Schwarzes Loch mit Masse von 12 Milliarden Sonnen widerspricht allen Theorien
Forscher in Erklärungsnot: Astronomen aus Peking und London haben ein gigantisches supermassenreiches Schwarzes Loch im Herzen einer aktiven Galaxie entdeckt. Eigentlich dürfte es etwas so Uraltes und Helles in dieser Größenordnung gar nicht geben: Der neu entdeckte Quasar SDSS J0100+2802 bringt das Weltbild der Physiker ins Wanken. Er strahlt quer durch fast das gesamte sichtbare Universum zu uns, berichtete das internationale Astronomen-Team um Xue-Bing Wu von der Peking University dem britischen Fachmagazin "Nature".
Das riesige Schwarzes Loch hat eine Masse von zwölf Milliarden Sonnen und sein Entstehungsdatum liegt geschätzte 12,8 Milliarden Jahre in der Vergangenheit, denn so lange war sein Licht zu uns unterwegs: 12,8 Milliarden Lichtjahre Abstand trennen die Erde von dem Massemonster, dass im Herzen einer aktiven Galaxie sitzt, die so hell leuchtet wie 420 Billionen (420.000.000.000.000) Sonnen.
Das Problem ist nun, dass laut Urknall-Theorie und aktuellem Stand der Wissenschaft das Universum erst zarte 900 Millionen Jahre alt war, als der Gigant entstand. Theoretisch flammten damals erst die ersten Sterne auf. Die Frage, wie in diesem kurzen Zeitraum vom Urknall (vor geschätzten 13,8 Milliarden Jahren) bis zur kosmischen Dämmerung ein so massereiches Schwarzes Loch entstehen konnte, fordert bestehende Erklärungsmodelle heraus. Vielleicht muss die ganze Physik reformiert und die Geschichte des Universums neu geschrieben werden?
Was ist ein Quasar?
Kerne von aktiven Galaxien bezeichnet man als Quasare. Sie bestehen immer aus einem Schwarzen Loch und einer Scheibe leuchtender Materie. Weil sich in ihnen enorm hohe Energien ballen und in anderen Wellenlängenbereichen ausstrahlen, erscheinen sie im sichtbaren Bereich des Lichtes nahezu punktförmig wie ein Stern. (Der Name Quasar leitet sich von zwei englischen Bezeichnungen ab: „Quasi-stellar object / quasistellares Objekt“ und „quasi-stellar radio source / quasistellare Radioquelle“).
Was am entdeckten Objekt einzigartig ist
Das Schwarze Loch im Zentrum dieses Quasars ist uralt, riesengroß und enorm hell. Alle diese drei Komponenten zusammen wurden in dieser Form noch nicht beobachtet. Folgt man der Urknall-Theorie muss hier eine enorm große Masse in sehr kurzer Zeit entstanden sein – das massereichste und hellste bekannte Objekt aus diesem frühen kosmischen Zeitalter.
"Wie sich ein derart großes Schwarzes Loch so schnell bilden konnte, ist schwer mit den aktuellen Theorien zu erklären", so Co-Autor Fuyan Bian von der Research School of Astronomy and Astrophysics von der Australian National University. "
Schwarze Löcher wachsen, indem sie umliegende Materie ansaugen und sich einverleiben. Dadurch entsteht ein gigantischer Strudel aus hinabstürzender Materie, die sogenannte Akkretionsscheibe, welche hell aufleuchtet, bevor sie vom Schwarzen Loch verschlungen wird. Im inneren des Schwarzen Loches schließlich ist die Gravitation so extrem stark, dass aus diesem Raumbereich nicht mal ein Lichtsignal nach außen gelangen kann. Wie das nun entdeckte Schwarze Loch seit dem Urknall soviel Materie gefressen haben, um es auf die beobachtete Masse zu bringen, ist das große Rätsel. Es gibt eine Maximalgeschwindigkeit mit der Schwarze Löcher wachsen können, denn die hinabstürzende Materie hat ebenfalls eine starke Strahlung, welche gegen die nachfolgende Materie drückt und diese ausbremst.
Schwarze Löcher fressen nicht ununterbrochen
Zwar sei es laut Theorie denkbar, dass ein Schwarzes Loch mit mehr als zehn Milliarden Sonnenmassen nur eine Milliarde Jahre nach dem Urknall entstand, kommentierte Bram Venemans vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg in "Nature". "Aber es ist ungewöhnlich, ein derart massereiches Schwarzes Loch zu finden, das aus der Urzeit des Universums stammt. Es muss während des Großteils seiner Existenz auf maximale Art und Weise Energie absorbiert haben."
Auch dieser Umstand ist überraschend, denn die Astronomen nehmen an, dass der Strahlungsdruck die Akkretion gewöhnlich nach 10 bis 100 Millionen Jahren erst einmal zum Erliegen bringt und das Schwarze Loch eine „Pause“ einlegt. Wie ließe sich das ganze trotzdem erklären?
Wuchsen Quasare schneller als Wirtsgalaxien?
"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass in der Frühzeit des Universums die in Quasare eingebetteten Schwarzen Löcher schneller gewachsen sind als ihre Wirtsgalaxie. Um diese Theorie zu belegen, müssen wir noch weiterforschen", so Yuri Beletsky von der Carnegie Institution for Science in Washington, der an den Forschungen beteiligt war.
Die Wissenschaftler hoffen nun, mit Hilfe des Hubble-Teleskops und weiterer Untersuchungen dem Geheimnis des uralten Mega-Quasars auf die Schliche zu kommen. Das ungewöhnliche Objekt dürfte noch mehr über die Bedingungen im jungen Universum verraten. Außerdem lässt sich mit ihm die chemische Zusammensetzung des intergalaktischen Gases quer durch Zeit und Raum erforschen. Das Licht des Quasars hat dieses Gas auf dem langen Weg zur Erde in verschiedenen Epochen und an verschiedenen Orten durchleuchtet und dabei charakteristische Fingerabdrücke gesammelt. (dpa / rf)
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