Gegen „Greenwashing“: EU plant neue Richtlinie zur Werbung mit Umweltaussagen
Im Zeichen des woken Kapitalismus versuchen viele Unternehmen, sich in der Öffentlichkeit mit entsprechenden Bekenntnissen zu schmücken. Neben Regenbogenfahnen stehen dabei insbesondere Angaben zur ESG-Konformität der eigenen Produkte hoch im Kurs. Doch die EU scheint einigen Darstellungen in Sachen Umweltfreundlichkeit nicht zu trauen. Nun will die Kommission in Brüssel mit einer Richtlinie gegen sogenanntes Greenwashing vorgehen.
„Wildwuchs von Zeichen und Siegeln“ als Indiz für „Greenwashing“
Darunter versteht man unbewiesene oder irreführende Aussagen über die ökologische Nachhaltigkeit eigener Produkte oder Dienstleistungen. Diese seien geeignet, umweltsensible Verbraucher zu Kaufentscheidungen zu verleiten, die nicht in deren Sinne wären.
Der für den „Green Deal“ zuständige Exekutivpräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, beklagt die fehlende Nachweisbarkeit vieler Aussagen. Diese reichten von der Bienenfreundlichkeit von Säften bis hin zur CO₂-Kompensation im Versandhandel. Das sogenannte Greenwashing benachteilige Unternehmen, die tatsächlich nachhaltig wirtschafteten, und verunsichere Verbraucher:
Viele Europäerinnen und Europäer wollen durch ihr Kaufverhalten zu einer nachhaltigeren Welt beitragen. Wir müssen dafür sorgen, dass sie den Umweltaussagen vertrauen können.“
Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius weist auf 230 unterschiedliche Umweltzeichen oder Zertifikate hin. Dieser „Wildwuchs von Zeichen und Siegeln“ sei ein Hinweis auf weit verbreitetes Greenwashing.
Bei der Bewertung ist gesamter Produktzyklus zu betrachten
Eine Studie der EU-Kommission aus dem Jahr 2020 hatte zum Ergebnis, dass 53,3 Prozent der geprüften Umweltaussagen „vage, irreführend oder unfundiert“ gewesen seien. Für vier von zehn habe es keinerlei Belege gegeben. Es gebe bis dato jedoch auch keine einheitlichen und gemeinsamen Standards für die „Green Claims“. Der aktuelle Vorstoß soll EU-weit einheitliche Regelungen zu umweltbezogenen Werbeaussagen schaffen.
Wie Rechtsanwältin Alina Alavi Kia im „Standard“ ausführt, sollen Unternehmen künftig eigene Aussagen über die eigene Umweltfreundlichkeit belegen müssen. Nachhaltigkeitsaussagen sollen sich dabei bezogen auf den gesamten Produktzyklus verifizieren lassen – einzelne Aspekte sollen nicht ausreichen.
Damit will man offenbar Praktiken wie jene von Danone im Zusammenhang mit der Verpackung von „Activia“-Jogurt entgegenwirken. Die „Deutsche Umwelthilfe“ (DUH) hat das Unternehmen abgemahnt, weil es mit Aussagen über seine Verpackung „Greenwashing“ betrieben habe.
Man habe die Verpackung aus dem „Biokunststoff Polymilchsäure (PLA)“ als besonders umweltfreundlich angepriesen. Allerdings gelte dies bislang nur in der Theorie, weil es im Rahmen des Grünen Punktes noch keine Sortiergruppe für diesen Kunststoff gebe. Deshalb werde der Becher derzeit auch nicht recycelt, sondern verbrannt.
Prüfstelle für jedes Mitgliedsland vorgesehen
Unternehmen sollen künftig auch pauschale Umweltaussagen wie „umweltfreundlich“, „CO₂-neutral“ oder „biologisch abbaubar“ nur noch eingeschränkt verwenden dürfen. Aussagen zur Umweltfreundlichkeit eigener Produkte sollen sie in einer Weise belegen, die Verbraucher mittels QR-Codes einsehen können. Für vergleichende Werbung sollen die Standards noch strenger sein.
Öffentliche Kennzeichnungssysteme und Zertifikate sollen nur noch Verwendung finden, wenn diese auf EU-Ebene entwickelt worden seien. Private müssten ihren Mehrwert nachweisen. Die Transparenzanforderungen sollen in jedem dieser Fälle steigen.
Zwar ist irreführende Werbung schon jetzt nach geltendem Wettbewerbsrecht untersagt, das Nachweisrisiko bezüglich der Neigung zur Irreführung trägt jedoch der Kläger. Beim Vorgehen der EU gegen „Greenwashing“ soll hingegen jedes Mitgliedsland eine eigene Prüfstelle bezüglich der „Green Claims“ einrichten. Sanktionen für Verstöße sollen von Geldbußen über den Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen bis hin zur Gewinnabschöpfung reichen.
BaFin besonders scharf gegen „Greenwashing“ im Finanzbereich
Die deutsche Finanzaufsicht BaFin will besonders scharf gegen „Greenwashing“ im Bereich von Finanzprodukten vorgehen. Einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ zufolge kündigte deren Chef Mark Branson an, man gehe „entschlossen dagegen vor“. Greenwashing zerstöre Vertrauen, äußerte er jüngst auf einem Bundesbank-Symposium in Frankfurt am Main.
„Wir alle wissen: Grün ist nicht gleich grün, es ist viel komplexer“, betonte Branson. Die Kategorien, die es nach derzeitigem Stand gebe, ermöglichten keine ausreichend klare Kennzeichnung. Anleger könnten demnach nicht eindeutig erkennen, inwieweit ein Produkt tatsächlich ESG-Kriterien genüge.
Branson erklärt in diesem Zusammenhang, es müsse etwa klar erkennbar sein, ob ein Finanzprodukt „Werte mit Atom- oder Gasbezug“ aufweise. Aus seiner Sicht stellt Kernkraft offenbar ein Ausschlusskriterium in Sachen „Nachhaltigkeit“ dar.
Die geltende Rechtslage sagt hingegen das genaue Gegenteil: Gemäß der 2022 beschlossenen Taxonomie gilt nicht nur Kernkraft, sondern für eine Übergangszeit auch Gas als „nachhaltige“ Energiequelle.
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