Asien will nicht zur „Müllkippe der Welt“ werden – Malaysia und Vietnam schicken Müll zurück

Plastikabfall aus den großen Industrienationen - auch aus Deutschland - landet oft in anderen Ländern. Derzeit vor allem in Südostasien. Das wollen sich dort nicht mehr alle gefallen lassen. Malaysia und andere schicken den Dreck nun zurück.
Titelbild
Ein Container mit Kunststoffabfällen aus Australien wird in Port Klang (Malaysia) gelagert.Foto: Vincent Thian/AP/dpa
Epoch Times6. Juni 2019

Nachts ist der Gestank in Sungai Petani immer besonders schlimm. Nachts, wenn rund um die Stadt in Malaysias Norden die illegalen Müllverbrennungsanlagen wieder ihre Öfen hochfahren, damit niemand so genau sieht, was für ein Dreck oben herauskommt.

Wenn der Tag anbricht, haben sich die schwarzen Wolken meist wieder verzogen und auch ein Teil des Gestanks. Der säuerliche Geruch der vielen wilden Abfallhalden hier in der Gegend ist dann allerdings immer noch da.

In Sungai Petani, fast an der Grenze zu Thailand, und in anderen Gegenden Malaysias lagert nicht nur Plastikabfall aus der näheren Region.

Hier finden sich bergeweise auch Kunststoffreste aus Ländern, die sehr weit entfernt sind: aus der Europäischen Union, Kanada und den USA; es sind Plastikbecher ebenso wie Wasserflaschen und Kondomverpackungen.

Seit China seine Grenzen für praktisch alle verunreinigten Kunststoffreste vergangenes Jahr dicht gemacht hat, sind Länder wie Malaysia das neue Ziel.

Allein aus Deutschland kamen 2018 nach vorläufigen Zahlen des Umweltbundesamtes etwa 130.000 Tonnen mehr oder weniger sortierter Plastikabfall in das südostasiatische Land. 2017 waren es erst 75.000 Tonnen gewesen. Nach Vietnam gingen 57.000, nach Indonesien 64.000, nach Indien 68.000 und nach Hongkong 73.000 Tonnen.

Mülltourismus im großen Maßstab

Die vermeintlich so umweltbewussten Deutschen produzieren nicht nur mehr Müll als die meisten anderen EU-Bürger. Aus der Bundesrepublik wird Abfall auch in großem Stil exportiert.

Es ist Mülltourismus im globalen Maßstab: Aus den Tonnen, aus dem Sinn – ein enormes Geschäft. Jetzt allerdings wollen manche der ärmeren Staaten, die schon die eigenen Müllprobleme nicht in den Griff bekommen, nicht länger mitmachen. Sie schicken illegalen Abfall zurück.

Malaysia ist dabei eine Art Vorreiter. „Wir sind nicht die Müllkippe der Welt“, sagt Umweltministerin Yeo Bee Yin. „Wir wehren uns. Das ist auch eine Frage der Würde und Souveränität.“

Laut einer Greenpeace-Studie kam 2018 aus den zehn wichtigsten Importländern – neben Deutschland auch andere große Industrienationen wie die USA, Großbritannien, Kanada und Japan – mehr als 626.000 Tonnen Plastikmüll ins Land. Das sind mehr als 15.600 Schiffscontainer.

Vermutet wird, dass es in Wahrheit um einiges mehr ist. Die Kontrollen in den Häfen sind oft nicht besonders gründlich, Korruption ist weit verbreitet.

Die Umweltministerin kündigte nun an, zumindest 3000 Tonnen illegal importierten Mülls in die Herkunftsländer zurückzubringen. Das ist nur ein minimaler Teil, aber immerhin.

Häfen haben keine Lagerkapazität mehr

Der Greenpeace-Experte Heng Kiah Chun sieht darin einen guten Anfang, fordert jedoch eine „globale Lösung“. „Die Industrieländer sollten Schluss damit machen, ihr Plastikproblem auf dem Rücken anderer Staaten lösen zu wollen.“

In anderen Staaten der Region ist die Stimmung ähnlich wie in Malaysia. In Vietnam musste vergangenes Jahr einer der größten Häfen die Annahme weiteren Abfalls einstellen, weil sich dort mehr als 8000 Container Plastik- und Papiermüll angesammelt hatten.

Alles in allem lagern in dem Land schon mehr als 23.000 Container. In Thailand beschlagnahmten die Behörden bei einer einzigen Razzia mehr als 50 Tonnen illegal importierte Kunststoffe. Auch hier wird nun an strengeren Gesetzen gearbeitet.

Besonders groß ist der Unmut auf den Philippinen. Hier schaukelte sich ein Streit um mehr als 100 Container Müll aus Kanada sogar zu einer ernsthaften diplomatischen Krise hoch.

Präsident Rodrigo Duterte drohte sogar mit „Krieg“. Inzwischen ist der Frachter „MV Bavaria“ mit 69 Containern auf dem Weg über den Pazifik. In der zweiten Juni-Hälfte soll er in Vancouver ankommen. Was dann passiert, ist noch nicht geklärt. (dpa)



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