Wissen der Ureinwohner: Moderner Naturschutz fördert schwere Waldbrände
Waldbrände stellen seit vielen Jahren eine erhebliche Bedrohung für die Wälder weltweit dar. Besonders betroffen waren in der jüngsten Vergangenheit Kalifornien (USA) und weite Teile Australiens, aber auch in Deutschland brennt es immer wieder. Die Paläoökosystemwissenschaftlerin Clarke Knight vom US Geological Survey wollte deshalb zusammen mit ihrem Team die 3.000-jährige Geschichte der von Waldbränden stark gefährdeten Klamath Mountains untersuchen.
Dabei griffen die Forscher auf das Wissen indigener Völker in der Region zurück. Die Forscher wollten verstehen, wann und wieso der Wald von Bränden besonders gefährdet war und wie indigene Gemeinschaften den Wald mitgestalten. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Nutzung kultureller Brände durch die indigenen Völker. Diese kleinen kontrollierten Brände sind alte Traditionen, um die Biomasse gering zu halten und das Risiko großflächiger Brände zu verringern.
Mit ihrer Forschung bemühen sich die Wissenschaftler, uraltes Wissen mit wissenschaftlichen Daten zu kombinieren, um so Ökosysteme und ihre Geschichte besser zu verstehen. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten die Forscher um Knight in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Science“.
Wissen von unschätzbarem Wert
„Als ich ein kleines Kind war, brannte meine Großmutter immer um das Haus herum“, erzählt Rod Mendes, Chef der Yurok-Feuerwehr. Mendes und seine Familie gehören zum Stamm der Karuk, die zusammen mit dem Stamm der Yurok seit Tausenden Jahren in den Klamath Mountains leben. „Sie hat den Ort damit einfach sauber gehalten. Die Ureinwohner haben wahrscheinlich einige der ersten Waldbrandeinsätze der Geschichte durchgeführt“, so Mendes.
Für Knight und ihre Kollegen ist es wichtig zu verstehen, wie die indigenen Stämme das Feuer nutzten, da dies für die Bewirtschaftung der Wälder und zur Verringerung des Waldbrandrisikos eine entscheidende Rolle spielt. „Wir müssen den Ureinwohnern zuhören, lernen und verstehen, warum sie die Landschaft so bewirtschafteten, wie sie es taten“, fügt Mendes hinzu. Denn aufgrund ihrer Tradition und langen Ortskenntnis ist ihr Wissen von unschätzbarem Wert.
Um die Waldgeschichte der Region zu erfassen, stützte sich das Team auf historische Berichte und mündliche Erzählungen von Mitgliedern der lokalen Stämme Karuk, Yurok und Hoopa Valley. So zündeten die Stammesmitglieder beispielsweise kleine Feuer an, um die Wege freizuhalten. Dies reduzierte die Vegetation und verhinderte unter anderem die Ausbreitung von großen Waldbränden durch Blitzeinschläge.
Größere Feuer, die sogenannten Flächenbrände, dienten stattdessen dazu, die Sichtverhältnisse zu verbessern und die Bedingungen für die Jagd und die Nussernte im Wald zu verbessern. Einmal durchgeführt hielt die Wirkung des Feuers auf die Vegetation über Jahrzehnte lang an.
Europäer hinderten indigene Völker
Die Wissenschaftler analysierten zudem Sedimentkerne aus zwei in den Klamath Mountains gelegenen Seen, welche für die Stämme von besonderer Bedeutung sind. Anhand der Pollen in den Sedimentkernen konnten Knight und ihr Team die ungefähre Baumdichte in dem Gebiet zu verschiedenen Zeiten ermittelt werden. So konnten sie ermitteln, wie sich die Vegetationsdichte im Laufe der Zeit veränderte.
Das Messen von Holzkohleresten aus den Bohrkernen half zudem, Schwankungen der Anzahl der regionalen Brände zu ermitteln. Anschließend erfolgte ein Abgleich mit Baumringuntersuchungen, um Brandperioden mit den entsprechenden Daten zur Baumdichte zu vergleichen. Das Ergebnis: Die Dichte der Vegetation schwankte mit dem Auftreten von Bränden. Besonders deutlich wird dies in den letzten zwei Jahrhunderten.
So zeigt die Studie, dass die Baumdichte in der Region der Klamath Mountains mit der Besiedlung des Gebiets durch Europäer zunahm. So hinderten die neuen europäischen Siedler die indigenen Völker daran, das kulturelle Brennen zu praktizieren. Im zwanzigsten Jahrhundert endete dies mit der vollständigen Unterdrückung von rituellen Feuern und Brände jeglicher Art wurden gelöscht oder verhindert. Heute werden gelegentlich kontrollierte Brände bei der Waldbewirtschaftung eingesetzt. Die Studienergebnisse zeigen zudem, dass die Baumdichte in einigen Gebieten höher ist als in den vergangenen Jahrtausenden, was den Forschern zufolge auf die Unterdrückung von Bränden zurückzuführen ist.
Feuer gegen Waldbrände
Für viele Menschen bedeutet ein gesunder Wald wenig Pflege sowie viel Vegetation und Ruhe. Doch ein dichter Wald ist nicht unbedingt ein gesunder Wald, erklärt Knight. So sind Douglasien (Pseudotsuga menziesii), die die Tieflandwälder von Klamath dominieren, weniger feuerresistent und so anfälliger für verheerende Waldbrände. „Die Idee, dass wir der Natur einfach ihren Lauf lassen sollten, wird durch unsere Arbeit nicht unterstützt“, so die Forscherin. Sie fügt hinzu, dass eine ihrer Studien zahlreiche Belege führt, dass das Brennen durch die Ureinwohner in der Vergangenheit dazu beigetragen hat, die Baumdichte positiv zu steuern.
Für den Feuerökologen Jeffrey Kane von der California State Polytechnic University ist das Ergebnis der Studie nicht überraschend. Er machte bereits ähnliche Beobachtungen in der Klamath-Region. „Dort gibt es viel mehr Bäume als noch vor 120 Jahren“, sagt er.
Dominick DellaSala, leitender Wissenschaftler der Waldschutzorganisation Wild Heritage aus Oregon, übt dagegen Kritik an der Studie. Seiner Erkenntnis nach könne das Ergebnis der Studie nicht auf die gesamte Klamath-Region übertragen werden. Grund hierfür sei, dass die Daten vom Seeufer stammen und deshalb nur eine begrenzte Reichweite haben. Knight ist jedoch der Meinung, dass die Ergebnisse auch auf andere Standorte mit ähnlicher Vegetation übertragen werden können.
Ereignis vergleichbar mit Australien
Eine vergleichbare Situation zeige sich laut der Geografin Michela Mariani von der University of Nottingham (Großbritannien) auch in Australien. In ihrer Arbeit entdeckte sie, dass Australiens Baumdichte verstärkt zunahm, nachdem die eingewanderten Briten die kulturelle Verbrennung in Australien behinderten.
In Australien sterben jedes Jahr unzählige Menschen und Tiere aufgrund schwerer Busch- und Waldbrände. Bereits 2009 betonte die Journalistin Miranda Devine, dass jährlich wiederkehrende Waldbrände menschengemacht seien. Zum Vergleich: Laut Waldbrandstatistik der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung waren 2020 in Deutschland von insgesamt 1.360 Waldbränden lediglich 32 auf natürliche Ursachen wie Blitzschlag zurückzuführen. Bandstiftung entzündete 253 Feuer. Fahrlässigkeit in der Forstwirtschaft oder von Waldbesuchern führte zu 374 Bränden.
Auch im heißen Australien haben Waldbrände kaum etwas mit dem Klimawandel zu tun, sondern seien die Folge von menschlichen und politischen Handeln. So verbietet das australische Gesetz das kontrollierte Abbrennen von Vegetation in feuchteren, kühleren Jahreszeiten zum Schutz vor verheerenden Großbränden. Mit dem Verbot möchte die Regierung die CO₂-Emission eindämmen und mehr für den Artenschutz tun. Doch durch das Ausbleiben der Feuer sammeln sich Äste, getrocknetes Laub, verdorrtes Gebüsch und weitere Rückstände, die leicht Feuer fangen. Im schlimmsten Fall wirkt das trockene Gehölz wie ein Brandbeschleuniger. Die Folge sind riesige, teils unkontrollierbare Busch- und Waldbrände.
Auch die Ureinwohner Australiens praktizierten lange die rituellen Verbrennungen zum Schutz ihrer Umwelt. Ein Mitsprache- oder Vetorecht bei der Einführung des Verbotes hatten sie indes nicht. Umso wichtiger sei es, „dass wir jetzt die Ureinwohner in die Diskussion über das weitere Feuermanagement einbeziehen“, ergänzt Mariani. „Sie verfügen über ein tieferes Wissen über die Landschaft, das wir einfach nicht haben.“
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