Nur 25 Megastädte emittieren 52 Prozent aller städtischen Treibhausgase
Sie bedecken nur etwa zwei Prozent der Erdoberfläche, beherbergen die Hälfte aller Menschen und emittieren schätzungsweise 70 bis 80 Prozent der weltweiten Treibhausgase: Städte. Dabei entfallen allein auf 25 von 167 untersuchten „Megacitys“ (15 Prozent) mehr als die Hälfte aller städtischen Emissionen.
Sowohl in absoluten Zahlen als auch bezogen auf die Einwohnerzahl führt China die Liste der größten Treibhausgasemittenten. Während insgesamt 21 der Städte mit den höchsten Emissionen in China liegen, sinken die Pro-Kopf-Emissionen in vielen – aber nicht allen – westlichen Städten. Insbesondere in Venedig haben die Emissionen laut Studie zugenommen. Dabei ist jedoch zu erwarten, dass die Einwohner nicht schuld daran sind. Eine jüngste Gesetzesänderung lässt zudem erwarten, dass die historische Lagunenstadt binnen Jahren wieder sauberer wird.
Andere Länder, andere Sitten – auch beim Klimaschutz
Im Jahr 2015 haben 170 Länder weltweit das Pariser Abkommen verabschiedet, mit dem Ziel, den durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen. Im Anschluss an das Abkommen haben viele Länder und Städte Ziele für die Minderung von Treibhausgasen vorgeschlagen.
Forscher der Sun Yat-sen University in Guangzhou (China) präsentierten nun die erste globale Treibhausgans-Bilanz von 167 Großstädten weltweit. Ziel der Mitte Juli in der Zeitschrift „Frontiers in Sustainable Cities“ veröffentlichten Studie war es, die Effektivität historischer Maßnahmen zur Treibhausgasreduzierung zu untersuchen und zu überwachen.
Obwohl Städte nur etwa zwei Prozent der Erdoberfläche bedecken, tragen sie in großem Ausmaß zu den weltweiten Emissionen bei. Selbst unter Berücksichtigung der Milliarden Menschen, die in Städten leben, verursachen Städte überdurchschnittlich viel Treibhausgase. So viel, dass die bisherigen Maßnahmen nach Angabe der Forscher nicht ausreichen, um die globalen Klimaziele bis zum Ende dieses Jahrhunderts zu erreichen. So spricht beispielsweise der UNEP Emissions Gap Report 2020 von einem Temperaturanstieg von mehr als 3 °C bis zum Ende des 21. Jahrhunderts.
„Heutzutage leben mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung in Städten. [Gleichzeitig] wird berichtet, dass Städte für mehr als 70 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind. Sie tragen eine große Verantwortung für die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft“, sagt Prof. Dr. Shaoqing Chen, Umweltwissenschaftler der Sun Yat-sen Universität.
Zudem unterschieden sich die derzeit von den Städten verwendeten Methoden – sowohl bei der Reduzierung von Emissionen als auch bei der Dokumentation und Auswertung. Das mache es schwierig, den Fortschritt der Emissionsminderung über Zeit und Raum zu bewerten und zu vergleichen. Aus diesem Grund beziehen sich die Forscher auf die jeweils aktuellsten Daten. In einigen Fällen sind diese bereits zehn Jahre oder älter.
„Entwicklungsland“ China bei Emissionen ganz vorn
25 Städte mit zusammen etwa 325 Millionen Einwohnern oder derzeit etwa 4,2 Prozent der Weltbevölkerung emittierten nach Aussagen der Forscher 52 Prozent der Treibhausgase aller untersuchten Städte. Laut eines Diagramms mit 109 Städten liegen die 25 Städte mit den höchsten Emissionen – mit Ausnahme von Istanbul und Moskau – alle in Asien. Weitere Ausnahmen bilden Bangkok und Tokio. Die übrigen 21 Städte liegen in China.
In der Volksrepublik China befinden sich außerdem neun der zehn größten Treibhausgasemittenten. Diese neun Städte emittierten jährlich zusammen etwa 1.230 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (CO2-EQ). Das entspricht mehr als dem 1,4-Fachen der aktuellen deutschen Emissionen und knapp einem Drittel der Gesamtemissionen aller 27 EU-Staaten zusammen.
Betrachtet man die Treibhausgase der 39 oben aufgeführten chinesischen Städte – um das Jahr 2012 etwa 2.520 Mio. Tonnen CO2-EQ –, übersteigen sie die Emissionen Deutschlands um das Dreifache. Zum Vergleich: Der Rest der Welt – einschließlich Frankfurt am Main, Hamburg und Berlin sowie die vier nicht-chinesischen Städte von den Top 25 – hat um 2012 etwa 3.630 Mio. Tonnen CO2-EQ ausgestoßen.
Insgesamt stammen damit etwa 41 Prozent der städtischen Treibhausgase aus China.
Auch bezogen auf die Emissionen pro Einwohner führen chinesische Städte das Ranking der größten Treibhausgasemittenten an. Die Plätze drei bis zehn der Städte mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen teilen sich etwa gleichermaßen auf China und Nordamerika auf, danach folgen Australien und Europa.
Verhindert Globalisierung klimafreundliche Technologien?
Im Rahmen ihrer Untersuchungen listeten die Forscher zunächst die Emissionen verschiedener Sektoren wie Energieversorgung und verschiedene Verkehrsmittel, aber auch Abfallbehandlung und Gebäudeemissionen, auf. Die Auswahl der Städte erfolgte dabei „hinsichtlich der Stadtgröße und der regionalen Verteilung“. 167 Städte aus 53 Ländern auf 6 Kontinenten ergaben schließlich eine repräsentative Stichprobe für die Studie. Bei der Einstufung in Industrie- beziehungsweise Entwicklungsland (siehe Weltkarten) orientierten sich Dr. Chen und Kollegen an Klassifizierungskriterien der UN.
Weltweit identifizierten die Forscher Emissionen aus der Verbrennung von Brennstoffen und dem Stromverbrauch in Wohn- und Institutionsgebäuden, gewerblichen Gebäuden und Industriegebäuden als größte Verursacher: Aus diesen Bereichen stamme zwischen 60 und 80 Prozent Gesamtemissionen in nordamerikanischen und europäischen Städten.
Die Ergebnisse zeigen jedoch auch, dass es sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern Städte mit hohen Emissionen gibt. Im Hinblick auf viele asiatische und insbesondere chinesische Städte darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass viele Industrieländer einschließlich Deutschland bestimmte Produktionsketten in Länder (mit geringeren Umweltstandards und Kosten) auslagern. In vielen Städten Chinas ist der Anteil der Treibhausgase aus Industrie dementsprechend höher.
Verkehr in vielen Städten größter Verursacher
In einem Drittel der untersuchten Städte stamme zudem mehr als 30 Prozent der gesamten Emissionen aus dem Straßenverkehr. Auf Schienen-, Wasser- und Luftverkehr entfielen durchschnittlich weniger als 15 Prozent der Treibhausgase. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass es wiederum große Unterschiede beispielsweise zwischen Hafenstädten und Städten im (bergigen) Inland geben kann. Außerdem wird ein Großteil der Waren nach wie vor auf der Straße transportiert, was die absoluten Emissionen dieses Sektors erhöht.
Schließlich zeigen die Ergebnisse, dass das Ausmaß des Anstiegs und des Rückgangs der Emissionen in den einzelnen Städten im Untersuchungszeitraum unterschiedlich war. Lediglich 42 der 167 Städte verfügten über jährliche Daten. In 30 dieser Städte identifizierten die Forscher einen deutlichen Rückgang der jährlich emittierten Treibhausgase zwischen 2012 und 2016.
Diesen Trend bestätigen auch andere Studien, die auf Daten der Emissions Database for Global Atmospheric Research (EDGAR) der Europäischen Kommission basieren. Darin heißt es, dass im Jahr 2015 ein Drittel der globalen anthropogenen Treibhausgase und der Großteil der Luftschadstoffemissionen von städtischen Zentren ausgingen.
Beziehe man alle städtischen Gebiete und nicht nur die urbanen Zentren mit ein, zeigten auch die EDGAR-Daten, dass etwa 70 bis 80 Prozent der globalen Emissionen städtischen Ursprungs sind. Einzige Ausnahme sei Ammoniak (NH3), das stamme zu über der Hälfte aus Gebieten mit landwirtschaftlicher Nutzung.
Weniger Treibhausgase in Oslo, starker Anstieg in Venedig
Die vier Städte mit der größten Pro-Kopf-Reduktion laut Dr. Chen et al. waren Oslo (Norwegen), Houston und Seattle (beide USA) sowie Bogotá (Kolumbien). Die vier Städte mit dem größten Anstieg der Pro-Kopf-Emissionen im Untersuchungszeitraum waren Rio de Janeiro und Curitiba (beide Brasilien), Johannesburg (Südafrika) und Venedig (Italien). In der Lagunenstadt sind jedoch vermutlich nicht die Einwohner, sondern viel mehr die Touristen für den Anstieg der Emissionen verantwortlich. Mit der jüngsten Verbannung großer Kreuzfahrtschiffe in einen nahe gelegenen Industriehafen ist damit zu rechnen, dass die Emissionen in der Weltkulturerbestadt in den kommenden Jahren wieder sinken.
Mit einem Rückgang der Treibhausgase ist laut den Forschern auch in weiteren Städten zu rechnen. So hätten 113 der 167 untersuchten Städte „verschiedene Arten von Zielen zur Reduzierung der Treibhausgase festgelegt“. Darüber hinaus gäbe es in 40 weiteren Städten Ziele bezüglich Kohlenstoffneutralität. Diese Bemühungen, so schreiben die Forscher, konzentrierten sich vor allem in entwickelten Regionen wie Europa und Nordamerika. Welche 14 Städte keinerlei Klimaziele definiert haben, schrieben die Forscher nicht.
Ob man auf diese Weise die im Pariser Abkommen festgelegten Ziele erreichen könne, sehen die Forscher derzeit kritisch. Momentan und weltweit betrachtet, seien wir „weit davon entfernt, die […] Ziele zu erreichen.“
Dieser Artikel erschien zuerst in der gedruckten Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe KW30.
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