Kanadische Historikerin will Begriff „angelsächsisch“ abschaffen
Die Angeln und Sachsen sind zwei frühere kontinental-germanische Stämme, die zusammen mit Gruppen von Jüten, Friesen und Niederfranken als germanisches Sammelvolk vor rund 1.500 Jahren Britannien besiedelten. Sie verdrängten die römisch-keltische Bevölkerung und assimilierten einen Teil davon.
Der aus dieser Besiedlung Britanniens entstandene Begriff der „Angelsachsen“ steht aktuell in der Kritik der „Apologeten einer politisch korrekten Sprache“, wie „Welt“-Redakteur Matthias Heine sie bezeichnet. Gemeint sind damit akademische Aktivisten, die zunehmend in den USA und Großbritannien auftreten und eine Entfernung des Begriffs „Anglo-Saxon“ („angelsächsisch“) aus dem Sprachgebrauch fordern.
An vorderster Front steht dabei die kanadische Historikerin Dr. Mary Rambaran-Olm. Sie sprach sich kürzlich dafür aus, „Anglo-Saxon“ aus dem historischen Wortschatz zu streichen. Als Begründung führt sie auf, dass der Begriff „Anglo-Saxon“ verbunden wäre „mit der Ideologie weißer Vorherrschaft“. Daher sollte er durch „early English“ – also „frühenglisch“ – ersetzt werden.
Der Begriff „angelsächsisch“ sei ihrer Ansicht nach mittlerweile ein Kampfbegriff, den Rassisten gleichbedeutend mit „weiße Menschen britischen Ursprungs“ benutzen, würden so die Historikerin.
Rambaran-Olm: „Begriff ‚angelsächsisch‘ ist eine historisch falsche Bezeichnung“
Für Rambaran-Olm sei „angelsächsisch“ gleichzeitig eine historisch falsche Bezeichnung, so die „Welt“. In Wirklichkeit habe es sich bei neuen Siedlern Britanniens um mehrere getrennte Stämme gehandelt, die sich selber nicht als Einheit gesehen haben sollen.
Der lateinische Ausdruck „anglo saxorum“ sei zwar sporadisch in der frühenglischen Periode belegt, aber meistens hätten die Menschen im frühen Mittelalter sich „Englisc“ oder „Angelcynn“ genannt. Auch in der normannischen Periode sei „Anglo-Saxon“ nur ganz gelegentlich in königlichen Titeln gebraucht worden, berichtet gibt die „Welt“ Rambaran-Olm wieder.
Das gesamte angelsächsische Forschungsgebiet bezeichnet sie als
triefend von altmodischen Ansichten, Prestigedenken, Elitismus, Sexismus, Rassismus und Borniertheit“.
Demonstrativ trat die farbige Rambaran-Olm daher von ihrem Amt als Vizepräsidentin der renommierten International Society of Anglo-Saxonists (ISAS) zurück, einer Gesellschaft zur Erforschung englischer Literatur und Kultur vor der normannischen Eroberung.
Rambaran-Olm ist Mitglied der Organisation „Medievalists of Color“, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Vielfalt im Bereich der Mittelalterforschung zu fördern. Die Organisation ist eine Plattform für Beiträge zum Thema Rassismus im Bereich der Erforschung des Mittelalters. (er)
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