Hochfliegende Pläne: Flügelboote aus Deutschland sollen Asien erobern
Der «Seafalcon» fliegt zwar, aber er ist kein Flugzeug. Er hat Flügel, ein Leitwerk und ein Cockpit, aber er wird dennoch als Schiff eingestuft. Mit bis zu 150 Kilometern pro Stunde soll der Prototyp knapp über der Wasseroberfläche gleiten und dabei eine physikalische Besonderheit nutzen: in Bodennähe wächst der Überdruck unter dem Flügel und verstärkt so den Auftrieb. Daher heißen Fahrzeuge, die diese Kraft nutzen, Bodeneffektfahrzeuge. Das Rostocker Unternehmen Meerestechnik Engineering GmbH (MTE) hat den «Seafalcon» entwickelt. Nun soll er die Inselwelten Asiens erobern.
Der Bodeneffekt wurde bereits in den zwanziger Jahren entdeckt und auch schon mehrfach umgesetzt, erläutert MTE-Geschäftsführer Dieter Puls. «Seit den sechziger Jahren bauten die Sowjets Bodeneffektfahrzeuge für militärische Zwecke.» Von den «Ekranoplan» genannten Monstern wurden allerdings nur wenige Exemplare gefertigt. Das größte Fahrzeug «Lun» wog rund 400 Tonnen und schaffte eine Höchstgeschwindigkeit von 450 Kilometern pro Stunde. Vor kurzem haben China und Südkorea große Projekte gestartet. Auch in der Bundesrepublik gibt es seit den fünfziger Jahren Entwicklungen in diese Richtung, die sich aber bislang nicht auf dem Markt durchsetzten.
Dieses Schicksal soll dem achtsitzigen «Seafalcon 08» möglichst erspart bleiben. Die Aussichten dafür scheinen gut: «Wir haben eine Vereinbarung mit einem indonesischen Partner getroffen, wonach der Seafalcon dort ab 2007 in Lizenz gebaut werden soll», sagt Puls. Dass die neue Technik in dem asiatischen Land gefertigt wird, ist kein Zufall. «Indonesien ist ideal, weil es aus tausenden Inseln besteht. Ein Bodeneffektfahrzeug ist fünfmal schneller als ein Schiff. Es braucht keine Start- und Landebahn wie ein Flugzeug, sondern kann direkt von der Kaikante ablegen.» Dadurch ist es laut Puls auf Kurz- und Mittelstrecken auch schneller als das Flugzeug. Für das Bodeneffektfahrzeug spricht auch seine Klassifizierung als Wasserfahrzeug. Denn diese bürokratische Einordnung bringt laut Puls ganz praktische Vorteile: «Man braucht keinen Piloten, es reicht ein Bootsführerschein.» Wegen der Finessen bei der Klassifizierung meidet der Schiffbauingenieur das Wort «fliegen». «Der korrekte Ausdruck lautet flairen», betont er.
Angesichts dieser Vorteile sieht Andreas Gronarz vom Duisburger Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme gute Chancen für die Technologie: «Das Bodeneffektfahrzeug schließt die Lücke zwischen Schiff und Flugzeug.» Gronarz war in den neunziger Jahren Projektleiter bei der Entwicklung des «Hoverwing», einem experimentellen Bodeneffektfahrzeug, das sein Institut zusammen mit der Firma Fischer Flugmechanik konstruierte. Firmenchef Hanno Fischer entwickelte nach eigenen Angaben sieben verschiedene Modelle, von denen Prototypen immer noch in Asien fliegen. Die Firma strebt derzeit eine Serienfertigung in Thailand an.
Mit ihren kurzen Entfernungen und großen Küstenstädten, die nicht alle einen Flugplatz haben, wäre auch die Ostsee ein ideales Flugrevier für den «Seafalcon», meint Puls. «Wir wollen daher die Kapazitäten in Rostock weiter ausbauen. Derzeit könnten wir eine Maschine pro Monat bauen». Die Nachfrage nach solchen Fahrzeuge liegt laut Puls allein in Asien bei vielen tausend Stück. «Es werden auch größere Maschinen gebraucht, wir planen daher langfristig weitere Entwicklungen mit zwölf und 20 Sitzen.» Aber erst muss der «Seafalcon» umfangreiche «Flairtests» bestehen.
(dpa)
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