Europäisches Gericht prüft Verbot von Unkrautgift wegen Bienensterben – Chemieriesen wollen Schadenersatz
Das Europäische Gericht erster Instanz prüft von Mittwoch bis Freitag in Luxemburg, ob die EU-Kommission 2013 den Einsatz bestimmter Pestizide teilweise verbieten durfte, weil sie Bienen massenhaft schädigten.
Für beide Seiten geht es um viel: Die deutschen Chemieriesen Bayer und BASF sowie Syngenta aus der Schweiz drohen mit Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe. Imker und Umweltschützer fürchten dagegen einen Ausverkauf der Natur.
Anlass des Verfahrens war ein Unfall bei der Aussaat von Mais im Jahr 2008 in Baden-Württemberg. Maiskörner waren mit einem Bayer-Pestizid aus der Wirkstoffgruppe der sogenannten Neonicotinoide behandelt worden. Doch weil das Insektengift nicht richtig an den Maiskörnern haftete, wurde giftiger Staub vom Wind verteilt – und die Imker in der Region klagten bald über eines der schlimmsten Bienensterben seit Jahrzehnten.
Nachdem ein Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) dann der EU-Kommission zufolge bestätigte, dass „diese Pflanzenschutzmittel die europäische Population der Honigbienen gefährden“, zog die Kommission die Reißleine und erließ EU-weite Beschränkungen. Tonio Borg, damals EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherpolitik, bezeichnete die von ihm auf den Weg gebrachten Beschränkungen im Mai 2013 als einen „weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Sicherstellung einer gesünderen Zukunft für unsere Honigbienen“.
Das Gericht muss nun prüfen, ob die Kommissionsverordnung womöglich auf rechtlich tönernen Füßen steht: Immerhin hatten die Hersteller zuvor eine Zulassung für ihre Pestizide erhalten und im Vertrauen darauf in ihre Produktion investiert. Dieser Vertrauensschutz wiegt rechtlich schwer.
Ob sich das Gericht nun auf die Seite der Chemiekonzerne schlägt und ihnen Schadenersatz in Milliardenhöhe zubilligt oder der EU künftig das Recht einräumt, zugelassene Produkte nachträglich aus Umweltschutzgründen verbieten zu können: Für beide Seiten geht es grundsätzlich um so viel, dass der Fall vermutlich erst von der oberen Instanz, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), entschieden werden dürfte. Doch dieser Weg dauert. In der Regel vergehen von der mündlichen Verhandlung vor der unteren Instanz über das Einlegen von Rechtsmitteln bis hin zum endgültigen Urteil des EuGH knapp zwei Jahre. (afp)
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