Plopp statt Knall: Nasa stellt neues Überschallflugzeug vor
Etwa 30 Meter lang, zehn Meter breit, vorne spitz und weitgehend türkisfarben: „X-59“ wirkt futuristisch. 2018 gab die US-Raumfahrtbehörde Nasa den Jet beim Rüstungskonzern Lockheed Martin in Auftrag – und will damit nun den Überschall-Flug revolutionieren. Heute will die Nasa das Herzstück ihrer Mission „Quesst“ (Quiet SuperSonic Technology) öffentlich vorstellen. Flugtests sind erst für später geplant.
„Wir sind auf jeden Fall bereit, ein neues Kapitel in der Geschichte des Überschallflugs zu schreiben und den Flugverkehr über Land doppelt so schnell zu machen, aber auf eine Art und Weise, die sicher, nachhaltig und so viel leiser als vorher ist“, sagt Nasa-Manager Peter Coen.
Das Besondere am „X-59: Die Maschine soll ohne Überschall-Knall fliegen können. Beim Fliegen mit Überschall ist die Fluggeschwindigkeit größer als die Schallgeschwindigkeit in der Umgebung des Flugzeuges. Durchbricht ein Flugzeug in der Luft die Schallmauer, gibt es einen sehr lauten Knall. Er ist nicht nur einmal zu hören, sondern entsteht permanent. Solange das Flugzeug mit Überschallgeschwindigkeit fliegt, entstehen bestimmte Schallwellen, die mit derselben Geschwindigkeit wie der Flieger entlang seiner Route mit ihm ziehen und zu hören sind. Unter anderem weil das viele Menschen beunruhigt und stört, hat die US-Luftfahrtbehörde FAA bis auf Weiteres alle zivilen Überschallflüge über den USA untersagt.
Der „X-59“, der Überschalljet ohne Überschall-Knall, soll in etwa 16 Kilometer Höhe mit rund 1500 Kilometern pro Stunde fliegen – und anstelle eines lauten Knalls nur ein Geräusch erzeugen, das so laut ist wie das Zuschlagen einer Autotür. Für die Entwicklung des Fliegers hat Lockheed Martin rund 250 Millionen Dollar (etwa 230 Millionen Euro) von der Nasa erhalten. Die Nasa will nun bei Flügen über ausgewählten Regionen der USA weitere Daten sammeln.
Mit dem „X-59“ rückt eine Rückkehr des Überschall-Flugs näher – rund 20 Jahre nach dem Aus der legendären Concorde. Der elegante schneeweiße Überschalljet mit den Deltaflügeln und der spitzen Nase war einst das Nonplusultra zwischen Paris, London und New York. Das Flugzeug ermöglichte es etwa Jetsettern und Topmanagern ein Vierteljahrhundert lang, binnen dreieinhalb Stunden von Europa nach New York zu fliegen – nach Sonnenuntergang in Europa los, vor Sonnenuntergang in den USA.
Concorde-Katastrophe im Jahr 2000
Im Juli 2000 kam es dann zur Katastrophe: Kurz nach dem Start vom Flughafen Paris verunglückte eine Concorde, alle 109 Insassen sowie vier Menschen am Boden starben. Ursache des Unglücks war ein auf der Startbahn liegender Metallstreifen – der Anfang vom Ende der „Königin der Lüfte“. Hinzu kamen die Luftfahrtkrise nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und rasant steigende Wartungskosten. Angesichts hoher Verluste war 2003 Schluss. Am 24. Oktober 2003 landete der letzte kommerziell genutzte Überschall-Jet der Betreiber British Airways und Air France in London. Die legendäre Concorde ist nur noch in Museen zu bewundern.
Mehrere Überschallprojekte in der Planung
Die Faszination am Überschall aber blieb, und an Plänen für einen Nachfolger mangelte es seither nicht. Realisiert wurden sie bislang jedoch nicht. Nun aber arbeiten neben Nasa und Lockheed Martin auch noch andere Unternehmen an Überschall-Jets. Unter anderem präsentiert sich derzeit das US-Start-up Boom als ganz weit vorne. Es arbeitet an „Overture“, einem Jet für bis zu 55 Fluggäste, der schneller und deutlich effizienter als die Concorde sein soll.
„Die Ticketpreise sollen denen der heutigen Business Class ähneln, so dass der Horizont von Millionen von Reisenden erweitert werden kann“, sagte Firmenchef Blake Scholl in einer Mitteilung. „Letztendlich ist unser Ziel, dass jeder sich Überschall-Flug leisten können soll.“ Unter anderem die Fluggesellschaft United Airlines hat schon Flugzeuge bei Boom bestellt. Geplante Testflüge verzögerten sich zunächst jedoch immer wieder.
„Wir sprechen über eine Zukunft, in der Menschen weniger Zeit mit dem Reisen und mehr Zeit an ihren Zielorten verbringen können – mit der Familie, bei der Arbeit oder beim Besuchen neuer Orte“, sagte Nasa-Wissenschaftler Jonathan Rathsam. „Es ist ein Weg, die Welt zu schrumpfen und es ist aufregend, ein Teil dieser Zukunft zu sein.“ (dpa)
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