Das Ende von Fast Fashion?

Eine Ökodesign-Verordnung soll Verbraucher vor schädlichen Materialien in Produkten schützen. Sowohl für Produzenten als auch Verbraucher würde die Verordnung einen Wandel mit sich bringen.
Fast Fashion bald ade?
Eine Ökodesign-Verordnung soll Verbraucher vor schädlichen Materialien in Produkten schützen. Dies bringt einen Wandel für Fast-Fashion und Käufer mit sich.Foto: iStock
Von 18. Juli 2022

Die Bekleidungsproduktion hat sich von 2000 bis 2014 verdoppelt, Bekleidungsgeschäfte verkaufen bis zu 60 Prozent mehr. Die „Fast Fashion“ ist beliebt für günstige Preise und trendige Stiles. Zara beispielsweise bietet bis zu 24 Kleidungskollektionen jedes Jahr an, H&M bietet bis zu 16 an. Verbraucher werfen ihre Kleidung teilweise nach sieben Verwendungen weg. Burberry verbrennt jährlich mehrere Tonnen überschüssiger Kleidung.

Die Fast Fashion steht zum einen wegen der übermäßigen Produktion in Kritik. Zum anderen wird Fast Fashion häufig wegen der Verwendung synthetischer Stoffe wie Polyester und Nylon beanstandet. Die Kleidung kann nur bedingt recycelt werden und bei der Entsorgung gelangt Mikroplastik ins Wasser.

Die Europäische Union (EU) möchte der Fast Fashion entgegentreten und leitet einen Wandel für Verbraucher und Herstellern der Mode- und Technikindustrie ein. Die EU-Kommission stellte im vergangenen März eine Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR) (Ecodesign for Sustainable Products Regulation) vor. Der Handel von Fast-Fashion könnte mit der Verordnung erschwert werden, die Nachhaltigkeit von Produkten soll insgesamt vorangetrieben werden.

Ökodesign-Verordnung

Mit der Verordnung sollen Anforderungen an die Herstellung von Produkten festgestellt werden, die das Wohlergehen der Bürger steigern, Ressourcen und Materialien verbessern und nachhaltiges Wachstum sicherstellen. Damit die EU den Übergang zu einer ressourceneffizienten, klimaneutralen und schadstofffreien Kreislaufwirtschaft erfolgreich vollziehen und ihre Energie- und Ressourcenabhängigkeit verringern könne, brauche es dringend einen neuen Ansatz für die Art und Weise, wie Produkte entworfen, hergestellt und verwendet werden, so die Kommission.

Laut Kommission könne das Wirtschaftswachstum von der Nutzung natürlicher Ressourcen und der Umweltzerstörung abgekoppelt werden, „indem wir dafür sorgen, dass Produkte weniger Energie verbrauchen, dass sie effizienter und länger genutzt werden, dass wir auf recycelte Materialien anstelle von Primärrohstoffen zurückgreifen und indem wir zukunftsweisende Kreislaufwirtschaftsmodelle verbreiten“. Somit könne eine Klimaneutralität bis 2050 erreicht werden.

Nachhaltige Produkte zur Norm machen

Als erstes Ziel sollen nachhaltige, kreislauforientierte und energiebetriebene Produkte entwickelt werden. Die Ökodesign-Anforderungen beinhalten unter anderem Produkthaltbarkeit, Zuverlässigkeit, Wiederverwendbarkeit, Wiederaufbereitung und Recycling von Produkten und Materialien, Abfallvermeidung und -verringerung, einschließlich Verpackungsabfall, Mindestgehalt an recyceltem Material in Produkten und Dokumentation der Umweltauswirkungen von Produkten während ihres gesamten Lebenszyklus, einschließlich ihres Kohlenstoff- und Umweltfußabdrucks.

Digitale Produktpässe

Zudem soll mit der Ökodesign-Verordnung ein Rahmen für die Festlegung von Anforderungen zur Bereitstellung von Informationen über die ökologische Nachhaltigkeit von Produkten geschaffen werden. „Je nach betroffenem Produkt können dazu Informationen über den Energieverbrauch, den Recyclinggehalt, das Vorhandensein bedenklicher Stoffe, die Haltbarkeit, die Reparierbarkeit, einschließlich einer Reparierbarkeitsbewertung, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und die Recyclingfähigkeit gehören.“

Alle Produkte, die unter die Ökodesign-Verordnung fallen, sollen digitale Produktpässe haben. Somit soll ermöglicht werden, die Produkte zu kennzeichnen, zu identifizieren, und mit Daten zu verknüpfen, die für ihre Zirkularität und Nachhaltigkeit relevant sind.

„Der Zerstörung unverkaufter Konsumgüter Einhalt gebieten“

Mit der Ökodesign-Verordnung soll zudem die Zerstörung unverkaufter Konsumgüter verhindert und beendet werden. Die Kommission schreibt: „In einem ersten Schritt müssen große Unternehmen, die sich unverkaufter Produkte entledigen, die Menge der von ihnen pro Jahr weggeworfenen Produkte offenlegen, die Gründe für die weggeworfenen Mengen angeben und Informationen über die Menge der weggeworfenen Produkte liefern, die zur Wiederverwendung, zur Wiederaufarbeitung, zum Recycling, zur energetischen Verwertung und zur Beseitigung im Einklang mit der Abfallhierarchie weitergeleitet werden. Die Verordnung wird auch die Möglichkeit vorsehen, die Vernichtung unverkaufter Produkte je nach den zu regelnden Produktkategorien ganz zu verbieten.“

Förderung und Beschaffung nachhaltigerer Produkte

Anreize von Mitgliedstaaten könnten zusätzlich eine größere Rolle spielen, damit sich Unternehmen und Verbraucher für ökologisch nachhaltige Produkte entscheiden, so die Kommission. „Die Kommission hat bereits mehrere Kriterien für ein umweltfreundliches öffentliches Beschaffungswesen entwickelt, deren Wirkung jedoch begrenzt bleibt, da ihre Anwendung derzeit freiwillig ist.“, so die Kommission. Mit der Ökodesign-Verordnung könne die Nachfrage nach ökologisch nachhaltigen Produkten angekurbelt werden, indem verbindliche Kriterien für die öffentliche Beschaffung der Produkte festgelegt werden.

„Dies bedeutet, dass die öffentlichen Auftraggeber verpflichtet wären, bei der Beschaffung bestimmter Produktgruppen ökologische Beschaffungskriterien anzuwenden. Darüber hinaus können die von den Mitgliedstaaten gewährten Anreize durch Anforderungen an die ökologische Nachhaltigkeit der Produkte, auf die sich diese Anreize beziehen, verstärkt werden.“, heißt es in dem Vorschlag.

Der vollständige Vorschlag wird voraussichtlich Ende 2023 fertiggestellt, 2024 soll das EU-Parlament über die Ökodesign-Verordnung verhandeln.

Kleidung und Mikroplastik

Die Entsorgung der nicht getragenen Kleidung stellt ein enormes Problem dar. Allein in Chile landen jährlich 59.000 Tonnen Kleidung, die in den USA und Europa nicht verkauft wurden. 39.000 Tonnen finden sich in Chiles Mülldeponien in der Wüste.

Fast Fashion besteht meist aus einem Mischgewebe verschiedener synthetischer Stoffe, wodurch die Kleidung nur schwer recycelt werden kann. Sowohl bei der Verbrennung von Kleidung, als auch beim Waschen wird Mikroplastik freigesetzt. Forscher berichten sogar, dass Mikroplastik auf dem Mount Everest in 8.440 Metern Höhe gefunden wurde. Es stammt vermutlich von der Bekleidung und Ausrüstung der Bergsteiger.

China und Bangladesch sind mit einem Wert der eingeführten Ware bis zu 7,84 Millionen Euro die größten Kleidungsimporteure Deutschlands. Sofern die EU die Ökodesign-Verordnung durchbringt, dürften die Änderungen auch das Ausland in der Produktion von Kleidung beeinflussen.

Greenwashing-Vorwürfe durch Ökodesign-Verordnung

Kritiker der Verordnung befürchten, dass die Produktionskosten durch die Anforderungen an dem Anteil an recyceltem Material um bis zu 50 Prozent erhöht werden. Zudem seien digitale Produktpässe für Rückverfolgbarkeitsansprüche leicht zu fälschen. Die Motive der EU hinter der Verordnung werden außerdem hinterfragt und Kritiker haben die Vermutung, dass es sich um einen versteckten Zoll oder eine Form vom „Greenwashing“ handele. Greenwashing würde bedeuten, dass die EU grünes Marketing als Täuschung verwendet, um die Öffentlichkeit von ihren umweltfreundlichen Zielen und ihrer grünen Politik zu überzeugen.

Einige Unternehmen setzten sich schon jetzt für die Weiterentwicklung nachhaltiger Kleidung ein. Bei H&M beispielsweise können Kunden alte Kleidung gegen einen Rabatt für ihren nächsten Einkauf eintauschen. Zudem bieten einige Bekleidungsgeschäfte Kleidung aus recycelten Materialien an. In Deutschland arbeitet unter anderem der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie für die ökologische Weiterentwicklung von Stoffen und Garnen.



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