Erstmals 5G-Strahlung von Handys und Sendestationen in der Schweiz gemessen
Etwa alle zehn Jahre kommt ein neuer Mobilfunkstandard heraus. So gesehen ist für 5G inzwischen Halbzeit, denn die Technologie wird in Deutschland seit 2019 kommerziell genutzt. In der Schweiz ist die fünfte Generation des Mobilfunks schon länger in Betrieb – dafür deutlich schwächer als hierzulande.
So besagt die „Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung“ vom Schweizer Bundesrat, dass lediglich 5G-Antennen mit niedriger Reichweite zugelassen sind. Außerdem legte die Schweiz einen zehnmal strengeren Grenzwert fest, als die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt. Wie viel Strahlung die Schweizer Bevölkerung tatsächlich ausgesetzt ist, hat kürzlich ein Forscherteam des Projekts „GOLIAT“ erstmals gemessen.
Gemessen wurde die Belastung durch hochfrequente elektromagnetische Felder (EMF) in drei verschiedenen Szenarien: wenn sich das Mobilgerät im Flugmodus befindet und wenn das Mobiltelefon intensiv genutzt wird, indem entweder Daten herunter- oder hochgeladen werden.
Sendestationen unter Richtwerten
Um die von Geräten und Sendestationen ausgehenden hochfrequenten EMF zu messen, wählte das Team um Martin Röösli vom Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut zwei Städte sowie drei Dörfer aus: Zürich und Basel sowie Hergiswil, Willisau und Dagmersellen.
In jeder Stadt definierten sie Gebiete mit unterschiedlichen Nutzungen, wie Wohn- oder Industriegebiete, Schulen, Parks oder öffentliche Verkehrsmittel. Die Forscher maßen die Strahlenbelastung, indem sie einen Rucksack mit einem persönlichen Exposimeter und ein Mobiltelefon trugen, das mit einem Sensor und einer Software zur Erfassung der vom Gerät abgegebenen Leistung ausgestattet war.
Insgesamt wurden mehr als 30.000 Datenpunkte ausgewertet. Wenn das Mobiltelefon im Flugmodus benutzt wurde, kam die gemessene Strahlung hauptsächlich von den Mobilfunk-Sendemasten. Ein Blick auf die Zahlen zeigte, dass die Strahlungsbelastung mit der Bevölkerungszahl zunahm. Der Durchschnitt für die Dörfer lag bei 0,17 Milliwatt pro Quadratmeter (mW/m²), während der Durchschnitt für Basel bei 0,33 mW/m² und für Zürich bei 0,48 mW/m² lag.
„Die höchsten Werte wurden in städtischen Geschäftsbereichen und im öffentlichen Verkehr festgestellt“, erklärte Röösli. Dennoch lägen die Werte (um 1,02 mW/m²) „immer noch mehr als hundertmal unter den internationalen Richtwerten“.
Telefone und Dörfer bringen viel Strahlung
Im nächsten Schritt haben die Forscher den Flugmodus deaktiviert und mit ihrem Handy große Datenmengen heruntergeladen. In diesem Szenario stieg die Strahlung deutlich auf durchschnittlich 6 bis 7 mW/m² an. Auch dieser Wert liegt unter den Richtwerten.
Den Anstieg führen die Forscher teilweise auf das „Beamforming“ zurück – eine Technik, mit der 5G-Sendestationen Signale effizienter zum Nutzer leiten. Hierbei war die Strahlungsbelastung in den beiden Städten wiederum insgesamt höher, was wahrscheinlich auf die höhere Anzahl von 5G-Sendemasten zurückzuführen ist.
Mit Abstand die höchsten EMF-Werte erzielten die Wissenschaftler jedoch beim Hochladen von großen Datenmengen. Hier lag die durchschnittliche Belastung – im Mittel – über 23 mW/m² in den Städten und über 37 mW/m² in den Dörfern. In diesem Szenario war die größte Strahlungsquelle das Daten sendende Telefon. Insbesondere auf dem Land liege das daran, dass die Dichte der Sendestationen geringer ist, was die Signalqualität mindert und die Handys zwingt, mehr Energie für die Datenübertragung aufzuwenden.
Die Strahlenbelastung beim Hochladen von Daten auf dem Dorf ist demzufolge im Mittel bis über 200-mal stärker als im Flugmodus.
Bei einzelnen Messungen – sowohl in den Städten als auch auf dem Land sowie beim Runter- und/oder Hochladen von Daten – waren die Werte noch weit höher und überschritten 100 mW/m². Dies galt im öffentlichen Verkehr in Basel und Zürich, in Zürich in der Nähe von Schulen und in Wohngebieten sowie im Stadtzentrum. Auf dem Land stachen wirtschaftliche genutzte Gebiete, Parks und erneut öffentliche Transportmittel hervor.
Spitzenwerte von 140 bis über 150 mW/m² zeichneten die Forscher in Zürich im Bereich von Schulen und in Wohngebieten sowie auf dem Land in Parks auf.
Grenzwerte überschritten?
Hinzu kommt laut Adriana Fernandes Veludo, Erstautorin der Studie: „Wir müssen bedenken, dass in unserer Studie das Telefon etwa 30 Zentimeter vom Messgerät entfernt war, was bedeutet, dass unsere Ergebnisse die tatsächliche Exposition möglicherweise unterschätzen.“ Weiter sagte sie:
Ein Handynutzer hält das Telefon näher an den Körper und die Belastung könnte daher bis zu zehnmal höher sein.“
Konkrete Zahlen liefert die Studie für diesen Anwendungsfall nicht. Aus diesem Grund kann nicht überprüft werden, ob dies immer noch im Rahmen der Richt- oder Grenzwerte liegt.
Zu beachten ist außerdem, dass besagte Grenzwerte von der Frequenz abhängen. So gibt das Deutsche Bundesamt für Strahlenschutz für 5G drei Grenzwerte an. Ähnliche Werte gelten in Österreich. Verzehnfacht man angesichts von Veludos Aussage die Messwerte der Schweizer Studie, wurden die einzelnen „internationalen Grenzwerte“ nicht überschritten. Da insbesondere neuere Mobiltelefone mehr als einen Frequenzbereich verwenden, ist die Strahlenbelastung jedoch gemeinsam zu bewerten.
Gewinner und Verlierer
Dies ist die erste Studie ihrer Art, die aussagekräftige Daten über die 5G-Belastung in der Umgebung und durch das eigene Telefon liefert. Schon jetzt geben die Ergebnisse der Untersuchung zu denken.
„Zusammenfassend zeigt diese Studie, dass die Umweltexposition geringer ist, wenn die Dichte der Sendestationen niedrig ist. Allerdings ist in einer solchen Situation die Emission von Mobiltelefonen um Größenordnungen höher“, so Veludo. „Dies hat die paradoxe Folge, dass ein typischer Mobiltelefonbenutzer in Gebieten mit weniger Sendemasten einer höheren EMF-Belastung ausgesetzt ist.“
Die Messungen sollen künftig zweimal innerhalb von drei Jahren in neun weiteren europäischen Ländern durchgeführt werden. Damit wollen die Forscher mögliche Veränderungen in der Strahlenbelastung für die Bevölkerung im Zuge der Einführung von 5G überwachen.
Die Studie erscheint am 1. Februar 2025 im Fachmagazin „Environmental Research“.
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