Rehlinger (SPD): „Die Bahn ist ganz sicher Gewinnerin des Klimapakets“
Die Landesverkehrsminister fordern mehr Bundesmittel für den Ausbau der Bahninfrastruktur und die Stärkung des Schienenverkehrs. Auf ihrer Herbstkonferenz in Frankfurt am Main beschlossen sie am Donnerstag einen Antrag, der eine Erhöhung der Pro-Kopf-Investitionen von 77 Euro im Jahr 2018 auf mittelfristig 150 Euro pro Jahr vorsieht. Zuvor hatten sie unter anderem mit Bahnchef Richard Lutz und Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla diskutiert.
„Sollen bis 2030 die Fahrgastzahlen verdoppelt werden, müssen auch die Pro-Kopf-Investitionen verdoppelt werden“, sagte die saarländische Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) zum Abschluss der Gespräche. „Die Bahn ist ganz sicher die Gewinnerin des Klimapakets der Bundesregierung“, erklärte die Vorsitzende der Konferenz, „wir Länderverkehrsminister wollen aber nicht auf halbem Wege stehen bleiben.“
Für Rehlinger ist das jüngst in Berlin auf den Weg gebrachte Klimapaket ein „echter Schritt nach vorne für Schiene, ÖPNV und Radverkehr“. Nach Angaben ihres Ministeriums werden im Konferenzbeschluss aber „weitere Schritte für eine Trendwende“ gefordert, „damit der Verkehrssektor das von der Bundesregierung gesetzte Sektorziel erreichen kann“.
Geld allein reicht nicht
Ihr hessischer Amtskollege Tarek Al-Wazir (Grüne) kritisierte, der Bund habe zu lange hauptsächlich auf das Auto gesetzt – „da jetzt umzusteuern dauert Jahre“. Vor dem Hintergrund der Klimaschutzpläne der Regierung betonte er: „Geld allein reicht nicht, es muss auch in die konkrete Planung gehen“.
Wie das Landesministerium in Baden-Württemberg mitteilte, fordern die Minister auch die Erhöhung von Regionalisierungsmitteln für die Länder sowie die Elektrifizierung von 75 Prozent statt wie bislang 60 Prozent des Schienennetzes. „Der Bund muss als Eigentümer der Deutschen Bahn für eine lang anhaltende und dauerhafte Investitionsoffensive sorgen“, sagte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne).
Neben der Sanierung und Modernisierung des Netzes mahnte er attraktive Angebote für die Kunden im Fern- und Regionalverkehr an. „Nur so kann die aus Klimaschutzgründen dringend notwendige Verkehrswende gelingen.“ Da gerade die Sanierung des Schienensystems „etliche Jahre in Anspruch nehmen“ werde, „müssen die finanziellen Mittel für die notwendigen hohen Investitionen in die Bahn auch über Einzelhaushalte und Legislaturperioden hinweg sichergestellt werden“, erklärte Hermann weiter.
„Am fehlenden Geld würde eine Reform des Bahnsystems nicht scheitern, wie man uns immer wieder aus dem Bundesverkehrsministerium versichert“, hatte der sächsische Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) zum Konferenzbeginn am Mittwoch gesagt. Er sprach sich auch für Investitionen in den Güterverkehr aus: „Täglich müssen wir erleben, wie der Straßengüterverkehr an seine Grenzen stößt. Mehr Transporte auf der Schiene dienen daher nicht nur der CO2-Verminderung und damit dem Klimaschutz, sondern entlasten auch unsere Autobahnen.“
Bahn hat auch ein Qualitätsproblem
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) äußerte vor kurzem die Einschätzung, günstige Bahntickets allein würden nicht mehr Menschen zum Bahnfahren bewegen. „Die Bahn hat nicht nur ein Kapazitäts- und Zuverlässigkeitsproblem, sondern auch eine Qualität, die einiges zu wünschen übriglässt“, sagte die Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim vzbv, Marion Jungbluth, dem „Handelsblatt“.
Im Klimapaket der Bundesregierung seien zwar milliardenschwere Investitionen in die Bahn vorgesehen, um die Attraktivität des Schienenpersonenverkehrs zu erhöhen. Diese würden aber „erst in Jahrzehnten wirken und vermutlich nicht ausreichen, um Verbraucher zum Umsteigen zu motivieren“, betonte Jungbluth.
Es müsse daher sichergestellt werden, „dass die massiven Investitionen zu einem Angebot und einer Qualität führen, die Nutzer und noch Nicht-Nutzer überzeugen“.
Jungbluth regte die Schaffung eines Gremiums an, das als „Stimme der Fahrgäste“ helfen solle, das Bahnangebot und den Service stärker an den Verbraucherwünschen zu orientieren. „Die Bundesregierung sollte die Gründung einer institutionellen Fahrgastvertretung fördern, die mittels unabhängiger Qualitätsberichte den zielgenauen Mitteleinsatz überprüft“, schlug die vzbv-Expertin vor. (afp/sua)
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