Massenpsychologie – Saul Alinsky: Welche Regeln sind einzuhalten, damit ein Protest erfolgreich wird?
Barack Obama war einer der besten Schüler von Saul Alinsky, Obamas Kampagnen setzten dessen Regeln für Radikale beispielhaft um. Saul Alinsky (1909-1972) nannte seine Strategien „Community Organizing“. Diese beinhaltet Regeln, wie man die Durchsetzungskraft von (benachteiligten) Gruppen und Bewegungen stärken kann, um seine eigenen Ziele knallhart durchzusetzen.
Obama vereinigte die Menschen unter dem Symbol „Yes, we can“, dem seine Gegner, die Republikaner, nichts der gleichen Stärke entgegensetzen konnten. Der spätere US-Präsident wurde von persönlichen Schülern Alinskys unterrichtet, darunter Mike Kruglik, der Obama wiederum für einen seiner besten Schüler hielt.
Von Hillary Clinton ist bekannt, dass sie ihre Abschlussarbeit an der Universität über ihn schrieb (diese ist mittlerweile nicht mehr öffentlich einsehbar). Sowohl Obama als auch Clinton setzten Alinskys Methoden zur Wahl-Mobilisierung ein.
Drei Dinge braucht man für eine Massenbewegung
Neben den 13 Regeln für Radikale (siehe unten) sind für eine Massenbewegung drei Dinge entscheidend:
- ein gemeinsames Symbol, hinter dem sich die Masse versammeln kann (symbol construction)
- ein gemeinsamer Gegner (common enemy) und
- Aufgaben für die Unterstützer (direct action).
Nach Alinsky ist es bei der Umsetzung eines Plans notwendig, den wahren Zweck zu verbergen. Geeignet dafür sind vorgetäuschte Ziele, die scheinbar vernünftig klingen. Über diese können große Menschenmengen zum Handeln mobilisiert werden.
Nachdem die Menschen daran gewohnt wurden, auf die Straßen zu gehen oder Aktionen durchzuführen, kann man sie nach Saul Alinsky relativ einfach zu radikaleren Aktionen umlenken.
Eine andere seiner Taktiken ist, dass jede Unzufriedenheit mit einer speziellen Sache in Unzufriedenheit mit dem Status Quo umgewandelt wird.
Stänkern hilft
Bei der Erläuterung seiner Strategien empfahl er seinen Anhängern in seinem Buch „Rules for Radicals“, dass sie die Augen, Ohren und die Nase des Feindes treffen müssen. Was meint er?
- Für die Augen: Wenn man eine große Menge Menschen organisierten konnte, sollte man sie dem Feind sichtbar vorführen und die eigene Macht offen zeigen.
- Für die Ohren: Wenn man nur eine kleine Organisation hat, dann sollen sich die Mitglieder am besten im Dunkeln verbergen – aber so viel Lärm und Geschrei erzeugen, dass die Zuhörer denken, dass es viel mehr seien, als es tatsächlich sind.
- Für die Nase: Und wenn eine Organisation selbst für Lärm zu klein ist, dann stinkt … stänkert.
Die heutige Politik, Aktionen wie #seebruecke, #MeToo und #wirsindmehr und viele andere erinnern stark an diese Regeln. Politik verwandelt sich darüber in einen Guerillerakrieg gegen andere Gruppen von Menschen.
Alinsky als Lehrer: Die Studenten ausbilden, Rabatz zu machen
Alinsky bildete ab den späten 1960er Jahren Radikale aus. Während dieser Zeit überließ er den aktiven Kampf seinen bisherigen Mitarbeitern und Helfern und unterrichtete am Trainingsinstitut der Industrial Areas Foundation Organizer.
Das Institut wurde durch eine Spende von Midas Muffler (M.I.D.A.S., Muffler Installation Dealers‘ Associated Service, eine Einzelhandelskette im Bereich Automobilwartung und -reparatur) gegründet – er nannte es eine „Schule für professionelle Radikale“. Im Interview erklärte Alinsky:
Schauen sie sich nur an, was wir im Land mit nur 4 oder 5 Vollzeit-Organizern für einen Rabatz gemacht haben“… „Und das wird so weiter gehen, verlassen sie sich drauf!“
Die 13 Regeln für Radikale
1971 veröffentlichte er sein Buch „Rules for Radicals“, in dem er systematisch seine Theorien und Taktiken darlegte. Seine 13 fundamentalen Regeln wurden genutzt, um in der Zeit der 68er die traditionelle Gesellschaftsstruktur der europäischen Gesellschaft zu zerstören. Auch heutzutage bilden diese Regeln die Basis jeder Aktion.
1. Macht ist nicht nur das, was du hast. Sondern auch das, was der Gegner glaubt, dass du hast.
Macht basiert meist auf zwei Bereichen: Geld und Mitstreiter. Daher ist ein Bluff durchaus ein akzeptiertes Mittel, es könnte ja klappen. Dazu passt: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ Jean-Claude Juncker
2. Verlasse niemals den Erfahrungsbereich deiner Leute.
Man sollte nur dort agieren, wo man Kompetenzen hat. Außerhalb des eigenen Kompetenzbereiches besteht die Gefahr, dass es zu Verwirrung, Angst oder gar Rückzug der Massen kommt. Der Erfahrungsbereich soll behutsam erweitert werden.
3. Dränge (oder locke) den Gegner aus seinem Kompetenzbereich.
Wenn man es schafft, seinen Gegner aus dem Gebiet heraus zu locken oder heraus zu drängen, wo er kompetent ist und stark ist, kann man ihn schlagen. Dann erfolgt der Angriff aus einer überraschenden Richtung, was zu Verwirrung und Emotionen führt. Damit wird er angreifbar.
4. Sorge dafür, dass sich dein Gegner an seine eigenen Regeln halten muss.
Wenn eine Regel, z.B. in einer Firma lautet, dass sie jeden Brief beantwortet, dann schreibe 500.000 Briefe. Damit wird diese lahmgelegt. Kaum eine Firma oder ein Mensch kann sich immer an seine eigenen Regeln und Maßstäbe halten.
5. Empörung und Spott sind die mächtigsten Waffe.
Empörung ist die schärfste Waffe, dagegen gibt es keine rationale Verteidigungsmöglichkeiten – weil Empörung selbst irrational ist. Wenn man den Gegner zum Ziel von Spott macht, schwächt man seine Argumente ab.
6. Politischer Aktivismus muss Spaß machen.
Oder anders gesagt: Eine gute Taktik ist eine Taktik, an der deine Anhänger Freude haben Nur dann bleiben sie dabei und bringen sogar noch eigene Ideen mit ein.
7. Man muss öfter mal was neues machen.
Anders formuliert: Eine Taktik, die über einen zu langen Zeitraum angewandt wird, wird langweilig. Dann kann man die eigenen Leute nicht mehr mobilisieren und der Gegner ignoriert einen auch. Daher sollten Themen und Formen der politischen Aktionen variieren.
8. Halte den Druck auf den Gegner aufrecht.
Ein Gegner muss fortlaufend beschäftigt werden, man muss ihn ständig neu angreifen und keine Ruhe lassen. Dazu sollte man stets neue Methoden verwenden, um ihn zu verwirren und aus dem Gleichgewicht zu bringen. Gleichzeitig verschafft dies mediale Aufmerksamkeit.
9. Die Bedrohung wirkt meist schlimmer als die Sache, mit der gedroht wird.
Angst bewirkt, dass in der Phantasie der Menschen die Sache viel schlimmer wird, als sie tatsächlich ist. Manchmal ist die Androhung einer Sache – wenn sie glaubhaft genug ist – viel effektiver als die Drohung wahr zu machen.
10. Schaffe einen Kreislauf, der permanenten Druck auf den Gegner ausübt.
Aktionen erzeugen Reaktionen des Gegners, auf diese kann man wiederum reagieren, was zu neuen Gelegenheiten führt … dieser Kreislauf muss unbedingt aufrecht erhalten werden. Im Laufe dessen entstehen die besten Möglichkeiten, konstanten Druck auszuüben.
11. Die Menschen halten normalerweise zum Unterlegenen – also ziehe durch unfaire Angriffe die Öffentlichkeit auf deine Seite.
Mahatma Gandhi hatte keine Möglichkeiten zum Aufstand gegen die Briten und entschied sich für eine andere Form des Kampfes – bei der er klar der Unterlegene war. Über einen längeren Zeitraum hinweg wurde sein Widerstand zu einer Massenbewegung.
12. Wenn du ein Problem ansprichst, solltest du auch eine Lösung anbieten können.
Wenn der Gegner nach unzähligen Sticheleien und Angriffen dich selbst fragt, ob du denn eine Lösung hast, dann sollte man auch eine bieten können. Idealerweise sollte diese Lösung auch gut durchdacht sein und weiteren Fragen standhalten. Die Lösung sollte ebenfalls bei den eigenen Anhängern populär sein.
13. Kritisiere Personen, keine Organisationen – und polarisiere sie.
Es ist ziemlich schwierig genau zu sagen, wer nun für ein bestimmtes Übel verantwortlich ist. Man braucht daher ein Ziel, auf das man sich konzentrieren kann – und da eigenen sich Personen besser als Institutionen. Diese reagieren viel schwerfälliger auf Angriffe und geben weniger leicht nach.
Hintergrund: Alinksy liebte den Teufel
Alinsky verehrte Lenin – und den Teufel. Für ihn war der Teufel der allererste Radikale, der sich gegen das Establisment auflehnte.
So sagte Alinsky kurz vor dem Tod im Interview mit dem Magazin „Playboy“: Wenn er nach dem Tod entscheiden kann, wird er ohne Verzögerung zu Hölle fahren. Dort will er dann die Angestellten organisieren, weil „They’re my kind of people.“ (Quelle: „Saul Alinsky und die Industrial Areas Foundation“, S. 45)
Er rief die „Habenichtse“ dazu auf, mit allen Mitteln gegen die „Habenden“ zu rebellieren – und wurde der Lenin der postkommunistischen Linken genannt. Seine Schriften zeigen, dass er ein kalter, unheimlicher und berechnender Mensch war, besessen von Machtgier.
Quellen: neokonservativ.wordpress.com, krisentheorie.de, „Saul Alinsky und die Industrial Areas Foundation“
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