„Aufpassen, dass die schöne Energiewende nicht am Rohstoffmangel scheitert“
Stark steigende Rohstoffpreise gefährden nach Ansicht des Chefs des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Karl Lichtblau, den geplanten weltweiten Übergang zu kohlendioxidfreier Stromerzeugung. „Wir müssen aufpassen, dass unsere schöne Energiewende nicht am Rohstoffmangel scheitert“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Sonntagausgaben). Der Kölner Ökonom sieht bei 22 chemischen Elementen Probleme und verwies unter anderem auf Knappheit bei Kupfer, Platin und Lithium.
Kupfer wird für Windräder benötigt, Platin für die Wasserstofferzeugung, Lithium für die Batterieproduktion. Der globale Chefstratege des US-Investmenthauses Morgan Stanley, Ruchir Sharma, sprach gegenüber dem RND von „Greenflation“, einer Teuerungswelle durch die Energiewende: „Steigende Nachfrage und sinkendes Angebot werden die Preise weiter nach oben schießen lassen.“
Die ökonomischen Effekte könnten in den kommenden Jahren die gesamte weltweite Klimapolitik entgleisen lassen. Das Problem von „Greenflation“ liege nicht allein im aktuellen Anstieg der Rohstoffpreise, so Sharma. Hinzu komme, dass zugleich neue umweltpolitische Vorgaben die künftige Produktion etwa von Kupfer und Aluminium auf Dauer erschwerten. Dies alles könne kohlendioxidfreien Strom unterm Strich deutlich teurer machen als bisher gedacht.
Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel warnte gegenüber dem RND vor den sozialpolitischen Folgen: „Die Greenflation kann noch erhebliche Probleme aufwerfen.“ Hickel verwies auf eine Addition von marktbedingten und politisch gewollten Preissteigerungen, die am Ende vor allem Geringverdiener und Transferbezieher belasten könnten. Die Gesamtwirkung dieser Preissteigerungen sei in Berlin „noch nicht hinreichend analysiert worden“.
„Ich habe die große Sorge, dass es am Ende an der nötigen Akzeptanz fehlen wird – und dann das gesamte Projekt politisch scheitert“, sagte Hickel. Nötig seien ein umfassender Sozialausgleich, der die gesamte Energiewende begleitet – und an dem jetzt dringend gearbeitet werden müsse. An dieser Stelle sei der Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen völlig unzureichend. (dts/oz)
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