Ist das Kunst oder künstliche Intelligenz?
Von weitem erinnert „Edmond de Belamy“ an viele Porträts aus dem 18. oder 19. Jahrhundert. Es zeigt einen Mann mit einem verschwommenen Gesicht, in schwarzer Weste und weißem Kragen. Doch statt der Signatur des Künstlers prangt am rechten unteren Bildrand eine mathematische Formel.
Hinter dem Werk stecken Pierre Fautrel und Kollegen vom französischen Kollektiv Obvious, das mit Hilfe von künstlicher Intelligenz die Kunst demokratisieren will. Fautrel fütterte eine Software mit 15.000 klassischen Porträts aus dem 14. bis 20. Jahrhundert, um ihm die „Regeln der Porträtmalerei“ beizubringen.
Mit Hilfe eines von Google-Forscher Ian Goodfellow geschaffenen Algorithmus erzeugte Obvious dann eine ganze Serie von Bildern, von denen es elf für Porträts der „Familie Belamy“ aussuchte – eine artifizielle Familie, deren Namen lautmalerisch der französischen Übersetzung von „Goodfellow“ (guter Freund) entspricht.
Welche Auswirkungen hat „Edmond de Belamy“ auf die Kunstwelt?
Das ‚Gemälde‘ sprang auch Christie’s Experten Richard Lloyd ins Auge, der mit der Versteigerung einen Beitrag zur Debatte über KI-Kunst liefern will. Er habe sich für ein Porträt der Belamy-Reihe entscheiden, weil es im Gegensatz zu anderen IK-Kreationen „dem am nächsten kommt, was wir als Menschen schaffen“, sagt Lloyd der Nachrichtenagentur AFP.
Lloyd sieht die Kunst derzeit an einem „Wendepunkt“: Mit der Versteigerung in einem renommierten Auktionshaus stehe nun jeder vor der Frage: „Was soll das? Welche Auswirkungen hat das auf die Kunstwelt?“ Die Debatte stehe noch ganz am Anfang, erklärt der Experte. Viele Fragen seien noch offen, darunter auch rechtliche wie etwa nach dem Urheber des Werks und dem Urheberrecht bei seiner Vervielfältigung.
Was immer bei der Versteigerung herauskommt, für Fautrel ist der gesamte Schaffensprozess schon jetzt Kunst: „Selbst wenn der Algorithmus das Bild kreiert, stehen wir mit unseren Absichten dahinter“, sagt er. Algorithmen seien nur ein Werkzeug, wenngleich ein sehr mächtiges.
Fautrel vergleicht die Diskussion mit der Debatte um die ersten Fotografien. Auch damals hätten die Kritiker gewarnt, die Fotos seien keine Kunst, zerstörten aber die Existenz der Künstler. Erst später dann hätten sie eingestehen müssen, „dass Fotografie an sich nur ein Werkzeug ist“. (afp/ts)
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