Software zur Maskenerkennung umgeht Datenschutz – In den USA und Irland bereits getestet
Schnuffi, Bußgeldverhinderungslappen oder Maulkorb: Die im Rahmen der Corona-Pandemie eingeführte Mund-Nasen-Bedeckung hat viele Namen. Während in Deutschland besonders in öffentlichen Gebäuden, dem Personen-Nah- und Fernverkehr sowie im Einzelhandel eine Maskenpflicht herrscht, gilt diese in anderen Ländern flächendeckend – auch im öffentlichen Raum.
Bisher obliegt die Kontrolle oft Einzelpersonen oder der Polizei, zukünftig kann die Technik helfen. Verschiedene Softwareentwickler arbeiten an Programmen um zu erkennen, wer eine Maske trägt und wer nicht. Unklar ist jedoch bislang, wer diese Daten wie nutzen darf und was damit passiert, wenn die Corona-Pandemie, oder zumindest die Maskenpflicht, vorbei ist.
Maskenerkennung in einer rechtlichen Grauzone
Die Maskenerkennung basiert bei nahezu allen Anbietern auf bereits bestehenden Programmen zur Gesichtserkennung. So könnten bereits vorhandene Systeme, beispielsweise in Geschäften oder Bahnhöfen aber auch auf öffentlichen Plätzen, mit wenig Aufwand nachgerüstet werden. Andererseits steht bereits die Gesichtserkennung in der Kritik von Datenschützern.
Während in London nahezu jede Straßenecke überwacht wird und Personen in der ganzen Stadt verfolgt werden können, hat die Stadt Portland (Oregon, USA) Mitte September jegliche öffentliche und private Nutzung von Gesichtserkennungssoftware verboten. Aber Maskenerkennung sei nicht Gesichtserkennung, sagen die Hersteller.
Anders als die umstrittene Identifikation bestehen die neuen Algorithmen aus zwei Komponenten. Zuerst „erkennt“ die Software, wo ein Kopf ist. Hat sie diesen gefunden, prüft sie anhand verschiedener Kriterien, ob die Person eine Maske trägt oder nicht. Derartige Systeme befinden sich bereits an einigen US-amerikanischen Flughäfen oder in Teilen Irlands in der Erprobung.
Da die Software nicht mit Information zur Identifikation beliebiger Personen trainiert werde, müsse sich niemand um seine Privatsphäre sorgen. Ob die Software nach Details einer Maske oder bestimmten Gesichtsmerkmalen sucht, unterscheidet sich jedoch technisch vermutlich nur wenig.
Ebenfalls umstritten ist die Verarbeitung und die Verwendung der Daten. Eine effektive Verfolgung von „Maskenverweigeren“ ist schließlich doch nur über die Identifikation der Person möglich. Was passiert beispielsweise, wenn das System jemanden findet, der keine Maske trägt? Projiziert es das Bild auf große Bildschirme, um auf den- oder diejenige aufmerksam zu machen? Oder veranlasst es, jemanden vom Sicherheitspersonal zu dieser Person zu gehen – bitte Mindestabstand beachten – und sie an die Maskenpflicht zu erinnern?
„Werbung“ für die Corona-Krise
Als Ziel ihrer Software geben viele Entwickler ähnlich an: Menschen dazu bringen, sich im Interesse des öffentlichen Wohls an die Vorschriften zu halten. Dabei sind die Gründe, keine Maske zu tragen vielfältig, einschließlich persönlicher Überzeugung: mangelnde wissenschaftliche Beweise, mögliche gesundheitliche Gefahren oder schlicht kein Geld.
Obgleich weder die Wirkung von Masken, noch der Umgang mit den Daten endgültig geklärt ist, sehen die Entwickler großes Potenzial und einen flächendeckenden Nutzen ihrer Software. Ihren Angaben zufolge könne die Technologie eingesetzt werden, um politische Entscheidungsträger zu unterstützen oder Sensibilisierungskampagnen zu fördern.
Gegenüber „National Geographic“ sagte Alan Descoins, Chefingenieur eines Softwareentwicklers aus Uruguay: „Wenn wir die Anzahl [der Maskenverweigerer] berechnen können, kann man Richtlinien erstellen und im Auge behalten, ob eine weitere Kampagne nötig ist, um zum Tragen von Masken zu motivieren.“
Oder wenn die Leute sich über COVID langweilen und anfangen, keine Masken zu tragen, dann muss vielleicht mehr Werbung gemacht werden, um die Leute darauf aufmerksam zu machen.“
Ein anderer Softwareanbieter verspricht, dass sein Algorithmus in bereits bestehende Überwachungssysteme integriert werde und in Echtzeit erkennen kann, wer eine Maske trägt und wer nicht. So könnten Restaurants und Hotels sicherstellen, „dass das Personal die Maskenpflicht einhält“. Mit anderen Worten, wer mal „ohne“ durchatmet, der fliegt. Ein weiteres Anwendungsszenario sieht Unternehmen Masken an Kunden verteilen – dafür bräuchte man jedoch eigentlich weder Kameras noch Software, sondern lediglich eine freundliche Person am Eingang.
Maskenpflicht und die Rückkehr zur „gesunden Gesellschaft“
Eine Maskenerkennung könnte während der Pandemie nützlich sein, sagte James Lewis vom Center of Strategic and International Studies (CSIS) in Washington D.C. Gleichzeitig zeigte er sich besorgt, wie Unternehmen die Daten sammeln und verwenden. In den USA gibt es keine DSGVO, sodass Erhebung, Verwendung und Weitergabe kaum kontrolliert werden.
Deborah Raji vom Forschungsinstitut für soziale Auswirkungen der künstlichen Intelligenz (AI Now) geht noch einen Schritt weiter. Vielleicht bedürfe es gar keiner technischen Lösung, um Menschen zum Tragen von Masken zu bewegen. Das Thema Maskenerkennung sei eher ein „Technologie-Theater“, während das grundlegende Problem überhaupt nicht beachtet werde.
Das sieht auch Aaron Peskin von der Stadtverwaltung San Francisco so: „Wir befinden uns mitten in einer Krise. Wir müssen anfangen, mehr Bewusstsein für den Schutz der Privatsphäre zu schaffen“, sagte er zu „National Geographic“. Dabei sei es „nicht gerade förderlich für eine gesunde Gesellschaft“, eine Maskenpflicht mit „einem solchen Grad an Invasion“ in die Persönlichkeitsrechte durchzusetzen.
Schließlich fasst Lewis vom CSIS zusammen: „Es besteht die Bereitschaft, die Regeln zu lockern, wenn es um COVID geht. Die Frage ist: Wenn das alles vorbei ist, kehren wir dann wieder zum Alten zurück?“
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