Habeck warnt vor Fehlinvestitionen in fossile Infrastruktur

Soll die Förderbank KfW fossile Energieprojekte im Ausland unterstützen? Die Bundesregierung sucht noch nach einer Antwort. Der Wirtschaftsminister hat für sich schon eine.
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) gibt der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ein Interview.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Gespräch mit der dpa.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 4. Januar 2023

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Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck warnt vor weitreichenden Investitionen in fossile Energien im Ausland. „Aus meiner Sicht sollten wir nicht in fossile Infrastrukturen investieren, die wir später nicht mehr brauchen und die dann zu Fehlinvestitionen werden“, sagte der Grünen-Politiker der „Deutschen Presse-Agentur“ in Berlin. „Da gibt es noch keine abschließende gemeinsame Meinungsbildung in der Regierung.“

Hintergrund ist die anstehende Neufassung einer Richtlinie der staatlichen Förderbank KfW. Es geht dabei um die Frage, ob die KfW auch Projekte im Ausland finanzieren kann, die fossile Infrastruktur umfassen. Zum Beispiel Leitungen für Öl oder Gas. „Die KfW hat eine Förderrichtlinie, die auf das 1,5-Grad-Ziel ausgerichtet ist“, sagte Habeck. „Hier soll jetzt nachgearbeitet werden.“

Klimaabstriche im Sinne der Energieversorgung

Die KfW hat Richtlinien für Finanzierungen in verschiedenen Sektoren wie zum Beispiel Schifffahrt sowie Eisen- und Stahlerzeugung. Diskussionsbedarf gibt es noch beim Bereich Öl und Gas. Klimaschützer fürchten, dass dabei Abstriche im Sinne der Energieversorgung gemacht werden. Damit werde dann vom vereinbarten Ziel beim Pariser Klimaabkommen (2015) abgewichen, das vorsieht, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit deutlich unter zwei Grad halten, möglichst aber bereits bei 1,5 Grad zu stoppen.

Die neue Richtlinie könnte auch für ein Projekt im Senegal relevant sein: Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte dem kleinen Land in Westafrika im Mai 2022 Unterstützung bei der Erschließung eines Gasfeldes vor der Küste versprochen. Dies könnte zumindest einen Teil der Lücke füllen, die durch das fehlende Gas aus Russland entstanden ist.

„Die Frage ist: Finanzieren wir für den Eigenbedarf Erdgas- oder Erdölfelder? Und da müssen wir uns an die selbstgesetzten Klimaschutzziele halten“, sagte Habeck. „Die Verpflichtungen, die wir bei G7- und Klimaschutzgipfeln eingegangen sind, besagen, dass wir nicht mehr in fossile Energie-Infrastrukturen für den Import nach Europa investieren. Dazu haben wir uns verpflichtet, und das gilt.“

Auf Zukunftstechnologien setzen

Bei der Klimakonferenz im vergangenen Jahr in Glasgow hatten Deutschland und andere Staaten vereinbart, bis Ende 2022 kein weiteres öffentliches Geld in fossile Energieprojekte in anderen Ländern zu stecken. Ausnahme bildeten begrenzte und „klar definierte“ Umstände, die im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen stehen.

Wenn andere Länder Gas für den Eigenbedarf produzierten wollten oder müssten, würde er auch afrikanischen Ländern immer raten, besser auf Zukunftstechnologien zu setzen, sagte Habeck. „Aber nachdem wir – die nordwestliche Hemisphäre – unseren Reichtum auf der Verbrennung von fossilen Energien aufgebaut haben, darf man natürlich auch nicht irgendetwas verbieten. Ehemalige Kolonialmächte, die sagen, ,bitte bleibt arm und klimaneutral‘, das geht nicht.“ Er würde aber zur Energieproduktion mit erneuerbarem Wasserstoff raten. „Das ist die Zukunft.“

Habeck war vor Kurzem mit dem Ziel in Namibia, ein großes Wasserstoffprojekt voranzutreiben. Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger bei der Umstellung auf klimafreundlicheres Wirtschaften.

Kritik an deutschen Plänen

Kritik an diesen Plänen äußerte das Nachrichtenportal „Tichys Einblick“. Die Elektrifizierungsrate Namibias liege bei 38 Prozent. Das Land sei nicht annähernd in der Lage, seinen eigenen Strombedarf zu decken. Es stelle sich also die Frage, ob Namibia den Strom zur Produktion von grünem Wasserstoff für Deutschland oder für die Versorgung des eigenen Landes nutzen solle. Die komplette Infrastruktur – inklusive Tiefseehafen – müsse gebaut werden. Finanzieren will die deutsche Regierung das mit Steuergeldern. Es sei nicht auszuschließen, dass der Hafen eines Tages von chinesischen Schiffen, die Erdgas und Erdöl von Namibia nach China transportieren, oder vom kanadischen Unternehmen „Namibia Rare Earths“, das seltene Erden abbaut, genutzt wird.

600 Windräder im Nationalpark

„Grün“ wäre der Wasserstoff, der in Namibia produziert werden würde, ohnehin nicht. Das Projekt namens „Hypophen“ sehe vor, einen Windpark und zwei Photovoltaikfelder im Nationalpark Tsau Khaeb zu errichten. Auf einem Streifen von 100 Kilometer Länge und 80 Kilometer Breite sollen 600 Windturbinen und zwei Photovoltaikfelder entstehen.

Chris Brown, Chef der Namibian Chamber of Environment, warnt vor den ökologischen Folgen für den Nationalpark Tsau Khaeb: „Wir finden es auch ironisch, dass Deutschland aufgrund seiner unglücklichen Energiepolitik, dem Ausstieg aus der Kernenergie, der Entwicklung einer übermäßigen Abhängigkeit von Russland und der schleppenden Dekarbonisierung seiner Energiesysteme bereit ist, Namibia für die Zerstörung global wichtiger Ökosysteme und der biologischen Vielfalt zu bezahlen, anstatt die Probleme zu Hause und in der EU anzugehen.“ Das Gebiet würde auf zwei Prozent der Landesfläche 20 Prozent der Pflanzenarten Namibias beherbergen. Einige kämen nur dort vor. Für die Vogelwelt würde die Entscheidung, die Anlage im Nationalpark zu errichten, eine Katastrophe bedeuten.

Sechs Monate alte Firma erhält Großauftrag

Patrick Schneider von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Namibia schreibt mit Blick auf Habecks Projekt im „IPG-Journal“: „Eine Vielzahl von Korruptionsskandalen und Unregelmäßigkeiten im Zusammenspiel von staatlichen Behörden und multinationalen Unternehmen, insbesondere im Rohstoffsektor, hat in jüngster Vergangenheit dazu beigetragen, dass das Vertrauen in politische Versprechen des sozio-ökonomischen Nutzens derartiger Projekte für die breite Bevölkerung abgenommen hat.“

McHenry Venaani, der Chef der größten Oppositionspartei des Landes, der Popular Democratic Movement (PDM), fragt: „Wie ist es möglich, dass eine sechs Monate alte Firma ohne jegliche Erfolgsbilanz den größten Regierungsauftrag in der Geschichte unseres Landes erhält?“ Gemeint ist Hyphen Hydrogen Energy (Pty) Ltd. Es handelt sich um ein Joint Venture zwischen Nicholas Holdings Limited und Enertrag South Africa (Pty) Ltd, das eigens für die Entwicklung von grünen Wasserstoffprojekten in Namibia gegründet wurde. Die Enertrag South Africa (Pty) Ltd ist wiederum eine Tochter der deutschen ENERTRAG SE, die im brandenburgischen Schenkenberg-Dauerthal sitzt.



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