Nach Protest auf Rügen: Erneuerbaren-Verband will Wasserstoffpläne stoppen
Offenbar unter dem Eindruck jüngster Proteste auf Rügen hat der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) die Bundesregierung zum energiepolitischen Umdenken aufgefordert. Das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) zitierte am Mittwoch, 12. April, Aussagen der BEE-Präsidentin Simone Peter. Die frühere Grünen-Politikerin sprach sich dabei gegen „neue LNG-Gaskraftwerke mit ungewisser Wasserstoffzukunft“ aus. Stattdessen solle die Politik vor allem Wind- und Solarenergie ausbauen.
Petition und Proteste gegen LNG-Pläne für Rügen
Am Wochenende hatten sich mehrere Hundert Personen zu einer Menschenkette nahe der Binzer Seebrücke versammelt. Zudem hat eine Petition, die sich gegen die Aufnahme der Insel als Standort in das LNG-Beschleunigungsgesetz richtet, mehr als 61.000 Unterstützer gefunden. Das sind mehr als die für die Befassung des Bundestages erforderlichen 50.000 Unterschriften.
Das Gesetz hatte im Vorjahr einen schnellen Ausbau der LNG-Infrastruktur an Deutschlands Küsten ermöglicht. Zweck des Ausbaus war die Verhinderung einer möglichen Gasmangellage infolge des Ausbleibens russischer Erdgaslieferungen. Perspektivisch sollen die neu errichteten Terminals jedoch auch für Technologien zur Verflüssigung von Wasserstoff nutzbar werden.
Gegen dieses Vorhaben wendet sich jetzt der BEE. Er äußerte gegenüber dem RND:
Wirtschaft und Gesellschaft müssen darauf vertrauen können, dass Erneuerbare die Versorgung verlässlich übernehmen und auch die Zeit für fossile Energieträger abläuft.“
BEE-Präsidentin hält Ausbauziel bei Erneuerbaren bis 2030 für erreichbar
Peter geht davon aus, dass die in den vergangenen Monaten beschlossenen Maßnahmen zum beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien zu wirken beginnen. Der Atomausstieg bedinge „auf breitester Front die Nutzung aller erneuerbaren Technologien“, so Peter.
Sie zeigte sich optimistisch mit Blick auf das Ziel einer klimaneutralen Energieversorgung für Deutschland bis 2045. Auch das Zwischenziel eines Anteils erneuerbarer Energien von 80 Prozent in der Stromversorgung bis 2030 hält sie für machbar. Dem widersprechen Studien wie jene des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln.
Dieses hatte Ende des Vorjahres erklärt, zur Erreichung dieses Ziels müsste sich die Gesamtleistung der Windenergie zu Lande von derzeit 56 Gigawatt mehr als verdoppeln. Ab sofort müssten täglich etwa sechs neue Windräder mit einer Leistung von mindestens 4,2 Megawatt entstehen. Ende 2022 lag die durchschnittliche Nennleistung einer Windkraftanlage demnach bei 2,8 Megawatt. Im Schnitt sind seit 2010 pro Tag 3,5 davon entstanden.
Bund hat Wasserstoffstrategie jüngst modifiziert
LNG-Terminals lassen sich auf Wasserstofftechnologien umrüsten. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens die langlebigen Großkomponenten wie Tanks von Beginn an auch für Wasserstoff geeignet sind. Flüssiges Erdgas hat eine Temperatur von minus 163 Grad Celsius, flüssiger Wasserstoff von minus 253 Grad Celsius. Die Anlagen müssen entsprechenden Anforderungen an die Isolierung genügen.
Auch die Herstellung des Wasserstoffs ist aufwendig und bedingt eine Extrahierung aus Wasser mittels Elektrolyse oder Trennung von fossilen Kohlenstoffbrennstoffen. Derzeit reichen die Kapazitäten zur ausschließlichen Erzeugung mit Strom aus erneuerbaren Energien nicht aus. Zudem ist die volumenbezogene Energiedichte von Wasserstoff gering. Entsprechend lassen sich große Mengen meist nur unter sehr hohem Druck speichern.
Zuletzt ist der Bund von seinen Plänen einer weitgehenden Verstaatlichung des Ausbaus der Wasserstoffinfrastruktur abgerückt. Auch billigt die Ampel künftig auch andere als nur „grüne“ Varianten der Wasserstofferzeugung. Neben „blauem“ und „türkisem“ Wasserstoff aus Erdgas soll demnach auch „oranger“ aus Abfall zur Anwendung kommen. Das dabei anfallende Kohlendioxid soll jedoch mittels der CCS-Technologie abgeschieden und verpresst werden.
Auf Wasserstoff umgerüstete LNG-Terminals können Versorgung stabilisieren
Die Energieerzeugung aus LNG-Terminals, die auf Wasserstofftechnologien umgerüstet wurden, ist energieintensiver und teurer als eine direkte Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Demgegenüber können die umgerüsteten Terminals durch Umwandlung von LNG in Wasserstoff und die anschließende Verbrennung eine kontinuierliche Stromerzeugung gewährleisten.
Dies würde Schwankungen in der Outputleistung gegensteuern, wie sie erneuerbare Energien kennzeichnen können, die von natürlichen Bedingungen abhängen. Die Nutzung von Wasserstoff als Brennstoff ist emissionsärmer als LNG. Der Wasserstoff stößt kein Treibhausgas aus und erzeugt bei Verbrennung nur Wasser als Abfallprodukt.
(Mit Material von dts)
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