Das grüne Internet, eine notwendige Vision
Seit der Strommarktliberalisierung im Jahre 1998 kann in Deutschland jeder Ökostrom beziehen. Auch erfährt die dezentrale Erzeugung und Einspeisung von erneuerbaren Energien in Deutschland derzeit einen Boom, der die Erwartungen weit übertroffen hat und zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor wird. Allerdings gibt es eine Sache, die auch in den ökologischsten Haushalten und Unternehmen bis vor kurzem kaum, beziehungsweise immer noch nicht mit Ökostrom zu bekommen war: Internetzugänge und Webseiten!
Ende der 1990er Jahre entstand in Kalifornien die erste Firma, bei der man seine Webseite mit Ökostrom betreiben lassen kann, ab 2003 folgten schließlich weitere Anbieter in Deutschland. Inzwischen findet man in den meisten westlichen Industrienationen mindestens eine handvoll solcher Anbieter. Allerdings erst seit 2007 gibt es in Deutschland professionelle Webhosting-Anbieter welche diese Dienstleistung zu marktfähigen Preisen anbieten. Dennoch muss man über den Daumen gepeilt immer noch mindestens mit dem doppelten Preis gegenüber normalem Webhosting rechnen. Allerdings wird der höhere Preis wie in der Ökobranche üblich bei guten Anbieter oft durch exzellenten Service beziehungsweise weitere Nachhaltigkeitsmaßnahmen überkompensiert.
Seit 2005 bemüht sich die Initiative ecologee.net darum, diese Situation weiter zu verbessern und das Nachhaltigkeits-Bewusstsein von Endkunden und IT-Dienstleistern zu schärfen. Ecologee.net versucht Rechenzentrumsbetreiber, Webhoster und auch so genannte Carrier, also die Firmen die für die Datenübertragung im Internet zuständig sind, zusammenzubringen und ein vollständig grünes Internet auf Basis dezentraler erneuerbarer Energien zu schaffen.
Stromverbrauch des Internets nicht unerheblich
Der Stromverbrauch für Internet und Kommunikation ist nach verschiedenen unabhängigen Studien durchaus beträchtlich und unterliegt einem starken Wachstum. So spricht eine Studie des Wuppertal-Instituts aus dem Jahre 2005 von einem Verbrauch der Leistung zweier Kernkraftwerke in Deutschland allein für Internet und Kommunikation (Telefone, Handys etc.). Vor dem Hintergrund der vielen klimaschädlichen Kohlekraftwerke und des geplanten Atomausstiegs ein Unding. Insbesondere haben die meisten Rechenzentren starken Aufholbedarf bezüglich Nachhaltigkeit. Nach Studien scheitern bereits 25 Prozent aller Rechenzentrumsneubauten im geplanten Umfang an unzureichender Energieversorgung am vorgesehenen Standort und in naher Zukunft werden die langfristigen Energiekosten unter Umständen die Baukosten eines Rechenzentrums übersteigen.
Auch besteht beim Betrieb eines Rechenzentrums ein hoher Kühlbedarf, beziehungsweise es entstehen große Mengen an Abwärme, die fast immer ungenutzt bleiben. In den USA gibt es bereits einige Rechenzentren, die viel versprechende Zukunftskonzepte aufzeigen: zum Beispiel Kühlung mittels Regenwasser, Tiefenwasser oder über so genannte Solarabsorber. Letzteres ist vorteilhaft, da gerade an sonnenreichen und warmen Tagen ein erhöhter Kühlbedarf besteht, wenn die solaren Absorbtionskühlanlagen ihre höchste Kühlleistung erbringen.
Innovative Entwicklungen und rasche Umsetzung notwendig
Die Forschung ist natürlich weiter gefordert und auch am Ball. Man arbeitet daran, effizientere Computer und Prozessoren zu schaffen, die weit weniger Strom verbrauchen und Abwärme entstehen lassen als es bei heutigen Technologien der Fall ist. Außerdem sind innovative Energiespeicherformen gefragt, um kurzfristige Verbrauchschwankungen auszugleichen und Totalausfälle zu vermeiden. Bisher werden Rechenzentren meist durch Dieselgeneratoren und Batterien vor Totalausfall geschützt, neue und vor allem ökologischere Techniken umfassen hier Schwungradspeicher oder Druckluftspeicher. Leider sind die meisten Rechenzentren für lange Nutzungszeiträume – mindestens 15 bis 20 Jahre – ausgelegt und deren Umrüstung ist aufwendig und teuer, so dass nur allmählich, beziehungsweise gesteuert durch den Kundenwillen und die Politik, eine Umrüstung stattfindet.
Natürlich gibt es auch Länder, die schon immer fast ausschließlich 100 Prozent Ökostrom verwenden und in denen das Internet so per se mit Ökostrom läuft. Als Beispiele seien Island und Norwegen genannt. Leider sind dies selten Länder, die global betrachtet eine bedeutende Rolle im Internet spielen. In den großen Industrienationen, wie den USA, Deutschland, Japan, Frankreich, China oder Australien muss das Internet erst noch begrünt werden. Allein die amerikanischen Rechenzentren verbrauchen derzeit 45 Milliarden Kilowattstunden, was 1,2 Prozent des nationalen Stromverbrauchs entspreche, schreibt Teleopolis. Nach einer Studie der IT-Beratungsfirma Gartner verursachen alle Rechenzentren zusammen inzwischen soviel CO2 wie der weltweite Flugverkehr. Weniger als eine handvoll Anbieter weltweit bieten derweil Internetzugänge auf Ökostrom-Basis an. Und welchen Weg die Daten von der Webseite bis nach Hause zum eigenen PC nehmen ist aufgrund der Technik des Internets selbst dann noch nicht bestimmbar. Es kann gut sein, dass die Datenpakete ein Netz mit hohem Kohle- oder Atomstromanteil durchlaufen.
Ein weiteres Problem ist die mangelnde Transparenz der Anbieter und die Umsetzung des grünen Internets. Viele Anbieter verwenden gar keinen Ökostrom oder haben kein Rechenzentrum, das aus erneuerbaren Energien gespeist wird, sondern tätigen stattdessen einfach Ausgleichsinvestitionen – schlechtestenfalls durch Kauf von Emissionszertifikaten. Solche Anbieter sollte der Endkunde meiden, denn ein nachhaltiges Internet kann nur entstehen, wenn der Strom tatsächlich erneuerbar erzeugt wird und sich so ein wirklicher Technikwandel vollzieht. Eine Liste von guten Webhosting-Anbietern, sowie viele Informationen zu diesem Thema lassen sich bei www.ecologee.net im Internet finden.
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