„Digitales Europa“: EU-Kommission plant Online-Marktplatz zum Verkauf von Personendaten der „EU-Bürger“
Die EU-Kommission plant laut einem 40-seitigen Strategiepapier die „Schaffung eines einheitlichen europäischen Datenraums, eines echten Binnenmarkts für Daten, der für Daten aus aller Welt offen steht“. Auf einem cloud-basierten Online-Marktplatz soll mit „personenbezogenen als auch nicht-personenbezogenen Daten, darunter auch sensiblen Geschäftsdaten“ gehandelt werden können.
Gleichzeitig sollen Unternehmen „auch leicht Zugang zu einer nahezu unbegrenzten Menge hochwertiger industrieller Daten erhalten“. Dadurch sollen „das Wachstum und die Wertschöpfung gesteigert“ werden, heißt es in dem aktuellen Strategiepapier mit dem Titel „Eine europäische Datenstrategie“. Forschung und Wissenschaft sollen ebenso davon profitieren.
Damit können auch persönliche Daten wirtschaftlich im großen Stil durch Firmen und Organisationen weltweit genutzt werden: „Zugleich entsteht mit der zunehmenden Menge nicht-personenbezogener industrieller und öffentlicher Daten in Europa in Verbindung mit den technologischen Veränderungen bei der Speicherung und Verarbeitung der Daten eine potenzielle Quelle für Wachstum und Innovation, die unbedingt genutzt werden sollte.“
Der neu geschaffene EU-Datenraum soll „alle Ebenen der Daten- und Recheninfrastrukturen und -dienste abdecken“ und die Möglichkeiten nutzen, die sich durch die neue KI-Technik, die 5G-Einführung und die Verbreitung des Internets der Dinge biete.
Neun Bereiche beinhaltet die neue EU-Daten-Cloud – ein gemeinsamer europäischer Industriedatenraum (Fertigung), ein Datenraum für den europäischen Grünen Deal, ein Mobilitätsdatenraum, ein Gesundheitsdatenraum, ein Finanzdatenraum, ein Energiedatenraum, ein Agrardatenraum, ein Datenraum für die öffentliche Verwaltung und ein Kompetenzdatenraum.
KI mit mehr Daten voranbringen
Als Vorteile für den Menschen werden ein, „bewussterer Energieverbrauch“, die „Rückverfolgbarkeit von Produkten, Werkstoffen und Lebensmitteln“ sowie ein „gesünderes Leben“ und eine „bessere Gesundheitsversorgung“ versprochen.
„Die Bürger sollten in die Lage versetzt werden, bessere Entscheidungen auf der Grundlage von Erkenntnissen zu treffen, die aus nicht personenbezogenen Daten gewonnen werden.“ Und:
Diese Daten sollten allen zugänglich sein – ob öffentlich oder privat, ob groß oder klein, ob Start-up oder Gigant.“
Dies würde der Gesellschaft helfen, das Optimum aus Innovation und Wettbewerb herauszuholen, damit alle von der digitalen Dividende profitieren würden, schreiben die Autoren. Es ist die Rede von einem „digitalen Europa“.
Digitale Daten sollen somit zunehmend zur Basis für persönliche oder unternehmerische Entscheidungen und Tätigkeiten werden. Ziel ist, so das Strategiepapier, der EU eine führende Rolle in der Datenwirtschaft zu verschaffen.
Ein weiteres Ziel der EU-Kommission ist, die Entwicklung künstlicher Intelligenz voranzubringen und dabei das Problem zu lösen, dass dafür gegenwärtig nicht genügend Daten zur Verfügung stehen.
Finanzierung über die Hälfte privat – Bürger und nationale Regierungen sollen zahlen
Private Kapitalgeber haben bereits zwei bis vier Milliarden Euro versprochen. An EU-Mitteln sollen unter Ursula von der Leyen ab 2022 erste Investitionen in Höhe von bis zu zwei Milliarden Euro fließen.
Vergleichbar mit einer Anlage am Kapitalmarkt sollen die Bürger, die ihre Daten dort verkaufen, als Gegenleistung eine Dividende ausgezahlt bekommen. Konkreter wurde das Papier hier nicht. Auch sollen aus den Erlösen europäische Projekte und Unternehmen profitieren, heißt es.
Dafür sind im Zeitraum 2021–2027 Investitionen der EU-Kommission geplant. Sie sollen gegebenenfalls mit den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten koordiniert und – im Einklang mit den Vorschriften für staatliche Beihilfen – mit nationalen und regionalen Mitteln und mit Investitionen aus den Struktur- und Investitionsfonds gekoppelt werden. Das heißt, die Bürger und ihre nationalen Regierungen sollen in die Finanzierung des EU-Projekts eingebunden werden.
Zuvor muss als ersten Schritt ein Rechtsrahmen für die Governance gemeinsamer europäischer Datenräume geschaffen werden. Geplant ist dafür das 4. Quartal 2020. „Solche Führungs- und Leitungsstrukturen sollen Entscheidungen darüber erleichtern, welche Daten in welchen Situationen verwendet werden können.“ Dies soll die grenzüberschreitende Datennutzung erleichtern, heißt es im Papier.
Schließlich soll die neue EU-Datenstrategie die EU in die Lage versetzen, „zur attraktivsten, sichersten und dynamischsten datenagilen Wirtschaft der Welt zu werden“, damit Europa mithilfe von Daten bessere Entscheidungen treffe und das Leben aller Bürgerinnen und Bürger verbessert werde, wie es abschließend in dem Schreiben heißt.
Risiken der verstärkten digitalen Vernetzung nicht erwähnt
Auf Risiken und negative Folgen einer zunehmenden Digitalisierung im Leben der Menschen und kritische Aspekte wird nicht grundsätzlich eingegangen.
Dazu zählt auch der von Kritikern hervorgebrachte Punkt, dass im Rahmen der steigenden Digitalisierung zunehmend die Daten eines Menschen – sein Konsum und seine Interessen – und immer weniger der Mensch als ganzheitliches Wesen im Mittelpunkt steht. Der gläserne Mensch und der mögliche Missbrauch privater Daten wird nicht thematisiert. Auf den Bereich Cybersicherheit, Abhängigkeit von Anbietern und Datenschutz wird kurz eingegangen.
Im Strategiepapier steht:
Daten stehen im Mittelpunkt dieses Wandels, und dies ist erst der Anfang. Die von Daten vorangetriebene Innovation wird den Bürgerinnen und Bürgern enorme Vorteile bringen, beispielsweise durch eine verbesserte personalisierte Medizin, durch eine neue Mobilität und durch ihren Beitrag zum europäischen Grünen Deal.“
Zudem fehlt ein Hinweis, dass mithilfe der Digitalisierung die Möglichkeit wächst, Menschen zu beeinflussen und zu kontrollieren. Dass eine zunehmende Digitalisierung eine wachsende Abhängigkeit von Technologie, Strom und Ressourcen auf der Erde bedeutet, fehlt ebenso.
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