Unstatistik des Monats: Höchster Anstieg der Treibhausgasemissionen seit 1990
Die Unstatistik des Monats August ist die Meldung des Thinktanks Agora Energiewende, wonach Deutschland im Jahr 2021 vor dem höchsten Anstieg der Treibhausgasemissionen seit 1990 stehe.
Diese Meldung wurde unter anderem auf Twitter, in Tageszeitungen („Westfälischer Anzeiger“, „Merkur“) sowie in der WDR-Sendung „Hart aber Fair“ unkritisch aufgenommen.
Starker Anstieg nach starkem Rückgang
Faktisch ist die Aussage zwar richtig, dass die Hochrechnungen von Agora Energiewende nahelegen, dass die Treibhausgasemissionen im Jahr 2021 zwischen 20 und 73 Millionen Tonnen gegenüber den 739 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten im Jahr 2020 ansteigen werden. Das ist ein Anstieg um 2,7 bis 9,9 Prozent.
Dies müsse jedoch vor dem Hintergrund des Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr gesehen werden, schreibt Prof. Dr. Thomas K. Bauer vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Nur dadurch kam es 2020 zum stärksten Rückgang der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Vorjahr seit 1990.
Wie der „Merkur“ unter Berufung auf das Umweltministerium berichtete, „war der CO2-Ausstoß allein 2020 um 8,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen“. Insofern ist der diesjährige Anstieg der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2020 im Zusammenhang gesehen wenig spektakulär. Gegebenenfalls kommen 2021 weniger Emissionen zusammen als vor der Corona-Krise im Jahr 2019.
Eine ähnliche Entwicklung gab es bereits während der letzten Finanzmarktkrise. So beobachtete man im Krisenjahr 2009 den bisher stärksten Rückgang der Treibhausgasemissionen gefolgt vom bisher stärksten Anstieg der Emissionen im Jahr 2010.
Minderung der Treibhausgasemissionen erreicht?
Vor dem Hintergrund der Klimaziele der Bundesregierung ist der Blick auf jährliche Wachstumsraten der Treibhausgasemissionen daher wenig sinnvoll. Die Klimaziele werden als Minderung der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Referenzjahr 1990 definiert.
Das Ziel, die Treibhausgasemissionen im Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 um mindestens 40 Prozent zu senken, wurde zwar erreicht, aber eben nur aufgrund der mit der Corona-Krise einhergehenden geringeren Wirtschaftstätigkeit und Mobilität. Ohne diese Krise hätte man das Ziel aller Wahrscheinlichkeit nach verfehlt.
In diesem Jahr schwenke man wieder in den „normalen“ Trendverlauf der CO2-Emissionen ein. Die Treibhausgasemissionen nehmen im mittleren Szenario von Agora Energiewende zwar ab, sie liegen jedoch nach wie vor über den Einsparungszielen der Bundesregierung. Insofern besteht weiterhin erheblicher Handlungsbedarf, wenn man das Ziel einer Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 erreichen möchte. „Sensationsmeldungen aufgrund krisenbedingter Schwankungen helfen dabei jedoch nicht“, schließt das RWI. (ts)
(Mit Material des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung)
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