IT-freies Lernen in Silicon Valley: „Computer sind wie digitales Nikotin oder Kokain“

Digitaler Fortschritt? Von wegen! In der IT-Hochburg Silicon Valley setzen Lehrer und Eltern auf traditionelles Lernen. Die Spezialisten wissen warum.
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Schulen in Silicon Valley, der IT-Hochburg, wehren sich gegen die Einführung von Technik. Dort setzt man auf menschliche Nähe und Disziplin.Foto: iStock
Epoch Times24. August 2019

Silicon Valley, US-Hochburg für neue digitale Technologien. Google, Apple, Facebook, Microsoft, Amazon, Ebay und Yahoo – fast alle großen amerikanischen IT-Unternehmen sitzen laut „Handelsblatt“ in Silicon Valley in Kalifornien. Fast 1,5 Millionen Arbeitsplätze bietet die IT-Branche hier.

Umso erstaunlicher ist es, dass die Digitalisierung sich hier nicht an allen Schulen durchsetzt. Im Vergleich zum modernen Bildungssystem in Deutschland scheint in einigen Schulen laut „t3n“ die Zeit stehengeblieben zu sein, beispielsweise im kalifornischen Mountain View, mitten im IT-Herzen.

Hier schreiben die Kinder mit bunter Kreide an die großen Tafel, und es gibt keine Computer und Monitore. Stattdessen liegen auf dem Lehrertisch Menschen- und Affenschädel, die teils gelblich verfärbt sind. Die Lehrerin ermutigt die 15- bis 16-Jährigen: „Fasst sie ruhig an.“

Mit allen Sinnen lernen

Wie kann es sein, dass eine Schule in der IT-Hochburg ohne Computertechnik auskommt?

Schulleiter Pierre Laurent erläutert: „Es ist doch gefährlich, wenn Schüler nur noch auf einen Bildschirm starren und Lehrer nur als Tutoren hinter ihrem Rücken stehen.“ Nein, hier laufe es anders. „Hier lernen wir mit unseren Sinnen, mit Anfassen“, so Laurent.

Der dreifache Vater arbeitete früher neun Jahre beim Software-Giganten Microsoft. Sein „Low-Tech“-Ansatz findet großen Anklang. Konzepte mit wenig oder ohne digitale Technik sind der Schlüssel. Der 56-Jährige lächelt: „Wir haben lange Wartelisten für einige Klassen.“

Der Schlüssel: Menschliche Nähe und Disziplin

Im Nachbarort Los Altos bietet sich bei der christlichen Schule in Canterbury ein ähnliches Bild. Die Nachfrage ist größer als die verfügbaren Plätze. Steven Macias sagt: „Fast alle Eltern unserer Schüler arbeiten bei Facebook, Ebay, Intel oder HP.“

Der geistliche Schulleiter schwärmt laut „t3n“ von alten Traditionen: Latein, Rechnen und Lesen, der gleiche Lehrplan wie bei der Gründung vor fast 50 Jahren – menschliche Nähe und Disziplin. Computer: Fehlanzeige.

Hier geht die sechsjährige Macaria zur Schule. Ihre Mutter ist Finanzplanerin, ihr Vater ist Ingenieur bei Google. Vorher war er bei Apple und Amazon beschäftigt. Mutter Jessica kritisiert:

Es gibt Leute, die nur noch auf ihr Smartphone und iPad gucken und ihr Gegenüber nicht mehr anschauen. Wir bringen unseren Kindern bei, Bücher zu lesen und mit Leuten zu reden.“

Die Gefahr der Digitalisierung

Auch die sechsjährige Zyana soll dort zur Schule kommen. Ihr Vater, der gebürtige Chinese Sean Chang, ist Programm-Manager bei Amazon. Er kennt die IT-Branche, denn seine Karriere hat er im Silicon Valley gemacht: Der 34-Jährige kennt die Gefahren von Computern. Er selbst war früher süchtig nach Videospielen. Er betont:

Computer sind wie digitales Nikotin oder Kokain, man wird ganz leicht abhängig.“

Auch der frühere Google-Mitarbeiter Tristan Harris legt laut „t3n“ Wert darauf, dass die Zeit sinnvoll verbracht wird. Smartphone-Apps würden süchtig machen, die Nutzer manipuliert.

Das galt auch für den im Jahr 2011 verstorbene Steven Jobs. Der Mitbegründer und langjähriger CEO von Apple Inc. räumte 2010 in einem Interview laut „t3n“ ein, dass seine Kinder das von seiner Firma herausgebrachte iPad nicht nutzen würden.

Wir schränken unseren Kindern zu Hause die Benutzung von Geräten ein“, zitierte die Presse Jobs in ihrem Artikel.

Auch Microsoft-Gründer Bill-Gates teilte 2007 mit, dass er seinen Kindern Limits am Bildschirm setze.

Hoher Preis für beliebte Schulen

Trotz hoher Schulkosten sind die technikkritischen Privatschulen in Silicon Valley beliebt. Je nach Klassenstufe kostet ein Jahr an der Schule Canterbury rund 6.000 Euro, die Walddorfschule sogar 30.000 Euro.

Doch der Preis zahlt sich aus. Die kleine Macaria zeige zuhause kaum Interesse an Geräten mit Bildschirm, berichtet ihre Mutter Jessica Ho und fügt hinzu:

Sie unterhält sich gerne und schimpft mit mir, wenn ich zu lange mit dem Smartphone zugange bin.“

Das bedeutet nicht, dass die Familie der Technologie feindlich gegenübersteht, sagt Ho. „Aber alles in Maßen“. (sua)



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