Studie: Kinder wollen Tiere mit Namen nicht essen

Wenn man einem Huhn oder einem Schwein einen Namen gibt, nehmen Kinder die Tiere anders wahr und binden sich mehr an sie. Laut polnischen Forschern ziehen die Kinder es dann vor, sich mit den Tieren anzufreunden, anstatt sie zu essen.
Kinder wollen Tiere mit Namen nicht essen
Kinder mögen Tiere, die „nett“ aussehen.Foto: Antonio_Diaz/iStock
Von 8. August 2024

Bilder von lebensunfreundlichen Käfighaltungen haben bei vielen Menschen, besonders bei Tierfreunden, negative Gefühle verursacht. Anderen haben sie regelrecht den Appetit verdorben, sodass sie ganz oder teilweise auf fleischliche Nahrungsmittel verzichten. Um einerseits das Unbehagen zu lindern, aber andererseits ihre bisherigen Essgewohnheiten nicht aufgeben zu müssen, haben Menschen aber auch bestimmte Abwehrstrategien angewendet.

„Sie lehnen beispielsweise ab, dass Nutztiere menschenähnliche psychische Eigenschaften haben, wie etwa die Fähigkeit, Leiden zu empfinden. Je mehr Fleisch die Menschen essen, desto weniger nehmen sie sie wahr und desto weniger Empathie zeigen sie ihnen gegenüber“, erklärt Dr. Aleksandra Rabinovitch, Psychologin an der SWPS Universität.

Einmal auf dem Teller würden auch erwachsene Verbraucher zudem mitunter nicht bemerken, wenn sie das Tier vorher kannten. Wenn sie davon wissen, reagieren Erwachsene entweder mit Ablehnung oder Gleichgültigkeit. Doch wie sieht das bei Kindern aus?

Woher stammt das Schnitzel auf meinem Teller?

Laut einer Studie von 2021 soll die Mehrheit der befragten amerikanischen Kinder im Alter von vier bis sieben Jahren angegeben haben, dass Schwein (73,3 Prozent) und Huhn (65,9 Prozent) „nicht zum Essen geeignet“ seien. Das ist nicht verwunderlich, da Tiere in Kindersendungen und -geschichten häufig mit besonderen Namen, einzigartigen Eigenschaften und persönlichen Vorlieben dargestellt werden, so Rabinovitch.

Kinder mögen Tiere, die „nett“ aussehen, und denken an sie, wie sie an andere Menschen denken. Sie können die Verbindung zwischen Tier und dem Schnitzel auf ihrem Teller vielfach noch nicht herstellen. Ganz anders sieht das aus, wenn sie wissen, dass gerade „Peppa Wutz“ aus der gleichnamigen beliebten Sendung gebraten vor ihnen liegt.

Woher kommt diese plötzliche Ablehnung? Führt die Zuweisung menschlicher Eigenschaften und das Geben von Namen dazu, dass Kinder eine persönliche Beziehung zu den Tieren aufbauen? Und wollen Kinder diese Nutztiere nicht essen, weil sie eine Bindung zu ihnen aufgebaut haben? Das haben die Forscher um Rabinovitch untersucht.

Wie nehmen Kinder Tiere wahr?

An der Studie der Forscher nahmen 208 Vorschulkinder im Alter von fünf bis sechs Jahren teil. Zu Beginn wurden die Kinder gefragt, ob sie wissen, woher Fleisch kommt, was die meisten Kinder – über 72 Prozent – richtig beantworteten.

Dann zeigten die Forscher einigen Kindern ein Foto mit einem Schwein und erzählten ihnen den Namen, die persönlichen Gewohnheiten und Vorlieben des Schweins. Die übrigen Kinder hörten eine Beschreibung, die sich auf Schweine allgemein bezog. Im letzten Teil der Studie bewerteten die Kinder ihre Bereitschaft, sich mit einem Tier anzufreunden, und ihre Bereitschaft, dessen Fleisch zu essen.

Ein ähnliches Verfahren wurde in der zweiten Studie angewandt. In diesem Fall waren jedoch Hühner das Objekt der Analyse. Zusätzlich wurden die Kinder gebeten, die Ähnlichkeit des Huhns mit dem Menschen zu bewerten – beispielsweise ob es Gefühle empfinden kann.

Freunde werden nicht gegessen

Die Ergebnisse waren in beiden Fällen eindeutig: 79 Prozent der Kinder, die das Schwein mit Namen und Gewohnheiten vorgestellt bekamen, fanden das Tier einzigartig. Unter den Kindern, denen Schweine nur allgemein vorgestellt wurden, fanden das nur 21 Prozent. Erstere äußerten in der Folge viel häufiger den Wunsch, sich mit einem solchen Tier anzufreunden, und viel seltener den Wunsch, Gerichte zu essen, die mit seinem Fleisch zubereitet wurden.

In der Studie mit Hühnern war die Situation ähnlich. Dort bauten über 84 Prozent der Kinder eine Bindung zu jenem besondern Tier auf. In der Vergleichsgruppe waren es nur neun Prozent. Ebenso nahmen die Kinder der ersten Gruppe das Huhn eher als menschenähnlich wahr, wollten sich mit ihm anfreunden und sein Fleisch nicht essen.

Bekommt ein Nutztier einen Namen und persönliche Merkmale zugesprochen, ändert sich auch die Einstellung der Kinder gegenüber dem Tier, schlussfolgerten Rabinovitch und Kollegen. Deswegen erscheint es Europäern auch so befremdlich, wenn beispielsweise in Südamerika das Meerschweinchen auf den Teller kommt.

Die Studie erscheint am 1. September 2024 in der Zeitschrift „Appetite“.



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