Oktober wird aus diesem Ölfeld namens „Johan Sverdrup“ – benannt nach einem ehemaligen Ministerpräsidenten Norwegens – noch langsam Öl gefördert. Das Ölfeld wurde 2010 entdeckt und soll in den nächsten 50 Jahren 670 Milliarden Kronen (77 Milliarden Euro) in die Staatskassen bringen.
Im Jahr 2015 äußerte Norwegens Öl- und Energieminister Tord Lien dazu:
Das ist das größte Ausbauprojekt in Norwegen seit Langem. Dieses Projekt wird unseren Wohlfahrtsstaat finanzieren, nicht nur heute oder im nächsten Jahr, sondern über viele Jahrzehnte hinaus.“
Bis Sommer 2020 soll die Fördermenge auf 440.000 Fass (je 159 Liter) pro Tag gesteigert werden. Insgesamt erhöht sich die norwegische Ölproduktion damit rund um ein Drittel. Das kommt Norwegen sehr gelegen, denn der weltweite Ölpreisrückgang wirkte sich hier aus.
Vor einem Jahr kostete das Fass Rohöl auf dem Weltmarkt noch 80 Dollar, inzwischen sind es nur noch 60 Dollar. Zudem stagniert die Nachfrage nach Öl, vor allem wegen der lahmenden Weltkonjunktur, die unter dem Handelskonflikt zwischen den USA und China leidet.
Dadurch machten die Öl- und Gasexporte Norwegens im September nur noch rund 30 Prozent der Gesamtexporte des Landes statt vormals rund 50 Prozent aus. So erklärt sich das Norwegen im September 2019 erstmals seit 2017 wieder ein Außenhandelsdefizit aufwies.
Da die Förderkosten in dem neuen Ölfeld gerade mal 20 Dollar pro Fass betragen – bei aktuell 60 Dollar Verkaufspreis für Rohöl – erzielt die teilstaatliche Fördergesellschaft Equinor damit einen satten Gewinn.
Zudem kündigte Equinor an bis 2022 umgerechnet rund fünf Milliarden Dollar aus den neuen Erlösen einzusetzen, um damit eigene Aktien zurückzukaufen und so deren Kurs in die Höhe zu treiben.
Auch hier zeigt sich ein Paradox. Auf der einen Seite kündigt Norwegen an für seinen Staatsfonds alle Ölaktien aus seinem Portfolio zu verbannen. Auf der anderen Seite kauft Norwegen über den teilstaatlichen Ölkonzern Equinor (zwei Drittel des Konzerns gehören dem Staat) ausgegebene Ölaktien wieder auf.
Die Zukunft wird zeigen, welche Strategie dem Wohl des norwegischen Volkes am besten dient. (er)
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