Jedes zweite verordnete Antibiotikum ist eigentlich ein Reservemedikament

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Wiederaufbereitetes Wasser in der Landwirtschaft enthält oft Reste von Arzneimitteln wie Antibiotika.Foto: Lukas Schulze/Illustration/dpa
Epoch Times17. September 2020

Jedes zweite in Deutschland verordnete Antibiotikum ist ein Reserveantibiotikum, das eigentlich nur eingesetzt werden soll, wenn Standardmedikamente nicht helfen. Im Jahr 2019 entfielen knapp 18 Millionen Verordnungen für gesetzlich Versicherte auf Reserveantibiotika, wie das Wissenschaftliche Institut der AOK (Wido) am Donnerstag in Berlin mitteilte. Jeder sechste Versicherte habe mindestens einmal ein solches Medikament erhalten.

Reserveantibiotika sind eigentlich nur Mittel der zweiten Wahl. Nach den ärztlichen Behandlungsleitlinien sollen die Reserveantibiotika nicht zur Therapie einfacher Infektionen wie Erkältungen eingesetzt werden, sondern nur im Bedarfsfall bei schweren bakteriellen Erkrankungen, wenn Standardantibiotika wie zum Beispiel Penicilline nicht mehr wirken.

Mehr als tausend Tonnen – Anteil 2019 wieder „besorgniserregend hoch“

Zwar ist laut der Wido-Analyse der Anteil der Reserveantibiotika an allen  Antibiotikaverordnungen seit 2012 rückläufig. Der Anteil lag aber auch 2019 wieder „besorgniserregend hoch“, erklärte Helmut Schröder, stellvertretender Wido-Geschäftsführer.

Der übermäßige Einsatz von Antibiotika beim Menschen und in der Tiermast sowie eine unsachgemäße Einnahme der Medikamente, etwa durch falsche Dosierung oder einen vorzeitigen Abbruch der Therapie, fördern Resistenzbildungen gegen Antibiotika. Zum Teil sind Bakterien auch von Natur aus immun gegen bestimmte Antibiotika.

Die ambulanten Verordnungen in der Humanmedizin sind laut Wido „nur die Spitze des Eisbergs“. Während im Jahr 2019 rund 339 Tonnen Antibiotika der Versorgung von Patienten in Deutschland dienten, waren es in der heimischen Tierhaltung rund 670 Tonnen.

Antibiotikaresistenzen

Insgesamt wurden damit 2019 bei Mensch und Tier mehr als tausend Tonnen Antibiotika eingesetzt, darunter mindestens 376 Tonnen Reserveantibiotika. Das Problem der Antibiotikaresistenzen werde noch dadurch vergrößert, dass die Pharmaindustrie in den vergangenen Jahren nur wenige neue Antibiotika auf den Markt gebracht habe.

Zuletzt hatte der Europäische Rechnungshof die EU zu einem stärkeren Einsatz gegen resistente Keime aufgefordert. Den Angaben zufolge sterben jedes Jahr rund 33.000 Menschen in der EU an Infektionen, die durch Antibiotika-resistente Bakterien verursacht wurden. Gegen solche Bakterien wirken die herkömmlichen Antibiotika nicht mehr. (afp/nmc)



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